Wer ist hier der Boss?
WIEN. "Ich darf ein Eis haben", verlautet der Vierjährige, in der dicken Daunenjacke den Minusgraden trotzend. "Mir ist nämlich heiß. Und wenn einem heiß ist, darf man ein Eis haben!"
Neuerdings stellt er keine Fragen mehr, sondern verpackt seine Wünsche in Feststellungen, an denen scheinbar gar nicht mehr zu rütteln ist. Für sein zartes Alter hat er eine ziemlich ausgereifte Vorstellung davon, was er will. Ich frage mich, ob er vielleicht Grönemeyers "Kinder an die Macht" einmal zu oft gehört hat oder ob sein Verhalten eine Frage des Alters ist. Ich nenne sie die "Allmighty-Phase", möglicherweise eine ganz natürliche Entwicklungsstufe, die nicht (nur) auf das (Fehl-)Verhalten der Eltern hindeutet, die den Absprung von der "Man kann ein Baby nicht verwöhnen"-Phase nicht geschafft haben.
Wann hört das Verwöhnen auf und wann fängt das Erziehen an? Spätestens wenn man gefühlsmäßig vom Erziehungsberechtigten zum Befehlsempfänger degradiert wird, ist der Zeitpunkt gekommen, die kleinen Überflieger auf den Boden der Realität zurückzuholen.
"Du bist nicht der Boss und bei knapp 10 Grad gibt es noch kein Eis." Klar ist die Enttäuschung groß, wenn die kleinen Gstermln merken, dass die Eltern nicht immer nach ihrem fünf Tonnen schweren Ego tanzen. Wenn man Nein gesagt hat, heißt es konsequent bleiben – auch wenn man eigentlich selbst gerne ein Eis hätte, das uns zumindest gedanklich den Sommer ein Stückchen näher bringt.
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