Aus Alt mach Neu – oder doch nicht?
Was ist wichtiger: Alte Bauten oder neue Wohnungen? Abriss eines Hauses in der Greiseneckergasse polarisiert.
BRIGITTENAU. Nach dem Abriss des Hauses in der Webergasse vor wenigen Monaten sorgt ein historisches Gebäude in der Greiseneckergasse für Diskussionen im Bezirk. Denkmalschützer, Hauseigentümer und Mieter sind sich uneinig. Was soll geschützt werden und wo soll ein Wohnungsneubau entstehen? Wer trägt die Kosten für Sanierungen und wollen Mieter überhaupt in neue, oftmals teurere Wohnungen? Die Problematik am Wohnungsmarkt ist bekannt. Durch das starke Wachstum gibt es zu wenig leistbaren Wohnraum. Viele Mieter akzeptieren Wohnungen, die nicht dem heutigen Wohnstandard entsprechen, aber günstig zu mieten sind.
Bezirksvorsteher Hannes Derfler: „Jede umfangreiche Sanierung führt zwangsläufig zu höheren Mieten. Dabei verlieren wir leistbaren Wohnraum, der nicht auf Top-Niveau ist, aber sich gerade deswegen durch die billigere Miete auszeichnet.“ Markus Landerer, Sprecher und Vorstand der Initiative Denkmalschutz: „Viele Wiener schätzen es, in historischen Gebäuden, die saniert und auf dem heutigen Stand sind, zu wohnen.“ Derfler stellt fest, dass „es erhaltenswerte Gebäude in der Brigittenau gibt.“ Allerdings sind die privaten Hauseigentümer bei bestehender Flächenwidmung nicht verpflichtet, in der Bezirksvertretung nachzufragen, was sie mit den Häusern machen dürfen.
Schützen oder nicht?
Die Initiative Denkmalschutz weist darauf hin, dass die letzte Neuwidmung rund um die Wallensteinstraße aus dem Jahr 2004 stammt. Seit Jahren sei jedoch bekannt, dass das Gebiet rund um die Wallensteinstraße mit "hoher Wahrscheinlichkeit" schutzwürdig ist. So auch die aus 1869 stammende Wohnzeile mit Zinshäusern in der Greiseneckergasse 13–27. Das Eckhaus wurde nun abgerissen. Landerer: „Diese Häuser mit gründerzeitlicher Verbauung prägen das Stadtbild. Sie machen letztlich den Charme und den Denkmalcharakter von Wien aus.“
44 neue Wohnungen
Hauseigentümer in der Greiseneckergasse ist die „3SI Immogroup“. Geschäftsführer Michael Schmidt: „Ursprünglich wurde dieses Haus mit der Idee, den Dachboden auszubauen, gekauft. Aus statischen Gründen war ein Erhalt dieses Hauses nicht sinnvoll.“ Gleichzeitig betont Schmidt, dass die Aufstockung eine deutliche Veränderung dargestellt hätte und der Altbau-charme im Inneren des Gebäudes nicht vorhanden war. Geplant ist nun ein ökologischer Neubau mit begrünter Fassade. Insgesamt sollen 44 Wohnungen inklusive Garage mit E-Ladestationen bis zum Frühjahr 2019 entstehen.
Bezirkspolitiker sind gefordert
Einen Kompromiss zwischen Abriss, Sanierung und Neubau sieht Landerer in der Fassadenrestaurierung, Aufstockung und in Aufhebung der Mietbegrenzungen für Altbauten. Die Schutzzonen werden zwar von der Gemeinde beschlossen, dennoch appelliert Landerer auch an die Bezirke: „Die Stellungnahmen der Bezirke zu Umwidmungen haben einen besonderen Einfluss auf den Beschluss im Gemeinderat.“ Bezirkschef Derfler meint dazu: „Aufgrund eines Beschlusses der Bezirksvertretung prüft die Stadt gerade, wo eine Ausweitung der Schutzzonen im Bezirk sinnvoll und möglich ist.“
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