Landwirte stehen vor großen Herausforderungen

Am Stainzer Hauptplatz: Bauernbund-Dir. Franz Tonner, Bezirksbäurin Angelika Wechtitsch, NAbg. Werner Amon, LR Johann Seitinger, Bauernkammerobmann Christian Polz und Bgm. Walter Eichmann (v.l.).
  • Am Stainzer Hauptplatz: Bauernbund-Dir. Franz Tonner, Bezirksbäurin Angelika Wechtitsch, NAbg. Werner Amon, LR Johann Seitinger, Bauernkammerobmann Christian Polz und Bgm. Walter Eichmann (v.l.).
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STAINZ. Der Landgasthof Schaar am Stainzer Hauptplatz war Schauplatz für ein Pressegspräch mit NAbg. Werner Amon, LR Johann Seitinger, dem Direktor des Steirischen Bauernbundes Franz Tonner, Bauernkammerobmann Christian Polz, Bezirksbäurin Angelika Wechtitsch und Bgm. Walter Eichmann. Eine Stärkung tat gut, schließlich standen an diesem Tag eine Menge Betriebsbesuche am Programm, vom Laubholzsägewerk EHP in Frauental und dem Hasslacher Norica Timber Werk in Preding über die Direktvermarktung bei der Familie Kainacher bis zum Hochwasserschutzprojekt in Groß St. Florian und dem Bauernbundstammtisch als Tagesabschluss.
Entsprechend beeindruckt zeigte sich der Landesrat von den Betrieben. "Die holzverarbeitetenden Betriebe haben wir deshalb in den Mittelpunkt gestellt, weil sie große und wichtige Arbeitgeber sind. Allein in der Steiermark, dem waldreichsten Land Österreichs,  werden 55.000 Menschen in holzverarbeitenden Betrieben beschäftigt, denen man jede nur denkbare Aufmerksamkeit schenken muss. Das ist mehr als im Automobilcluster", so Seitinger.

Naturkatastrophen in Fokus

"Die Hochwässer in diesem Jahr haben heuer viele Bewohner und Gemeinden auf eine harte Probe gestellt. Deshalb sind wir sehr dankbar dafür, dass sich der Herr Landesrat ein solches Hochwasserschutz-Projekt, wie jenes in Groß St. Florian, auch persönlich ansieht", so NAbg. Werner Amon und bedankt sich bei Seitinger, stets ein offenes Ohr für die Anliegen im Bezirk Deutschlandsberg zu haben. "Das ist keine Selbstverständlichkeit", betont Amon und übergab das Wort an den Landesrat für Land- und Forstwirtschaft. "Für uns darf allerdings kein Bezirk ein Stiefkind sein, gerade was die Naturkatastrophen anbelangt", betont Seitinger.

Saftige Herausforderungen

Somit standen die Herausforderungen in der Landwirtschaft im digitalen Zeitalter ganz oben auf der Agenda. "Dabei sind es die Umfeldbedingungen, die seit 1945 noch nie so drastisch gewesen sind wie derzeit. Das muss man auch ganz klar sagen", spricht Seitinger nicht nur die Naturkatastrophen an, sondern auch die hochagressiven Handelsmärkte, das Verhalten der Handeslpartner bis hin zu den harten Ansagen, die der Haushaltkommissar der Europäischen Union kürzlich mitteilte, nämlich dass die Budgets im Bereich der Landwirtschaft gigantisch gekürzt werden. Seitinger: "Für Österreich bedeutet das ein Minus von 200 Mio. Euro im Gesamtausmaß für die Bauern. Wir stehen also tatsächlich vor vielen ungelösten Fragen, die es in kürzester Zeit zu beantworten gilt." Er gliederte seine primären Anliegen in drei Punkte:

Hoher Exportanteil

Es herrscht das Phänomen, dass die Betriebe einen sehr hohen Exportanteil aufweisen, So sind es beim Karl Polz in Frauental nicht weniger als 85 %  der Produkte, die über die Grenze gehen. Im agrarischen Bereich liegt man etwa bei 50 %. Seitinger: "Wir können also gar nicht anders, als exportorientiert zu denken und müssen mit unseren Produktqualitäten weit über das Niveau der Europäischen Union und der int. Niveaus hinausgeraten, sonst haben wir keinerlei Chance am Markt. Dabei müssen wir Lösungen finden, damit unsere kleinstrukturierten Bauern unter diesen Umständen ihre Betriebe überhaupt weiter führen können. Gerade der Bezirk Deutschlandsberg ist topgrafische sehr gefordet mit Gunstlagen und Steillagen, Großwaldbesitzern und Kleinstwaldbesitzern und den Ab Hof-Märkten mit der vollen Breite der agrarischen Produktion.
"Wir haben ganz klare Prinzipien in der Landwirtschaft aufgestellt, nämlich erstens: Wir wollen uns nicht leiten lassen von unsauberen Methoden in der Landwirtschft, wie sie in anderenen Ländern - auch in Europa - gängig sind. Wir wollen in der gesamten Produktionsbreite sauber bleiben. Unser ethischer Anspruch ist unsere einzige Chance für die Zukunft", ist Seitinger überzeugt.

