"Wir fühlen uns gezielt provoziert"

Isreal Abramov | Foto: Verein der bucharischen Juden Wien

SIEGERSDORF/BEZIRK BADEN. Beim Schächten wird die Hauptschlagader ohne vorherige Betäubung des Tieres durchgeschnitten. (Andere Schlachtungsarten sind z.B. Erschießen oder Elektroschock) So wird koscheres Fleisch für das Judentum und Halal-Fleisch für Muslime produziert. Wichtig: Die Tiere müssen vorher ausbluten, denn der Verzehr von Blut ist Muslimen und Juden nicht erlaubt. Die FPÖ in der NÖ Landesregierung will das Schächten einschränken und überlegt, gleichzeitig religiös motivierte Konsumenten zu registrieren. Diesem Ansinnen erteilten kürzlich Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner und sogar Bundeskanzler Sebastian Kurz (beide ÖVP) eine klare Absage. Ein Interview mit Israel Abramov, dem Obmann des Vereins der bucharischen Juden in Österreich.

BEZIRKSBLÄTTER: Herr Abramov, die gläubigen Juden beziehen ihr koscheres Fleisch aus Siegersdorf. Wie hoch ist denn der Bedarf?
ISRAEL ABRAMOV: Es sind die jüdischen Gemeinden in Wien und Niederösterreich, darunter auch Baden, die ihr koscheres Fleisch aus Siegersdorf beziehen - in Summe ca. 10.000 Gläubige. In Siegersdorf gibt es einmal die Woche eine Schächtung. Es läuft so ab, dass die jüdischen Gemeinden ihre Lämmer kaufen und dann durch eigens ausgebildete Personen kontrolliert vor Ort schächten. Verarbeitet und verkauft wird das Fleisch dann in Wien 2.

Tierschützer laufen gegen das Schächten seit vielen Jahren Sturm. Es sei Tierquälerei.
Nein. Im Gegensatz zu anderen Schlachtungsarten ist ein geschächtetes Tier sofort tot. Die Religion schreibt uns ein stressfreies, schnelles Schlachten vor - eine Angelegenheit von drei Sekunden. Was aber für uns noch wichtiger ist, ist das Leben der Tiere vor der Schlachtung. Es gibt die religiöse Vorschrift, dass wir nur Fleisch von gesunden Tieren, die noch mindestens ein Jahr zu leben hätten, verzehren dürfen. Das Schächten in Siegersdorf wird absolut kontrolliert durchgeführt.

Entspricht das Schächten dem österreichischen Tierschutzgesetz?
Wenn es - wie in Siegersdorf - unter Beisein eines Tierarztes und korrekt ausgeführt wird, ja. Vorgeschrieben ist in Österreich, dass unmittelbar nach dem Schächtschnitt eine Betäubung durchgeführt wird. Ich möchte aber doch betonen, dass hier um einen dreisekündigen Schlacht-Vorgang viel Wind gemacht wird. Es gibt viele Studien pro und contra Schächten, das stimmt. Noch entscheidender ist meines Erachtens, wie die Tiere vorher gehalten werden.

Schächten ist vom Tierschutz her umstritten. Kontrolle ist doch da nötig...
Die bisherigen Kontrollen sind vollkommen ausreichend. Die aktuelle Debatte ist eine gezielte Provokation gegen religiöse Minderheiten in Österreich. Es ist absolut untragbar, Konsumenten von koscherem Fleisch persönlich zu registrieren. Für mich wäre das ein Anschlag auf das Recht auf freie Religionsausübung, eine Art verkehrtes Ariergesetz, das darf nicht sein - weder für Juden noch Muslime. Weiters gebe ich zu bedenken, welcher Wirbel zuletzt um die neue EU-Datenschutzverordnung gemacht wurde, aber andererseits sollen religiöse Listen angelegt werden? Die letzte Woche war nicht einfach für die jüdische Gemeinde in Österreich, aber die Liebe zu dem Land und den Leuten gibt uns Kraft weiter gegen Hass und für ein Miteinander zu arbeiten.
(Interview: Gabriela Stockmann)

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