Die Sintflut kam im August 1958

Aufräumarbeiten nach dem Jahrhunderthochwasser: Viele dachten an den Weltuntergang. | Foto: Ortschronik St. Marein
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  • Aufräumarbeiten nach dem Jahrhunderthochwasser: Viele dachten an den Weltuntergang.
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Es geschah in der Nacht vom 12. auf den 13. August 1958, als im Gebiet der „Fischbacher Alpen" mit Schwerpunkt Eibegger Sattel auf einer Fläche von 250 Quadratkilometern im Raum Kapfenberg, Kindberg, Stanz, Breitenau, Mixnitz, Bruck/Mur, St. Marein und Frauenberg in nur zwölf Stunden zwischen 400 und 500 Millimeter Niederschlag fiel. Dieses Starkregenereignis, das statistisch nur alle 300 Jahre eintritt, verursachte in der besagten Nacht eine der tragischsten Naturkatastrophen, welche die Steiermark je erlebte. Insgesamt verloren dabei fünf Menschen ihr Leben. Nicht nur die Infrastruktur, sondern auch unzählige Wohn- und Wirtschaftsgebäude in den betroffenen Gemeinden und Städten wurden damals von Hangrutschungen und Hochwasserfluten massiv beschädigt oder komplett zerstört. Einige Ortsteile waren überdies wochenlang von der Außenwelt abgeschnitten und mussten mit Tragtierstaffeln und Hubschraubern versorgt werden.

Die Lehren aus 1958

Heuer jährt sich dieses dramatische Ereignis zum 60. Mal. Landesrat Johann Seitinger und Bürgermeister Günter Ofner sowie zahlreiche namhafte Klima- und Hochwasserexperten nahmen das zum Anlass, um in der Kultur- und Sporthalle St. Marein im Mürztal zu einem Dokumentations- und Informationsabend zu laden. Unter anderem wurden dramatische Filmausschnitte des ORF aus den damals betroffenen Gebieten gezeigt. Die Klima- und Hochwasserexperten referierten über die zu erwartenden katastrophalen Auswirkungen der Klimaveränderung und die notwendigen Hochwasser Schutzmaßnahmen. Besonders hervorgehoben wurden die zahlreich errichteten Schutzbauten, durch die in den vergangenen Jahrzehnten Schäden in Millionenhöhe verhindert werden konnten.
Bei der Informationsveranstaltung wurde neben Zeitzeugenberichten und einem Überblick über die errichteten Schutzmaßnahmen auch ein Ausblick in die Zukunft gegeben.

Mehr zusammenstehen

Viele Bürgermeister aus den damals betroffenen Gemeinden waren bei der Info-Veranstaltung mit dabei: So etwa Bürgermeister Fritz Pichler aus der Stanz: "Das Zusammenstehen in schwierigen Zeiten ist unmodern geworden. 1958 haben uns die Menschen gezeigt, wie es gehen muss." Oder Hausherr Bürgermeister Günter Ofner, St. Marein: "Die Hausaufgaben müssen unbedingt erledigt werden, so in der Raumordnung oder auch bei der Pflege und Wartung bestehende Schutzeinrichtungen."
Johann Wiedner, der die Fachabteilung 12 Wasserwirtschaft des Landes leitet: "Für Schutzmaßnahmen brauchen wir auch genügend Raum. Raum, den die Gemeinden zur Verfügung stellen müssen, und das ist heutzutage keine leichte Aufgabe."

Die Katastrophe im Überblick

Ausschlaggebend für diese verheerende Naturkatastrophe war ein Extremniederschlag verbunden mit einer vorhergehenden, zum Teil sehr intensiven Niederschlagsperiode. In der besagten Nacht Mitte August 1958 rutschten nahezu 280 Hektar bewaldete Fläche sowie unzählige Hänge, die in Folge enorme Wassermassen aufstauten. Als schlussendlich die Dämme brachen, wurde durch die gigantischen Wassermassen alles vernichtet, alles was ihnen im Wege stand. Das Hochwasser in Kombination mit den abgerutschten Erd- und Geröllmassen sowie dem Wildholz hinterließ eine nie dagewesene Spur der Verwüstung. Davon waren besonders die Wildbäche „Glanzgraben", „Graschnitzbach", „Sölsnitzbach", „Jaßnitzbach" und „Gabraunbach" sowie das Stanzer Tal und das Breitenauertal betroffen. Die am schwersten in Mitleidenschaft gezogene Gemeinde war Allerheiligen im Mürztal. Aber auch die anderen Gemeinden der Region, wie zum Beispiel Kapfenberg, hatten enorme Schäden zu beklagen.

Mutige Einsatzkräfte
Um die Schäden der Katastrophe aufzuarbeiten, waren zu dieser Zeit unzählige Feuerwehrmänner und Bundesheersoldaten teils wochenlang im Einsatz. Um die Menschen aus prekären Situationen zu befreien, riskierten die Einsatzkräfte oftmals ihr Leben. Ohne den Mut und die Hilfsbereitschaft der Einsatzkräfte und freiwilligen Helfer vor Ort wären womöglich weitere Menschenleben zu beklagen gewesen.

Die Schonfrist ist vorbei

Für Landesrat Johann Seitinger sind die Zeiten der Sonntagsreden vorbei, bei der veranstaltung in St. Marein sagte er unverblümt: „Die sichtbaren Klimaveränderungen geben uns keine Schonfrist mehr, um lange zu überlegen, was richtig und gut wäre. Die Zeit des Handelns – insbesondere im Bereich des Klimaschutzes – ist nun das höchste Gebot und jeder hat seinen Beitrag dazu zu leisten, das gilt ab heute."

Gottfried Kirchengast, Leiter des Wegener Center für Klima und Globalen Wandel, Universität Graz: „Der durch unsere Treibhausgase und Landübernutzung verursachte Klimawandel schreitet auch in der Steiermark bisher ungebremst voran und wird sich in Zukunft weiter verstärken. Als Folge davon nehmen auch Wetterextreme wie Starkniederschläge und Unwetter deutlich zu, wodurch auch die Schäden wie etwa durch Sturzfluten, Hochwässer, Murgänge und Hangrutschungen zunehmend teurer und gefährlicher werden. Mittel- und langfristig ist einzig der Klimaschutz der einzig wirksame Hochwasserschutz."

Als einzige Prävention, die eine sichere und nachhaltige Wirkung erzielt sieht auch Seitinger den Klimaschutz. Wieder Hans Seitinger: "Vom regionalen Einkauf über umweltschonende Mobilität und dem Einsatz erneuerbarer Energien, bis hin zum klimaschonenden Wohnbau ortet Seitinger unzählige Möglichkeiten um den negativen Auswirkungen des Klimawandels Einhalt zu gebieten."

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