Kahlenberg: Streit um Realisierung der Seilbahn
Wolfgang List, Anwalt der Bürgerinitiative "STOPP der Seilbahn auf dem Kahlenberg", glaubt, dass eine Genehmigung einer Seilbahn illegal und anfechtbar wäre. Die Betreiber sehen dem Verfahren gelassen entgegen.
WIEN. Die Entscheidung rückt näher: Bis zum Jahresende will das Verkehrsministerium abwägen, ob es dem Ansuchen, eine Seilbahn auf den Kahlenberg errichten zu dürfen, stattgibt und eine Konzession erteilt. Die Antragsteller, die Genial Tourismus- und Projektentwicklungs GmbH, sind guter Dinge, dass ihr detaillierter Antrag Erfolg haben wird.
Aber auch die Projektgegner schlafen nicht: Geht es nach ihrem Anwalt Wolfgang List, sollte das Verkehrsministerium eine Konzession überhaupt nicht in Erwägung ziehen, bevor nicht eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) durchgeführt wurde. Sollte sie trotzdem erteilt werden, will die Kanzlei die Entscheidung anfechten, "durch alle Instanzen gehen und den Europäischen Gerichtshof anrufen", wie es in einer Aussendung heißt. Für den Sprecher der Bürgerinitiative, Hans Binder, geht es um Naturschutz und den Schutz des historischen Kahlenbergerdorfs. "Es ist eines der letzten idyllischen Platzerl in Wien, und das soll jetzt mit Massentourismus überflutet werden?" Er bezieht sich auf die Ankündigung der Betreiber, am Kahlenberg für die Seilbahn-Gäste Infrastruktur bereitzustellen. Laut Betreibern wird es einen Marktplatz für regionale Produkte und Souvenirs sowie Gastronomie geben, Binder befürchtet einen Vergnügungspark.
"Mehr Leute, die mit weniger Autos kommen"
Die Betreiber versuchen, den Bedenken den Wind aus den Segeln zu nehmen: "Ja, es werden vermutlich mehr Leute als zuvor auf den Kahlenberg kommen. Gleichzeitig werden wir mit der Seilbahn aber nicht ein Naturjuwel zerstören, sondern es vielmehr schützen. Die CO2-neutrale Seilbahn wird laut Studien zu einer 50-prozentigen Reduktion des Individualverkehrs auf den Kahlenberg führen", sagt Geschäftsführer Hannes Dejaco. Es sei doch positiv, den Zugang zu einem Naherholungsgebiet zu erleichtern.
Dass die Bewohner des Kahlenbergerdorfs der Diskussion um die Seilbahn besonders nervös folgen, sei verständlich: "Aber erstens wird es nicht möglich sein, mit dem Auto zur dortigen Station zuzufahren. Wir kennen die angespannte Parkplatzsituation und es werden dort nur Menschen einsteigen dürfen, die bereits ein Ticket in anderen Stationen gelöst haben, sowie Anrainer", sagt Dejaco, "und andererseits glauben wir, dass Gastronomen und andere von den Besuchern profitieren werden." Man werde die Interessen der Anrainer in die Planungen mit einbeziehen: "Wir haben bei dem Streckenteil in Jedlesee darauf geachtet, dass Seilbahn-Nutzer niemandem ins Fenster hineinschauen können und auch darauf, dass die Trasse nur am Rand des Kahlenbergerdorfs entlang führt."
UVP: Ja oder nein?
Vor alledem steht aber die Frage, ob es zu einer Genehmigung überhaupt kommen wird. Anwalt Wolfgang List hat sich mit einem Schreiben an das Verkehrsministerium und die Stadt Wien gewandt, in dem er seinen Rechtsstandpunkt erläutert. "Ich hoffe darauf, dass eine UVP eingeleitet wird", sagt er. Sein Standpunkt, zusammengefasst: Seilbahnen würden laut EU-Recht eine UVP benötigen, im österreichischen UVP-Gesetz sei diese Rechtslage aber nicht wiedergegeben worden. Nachbarn können eine UVP einfordern, auch wenn sie im normalen Verfahren keine Parteinstellung hätten. Das ginge per Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof.
Dem entgegen steht die Aussage der Betreiber, die der Meinung sind, die Seilbahnbehörde (angesiedelt beim Verkehrsministerium) habe die Frage, ob es eine UVP geben muss, ausreichend geprüft: "Die Seilbahn ist ist unter den Grenzwerten des Flächenbedarfs, sodass keine UVP nötig ist. Es gibt Kriterien, entsprechend denen das entschieden wird. UVP sind oft für Seilbahnen in Schigebieten, bei denen zusätzlich noch mehrere Pisten entstehen, nötig." Die Seilbahn auf den Kahlenberg würde nur minimal in die Umwelt eingreifen: "Abseits der Stützen sind keine Baumfällungen für die Trasse notwendig, da die Bahn über die Bäume geführt wird." Sollte die Bahn nicht wirtschaftlich zu führen sein, würde man außerdem rückbauen: "Das haben wir allen Grundstückbesitzern garantiert und durch eine Bankgarantie abgesichert."
Die Frage, ob eine UVP nötig ist, will man beim Verkehrsministerium indes nicht entschieden haben: "Dafür ist die Stadt Wien zuständig", heißt es von dort. Und während die Bürgerinitiative sich nun für eine UVP stark macht, hieße eine Prüfung noch lange nicht das Aus für die Seilbahn, sondern eben das: eine Prüfung.
Hintergrund:
Bericht:Die neuen Details zur Seilbahn auf den Kahlenberg
Bericht: Seilbahnprojekt ist in der Schwebe
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