5 Minuten: Zitternd im Sakko
WIEN. Eigentlich mag ich Schnee. Aber nur im Urlaub, auf dem Land und in kleinen Dosen. In Wien ist er für mich nur überflüssig. So bin ich wirklich glücklich, wenn die Kältewelle, die überraschenderweise doch jeden Winter kommt, wieder vorbeigeht.
In jugendlichem Überschwang bin ich dann immer zu leicht gekleidet und verzichte auf einen Mantel. Klar: Zehn Grad über null kommen mir im warmen Wohnzimmer wie eine Hitzewelle vor. Wenn ich dann länger im Freien unterwegs bin, fange ich natürlich wieder zu frieren an. Aber tapfer begehe ich jeden Tag wieder den gleichen Fehler.
Sicher könnte ich den Wetterbericht hören oder einfach auf das Thermometer schauen. Aber das ist doch nur etwas für Weicheier. Also war ich kürzlich wieder sommerlich gekleidet unterwegs und wunderte mich, dass es schon wieder Minusgrade hatte. Während alle mit dicker Jacke, Schal und Haube unterwegs waren, trug ich über T-Shirt und Hemd nur mein Sakko. Zugegeben: Es war etwas dicker, aber wärmend war es nicht wirklich.
Ob auf der Straße oder in der U-Bahn: Ich fiel offensichtlich auf. Alle starrten mich an, nur um dann schnell wieder wegzuschauen. Einige tuschelten auch, bemüht, dass ich es nicht mitbekomme. Ich trug es, als wäre es selbstverständlich, vor allem auch deshalb, weil ich versuchte, mich irgendwie von der Kälte abzulenken. Bis mich ein älterer Herr ansprach: "Ich vergess’ auch immer den Mantel anzuziehen. Sie glauben nicht, wie viele Angebots-Mäntel ich schon gekauft hab, um mich nicht zu verkühlen."
Dann stieg er schnell aus der U-Bahn und ich sah ihm verwundert nach: Er trug auch nur ein Sakko und ging Richtung Donau Zentrum.
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