"Freunderlwirtschaft" in Mattighofner Stadtpolitik

Politiker nahmen private Einladungen an. Ein überengagierter Vater erhoffte sich davon einen positiven Beschluss im Gemeinderat. | Foto: jmguyon/panthermedia.net
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  • Politiker nahmen private Einladungen an. Ein überengagierter Vater erhoffte sich davon einen positiven Beschluss im Gemeinderat.
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Geben Politiker vertrauliche Infos weiter? Trifft man sich privat, um sich für Beschlüsse „einkochen“ zu lassen?

MATTIGHOFEN (ebba). Kurz vor der jüngsten Gemeinderatssitzung in Mattighofen, in der über die Neuverpachtung der Schlossgastronomie abgestimmt wurde, sind der Redaktion Informationen zugespielt worden, die offenlegen, dass während des Pächter-Bewerbungsverfahrens versucht wurde, auf Gemeinderäte und deren Entscheidung Einfluss zu nehmen.

Versuchte Beeinflussung

Eines der Bewerber-Teams soll übergebührlich forciert worden sein. So soll sich der Vater des potenziellen Kochs der Pachtwerber stark dafür eingesetzt haben, dass dieses Team den Zuschlag bekommt. Dazu habe er zumindest zwei private Einladungen zu sich nach Hause an Gemeinderäte ausgesprochen. Von einigen Stadtpolitikern wurden diese auch angenommen. Bei den Verabredungen soll es zu internen Vereinbarungen gekommen sein, denn einige Gemeinderäte hätten nach diesen Abendessen ihre Meinung geändert, lautet der Vorwurf.

Pikant: Ein Nachbar des so engagierten Vaters ist VP-Ersatzgemeinderat in Mattighofen. Letzterer soll – so ein weiterer Vorwurf unserer Quelle – vertrauliche Infos aus den Hearings und Konzepten der übrigen vier Bewerber, die er zuvor von einem Gremiumsmitglied seiner Partei erhielt, an den „Koch-Vater“ weitergegeben haben.
Obwohl ein Stichtag für die schriftlichen Bewerbungen festgelegt wurde, gab das angeblich forcierte Bewerberteam sein Konzept nicht fristgerecht ab. Dieses wurde erst später an die Gremiumsmitglieder übergeben und soll dann dem eines anderen Bewerbers geähnelt haben.

„Wird Konsequenzen geben“

Konfrontiert mit den Vorwürfen, kündigte ÖVP-Stadtparteiobmann Alfred Schrattenecker an: „Sollte es sich bestätigen, dass jemand aus der ÖVP Informationen weitergeleitet hat, wird es Konsequenzen geben.“
Auch VP-Gemeinderat Thomas Panholzer äußerte sich: „Es ist korrekt, dass man uns zu einem Gespräch eingeladen hat. Von unserer Seite wurde dieses Angebot jedoch abgelehnt. Dass Informationen fraktionsintern weitergeleitet wurden, ist korrekt. Welche Informationen an Dritte weitergegeben werden, ist schwer zu kontrollieren. Vorwürfe dieser Art sind aber ernst zu nehmen und dürfen in der Politik nicht vorkommen.“

Der beschuldigte Ersatzgemeinderat hingegen wehrt sich: „Dass ich Unterlagen weitergeleitet habe, ist eine bösartige Unterstellung, welche ich aufs Schärfste zurückweise.“ Außerdem habe er erst nach der Gemeinderatssitzung erfahren, dass der Koch im betreffenden Team der Sohn seines Nachbarn sein sollte.

