Stadtplanung: Als die Innstraße zum Kanal wurde
TU-Studenten haben sich ein Semester lang die Brigittenau vorgeknöpft und neue Ideen für die Stadtplanung entwickelt - mit mehr oder weniger utopischem Ansatz.
BRIGITTENAU. Was bemerken junge Studierende, wenn sie das erste Mal losziehen, um den 20. Bezirk zu erkunden? Zunächst einmal, dass man den Hannovermarkt suchen muss. Über ihn stolpert man – obwohl er ein Herzstück der Brigittenau bildet – nicht einfach, man muss ihn bewusst ansteuern.
Das finden gleich mehrere der Gruppen, die sich im Rahmen ihres Architekturstudiums mit der Brigittenau beschäftigt haben, schade – und präsentieren unterschiedliche Lösungen für das Problem: Ein einheitlicher Belag, mehr Sitzgelegenheiten und eine Fußgängerzone in der Jägerstraße sollen in einem Konzept für eine bessere Erreichbarkeit sorgen. Die nächste Gruppe verlegt den Markt gleich ganz auf den Brigittaplatz und macht die derzeitige Marktfläche zu Spielplatz und Wiese. So befinden sich, so der Gedanke, das geographische und das eigentliche Zentrum an einem Ort.
Angebunden an Friedensbrücke, Wallensteinplatz, Nordwestbahnviertel und Millennium City wird der Platz dann noch mit einer Flaniermeile, auf der angenehmes und abwechslungsreiches Gehen möglich sein soll.
Zeit zurückdrehen bis vor die Donauregulierung
"Die Stadt und der Austausch" heißt die Übung, in der die TU-Studenten ein Semester lang unter der Anleitung von Erich Raith und Azita Praschl-Goodarzi das Potenzial der Brigittenau ausgelotet haben. Ein spannendes Pflaster, so Raith, denn hier gibt es sowohl dicht bebaute, aber nicht denkmalgeschützte Grätzel als auch das große Neubaulabor Nordbahnviertel.
Und dann ist da noch der Inselfaktor: Der Aspekt, dass die Brigittenau auf drei Seiten von Wasser umgeben ist, hat eine weitere Gruppe zum Projekt "BrigittenAu" angeregt, bei dem der Bezirk durch einen Haupt- und fünf Nebenkanäle geflutet wird – eine Hommage an den vor der Regulierung hier verästelten Donaustrom. Die so entstandenen Wasser- und Uferflächen können vielfältig genutzt werden: für Erholung und Sport, als Bühnen, für Gastronomie und als Verkehrsadern. Auch auf Booten schwimmende Händler, die ihre Waren an unterschiedlichen Orten anbieten, kommen vor.
Studierende als Impulsgeber
Dieser Ansatz mag utopisch wirken - auch wenn sich die Studierenden in Zusammenarbeit mit einem Techniker von der Universität für Bodenkultur zur Machbarkeit einiges überlegt haben - aber genau darum geht es, erklärt Erich Raith: dass Möglichkeiten aufgezeigt und Ideen eingebracht werden, auf die politisch Verantwortliche nicht gekommen wären. Christian Enöckl, Wirtschaftsbund-Obmann in der Brigittenau, hat die Kooperation zwischen Bezirk und TU eingefädelt und ist mit diesem Ergebnis sehr zufrieden – auch wenn der Hannovermarkt in absehbarer Zeit nicht auf den Brigittaplatz ziehen und die Innstraße so bald nicht geflutet wird.
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