Plädoyer für gesunde Ernährung

Das Konsumverhalten ändert sich massiv. Mehr als 50 % der Menschen essen inzwischen außer Haus, teils schon ab dem Frühstück. Daher muss sich auch das Angebot aus der Landwirtschaft neu aufstellen mit einem Hineindenken in die Convenience-Ebene, die auch für Großküchen und großen Verbraucher-Zentren tauglich ist. "Diese Herausforderung ist auch im Sinne einer hohen Qualität eine enorme", betont der Landesrat. Man darf auch nicht vergessen, dass in etwa 60 Prozent aller Käufer Billigkäufer sind, die nur auf den Preis und nicht auf die Qualitätsorientierung achten. Auch diese gelte es einzufangen.
Ein großes Problem sieht Leitinger im aktuellen Bildungssystem, in dem selbst an den Pflichtschulen nichts mehr über Ernährung gelehrt wird, sodass die jungen Leute auch nichts mehr von gesunder Ernährung und Inhaltsstoffen im Bereich der verschiedenen Produkte versteht.
"Daher explodieren auch die Gesundheitkosten", bringt Seitinger das Problem mit Zahlen auf den Punkt: 1990 lagen die Gesundheitsausgaben in Österreich in der Höhe von
11 Milliarden Euro. Derzeit explodieren die Gesundheitskosten auf mehr als das Dreifache, nämlich auf 35 Milliarden Euro. "Ein wesentlicher Anteil der Krankheiten, die sehr, sehr viel Geld in der Behandlung kosten, wie Herzinfarkt, Osteoporose, Diabetes oder auch Krebsarten, sind klassische Stoffwechselerkrankungen.
Sie machen in etwa 75 % aus. Darin liegt das ganz große Problem unserer Gesellschaft," so Seitinger und ergänzt: "Hier müssen wir gemeinsam mit dem Gesundheitsressort ansetzen, um die gigantische Kostenexplosion im Gesundheitswesen einzudämmen."

Kein Essen ohne Qualität

Übrigens: Im Jahr 1990 hat man in etwa 30 % seines Einkommens für Lebensmittel ausgegeben, heute sind es nicht einmal mehr zehn Prozent.
Mit dieser Billig-Spirale für minderwertige Produkte, bezahlt man also mit seiner Gesundheit. "Da müssen wir einen Umkehrschub einleiten, um wieder in die richtige Richtung zu geraten", betont Seitinger.
Der Landesrat zeigte sich sehr beeindruckt von der Kreativität der örtlichen Landwirte von der Weinwirtschaft über Dirketvermarkter bis hin zu den Kürbisbauern mit einer fulminanten Breite. "Daher ist es mir wichtig, den Landwirten in dieser Breite an Möglichkeiten eine Perspektive auch in der Hofübergabe an weitere Generationen geben zu können", schließt Seitinger. Dabei stellt er eine sehr traurige Zahl in den Raum: In Österreich sperren pro Tag zehn Bauernhöfe zu, in der Steiermark sind es drei pro Tag. Im Bezirk Deutschlandsberg sind es dadurch 1,3 Prozent weniger an Mehrfachanträgen jährlich, woran das Bauernsterben ebenfalls schlüssig ablesbar ist.

Ein Hoch den Familienbetrieben

"Wir haben tatsächlich sämtlich landwirtschaftliche Sparten in kleinen Strukturen in unserem Bezirk, allerdings somit auch alle Probleme, die die Landwirtschaft flächendeckend betreffen", bricht Christian Polz, Obmann der Landwirtschaftskammer Deutschlandsberg, eine Lanze für die vielen, fleißigen Familienbetriebe, denen er auch einen Großteil der Förderungen als nachhaltige Maßnahme gegen das Bauernsterben zugeordnet wissen möchte. Ca. 2500 landwirtschaftliche Betriebe gibt es im Bezirk Deutschlandsberg, davon 1700 Mehrfachbetriebe. "Was mir allerdings Kopfzerbrechen bereitet, ist die Tatsache, dass wir immer mehr an Produktion verlieren. So haben wir im Jahr 2016 steiermarkweit 10 % in der Schweinproduktion verloren. Wenn das so weiter geht, sehe ich schwarz. Ohne Produktion stirbt schließlich auch die regionale Versorgung", so Polz.

Der Wolf ist da

Ein heikles Problem, das auch beim Bauernbund-Stammtisch in Groß St. Florian auf den Tisch gebracht wurde, ist der Wolf. Es wird bereits wieder ein Kalb auf der Hochalm vermisst.
"Ein Wolf ist sicher da, das sieht man auch an den Exkrementen", so Alois Kiegerl, Obmann der Weidegemeinschaft Hochalm - Bärntal auf telefonische Anfrage der WOCHE Deutschlandsberg. "So wird die eigentlich gut funktionierende Weidebewirtschaftung, nicht nur erschwert, sondern schier unmöglich gemacht. Dabei ist das ja gerade jene Landwirtschaft, die auch von den Konsumenten gewünscht wird, also möglicht naturnah und tierfreundlich. Auch der anlaufende Tourismus wird darunter leiden, wenn die Bauern kein Vieh mehr auftreiben", betont Christian Polz. Schließlich ist vor gut 100 Jahren  der Wolf augerottet worden, seither funktioniert auch die Almwirtschft recht gut. Polz befürchtet, bald Verhältnisse wie in Deutschland zu haben, wo Wölfe auch in Städten zu sehen sind.

Zum Thema Holz

Wie es mit dem Holz steht, dass seit dem Föhnsturm "Yves" am 12. Dezember des Vorjahres in Deutschlandsberg angefallen ist? "Wir wollten ja im April mit den Aufräumarbeiten fertig sein. Leider wurden nicht alle Forstwege freigegeben, damit die Forstwirte das Holz rechtzeitig herausschaffen konnten. Wir werden also in etwa noch einen Monat brauchen, bis das Fichtenholz aus den Wäldern ist - soviel zum Thema Borkenkäfer. Allerdings haben wir heuer viel Regen, sodass die Bäume gut gestärkt sind und sich der Borkenkäfer nicht so explosionsartig vermehren kann", erklärt Polz einlenkend.

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