„Verabscheue Abmachungen“

VP-Gemeinderat Daniel Lang war Teil des Gremiums. Er sagt: „Nach dem zweiten Hearing war eigentlich von den meisten Fraktionen eine Stimmung pro Reichl. In den letzten Tagen und Wochen muss es aber die angesprochenen Einladungen gegeben haben, da sich doch immer mehr die Stimmen zu besagtem Team verlagerten. Ich verabscheue solche Abmachungen, da es sich um Freunderlwirtschaft auf höchsten Niveau handelt.“

SPÖ-Bürgermeister Friedrich Schwarzenhofer gab an, dass er derlei Gerüchte kenne. „Mich hat allerdings keiner angerufen oder beeinflusst.“ Vizebürgermeisterin Judith Konopa von der SPÖ: „Ich weiß davon nichts und kann es mir auch nicht vorstellen.“

Eleonora Ries von den Grünen betonte ebenso, von all dem nichts gewusst zu haben. „Ich habe lediglich einmal eine Speisekarte überreicht bekommen“, sagt sie. Ansonsten habe man nicht versucht, auf sie Einfluss zu nehmen.
Auch Johann Zehner von „Lebenskraft für Mattighofen“ (LFM) wurde offenbar nicht zu einem Treffen eingeladen. „Vielleicht war ich als Ein-Mann-Partei zu unbedeutend“, meint er augenzwinkernd.

"Unglückliche Aktion"

FPÖ-Vizebürgermeister Günter Sieberer gibt allerdings zu: „Ich war kurz bei einer dieser Einladungen zugegen. Eigentlich ist von jeder Fraktion jemand da gewesen. Man könnte es Lobbying nennen. Das Ganze war eine eher unglückliche Aktion“, gesteht er ein. „Ich persönlich wollte einfach so viele Informationen wie möglich sammeln, um die richtige Entscheidung treffen zu können.“ Obwohl er dabei war, entschied sich Sieberer letzten Endes für einen anderen Bewerber.

Interessant: Während der Ersatzgemeinderat der ÖVP der Redaktion gegenüber angab: „Ich möchte festhalten, dass weder ich noch ein Funktionär der ÖVP bei einem solchen Essen zugegen war“, hatte Vizebürgermeister Sieberer dies anders in Erinnerung: „Von der ÖVP war, glaub ich, der betreffende Ersatzgemeinderat dabei.“

Gemeinderätin Sonja Löffler von „Bewegung für Mattighofen“ (BfM) war Mitglied im Gremium. "Es ging nicht um irgendwelche Vereinbarungen, sondern vielmehr um Informationsaustausch, was die fachliche Eignung des Bewerbers anging. Mich hat man nicht unter Druck gesetzt. Wenn jemand glaubt, das bei mir versuchen zu können, dann hab ich in der Politik nichts zu suchen."

Nichtsdestotrotz: Am Ende erhielt ein anderer, nämlich Christoph Reichl, den Zuschlag. Selbst wenn Freunderlwirtschaft betrieben wurde, wirkte sie sich am Ende wohl nicht auf das Ergebnis aus.

Kommentar zum Bericht von Gerald Ornezeder:

Sehr geehrte Frau Ebner,

Ich muss die Art Ihres Journalismus kritisieren. Sollten doch Recherchen von allen Seiten eingeholt werden! In einer Sache gehe ich jedoch mit Ihnen konform: bei Ihrer Vorerhebung schreiben Sie, dass die Quelle (Informant/in vor der entscheidenden Gemeinderatssitzung) geschützt werden muss. Die Quelle glaubt zu erkennen, dass 4 Top ausgebildete Gastronomiefachleute das Konzept von Mitbewerbern teilweise abgeschrieben haben sollen. Die Quelle sieht auch offenbar bei der Verteilung von Speisekarten zu Informationszwecken und bei Informationsgesprächen mit Freunden oder langjährigen Bekannten eine anstößige oder gar kriminelle Handlung!
Wie auch in der Natur werden seltene Exemplare geschützt, und das ist auch gut so!
Als überzeugter Mattighofner und Demokrat wünsche ich den neuen Pächter der Schlossgastronomie einen gelungenen Start und alles Gute für die Zukunft.

Mit freundlichen Grüßen,

Der Vater des Kochs

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