„Wir waren die Treiber beim Arbeitszeitgesetz“

Das neue Arbeitszeitgesetz ist für IV-Präsident Manfred Gerger zwingend erforderlich gewesen. | Foto: IV Burgenland
  • Das neue Arbeitszeitgesetz ist für IV-Präsident Manfred Gerger zwingend erforderlich gewesen.
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Verstehen Sie die Aufregung um das Arbeitszeitgesetz?
MANFRED GERGER: Wenn ich es sachlich betrachte, verstehe ich es nicht. Wenn ich es von der emotionalen und politischen Seite sehe, dann habe ich für gewisse Dinge auch etwas Verständnis. Ich finde jedoch, dass mehr Sachlichkeit in den Vordergrund gerückt werden soll.

Die Industriellenvereinigung hat bei diesem Gesetz eine wesentliche Rolle gespielt – oder?
Ja, wir waren die Treiber. Es geht vor allem darum, dass wir als Unternehmer nicht immer in Erklärungsnotstand geraten oder mit einem Fuß im Kriminal stehen, wenn es über die zehn Stunden hinausgeht. Und natürlich müssen wir flexibler auf die Auftragssituation reagieren können.

„Fragen Sie einmal die Pendler. Die werden ihnen sagen, dass es in Ordnung ist, wenn sie die Arbeitszeit so einteilen können, dass sie bereits am Donnerstag Schluss machen können und ein verlängertes Wochenende haben.“

Argumente, wie die Gesundheitsgefährdung bei einem 12-Stunden-Tag oder die lange Abwesenheit von Pendlern von Zuhause können Sie nicht nachvollziehen?
Natürlich kann ich diese Argumente nachvollziehen. Aber fragen Sie einmal die Pendler selber. Die werden ihnen sagen, dass es in Ordnung ist, wenn sie die Arbeitszeit so einteilen können, dass sie bereits am Donnerstag Schluss machen können und ein verlängertes Wochenende haben.

Werden Sie in Ihrer Firma das neue Arbeitszeitgesetz nutzen?
Wir von der Industrie sind mit diesem Thema seit Jahren konfrontiert. Bei uns, der Firma Hella, haben wir bereits im Jahr 2013 eine Betriebsvereinbarung beschlossen, die genau auf diese zwölf Stunden am Tag und 60 Stunden in der Woche abzielt. Und das war ein Wunsch der Mitarbeiter.

Das heißt, bei Ihnen wird sich nicht viel ändern?

Genau. Und wir werden uns von Seiten der Industrie massiv bemühen, unseren Arbeitnehmern zu erklären, was dahintersteckt. Und es wird auch weiter Betriebsvereinbarungen geben. Wenn ich etwa das Schichtmodell verändern möchte, dann brauche ich eine Betriebsvereinbarung.

Stärkt das neue Arbeitszeitgesetz die Wettbewerbsfähigkeit heimischer Unternehmen?
Für den Standort Österreich ist es wirtschaftlich zwingend erforderlich. Wir stehen permanent im Wettbewerb. Wir haben außerdem ein allgemein hohes Niveau an Löhnen und Gehältern und wir haben die Facharbeiter-Problematik. Wenn wir uns da nicht verändern, wird es ein Drama werden.

„Was wir jetzt an potenziellen Lehrlingen bekommen, entspricht nicht dem, was wir uns vorstellen.“

Bleiben wir beim Thema Facharbeiter. Werden im Burgenland zu wenig Lehrlinge ausgebildet?
Ja, aber man muss auch ganz offen sagen: Was wir jetzt an potenziellen Lehrlingen bekommen, entspricht nicht dem, was wir uns vorstellen.

Was muss getan werden?
Wir rühmen uns im Burgenland immer mit unserer hohen Maturantenquote. Dagegen ist auch nichts zu sagen, aber warum können wir das Thema Facharbeiter nicht auch mehr forcieren und was spricht dagegen, die „Lehre mit Matura“ mehr herauszustreichen?
Wir müssen die Lehrer und auch die Eltern ansprechen und darüber informieren, welche Lehrberufe neu hinzugekommen sind und welche Weiterbildungsmöglichkeiten es gibt.

Was muss getan werden?
Wir müssen die Attraktivität der Lehre heben. Wir rühmen uns im Burgenland immer mit unserer hohen Maturantenquote. Dagegen ist auch nichts zu sagen, aber warum können wir das Thema Facharbeiter nicht auch mehr forcieren und was spricht dagegen, die „Lehre mit Matura“ mehr herauszustreichen.
Wir müssen die Lehrer und auch die Eltern ansprechen und darüber informieren, welche Lehrberufe neu hinzugekommen sind und welche Weiterbildungsmöglichkeiten es gibt.
Ein Problem sind sicher auch schulische Einrichtungen, deren Abgänger nur wenig Chancen haben, in der Wirtschaft unterzukommen.

Was meinen Sie damit konkret?
In der Vergangenheit haben wir immer die Gelegenheit genutzt, HTL-Schüler, die in der zweiten oder dritten Klassen abgebrochen haben, zu uns zu holen. Das waren unsere Lehrlinge. Heute bekommt man diese jungen Menschen nicht mehr, weil die HTL sie in die vierjährige Fachschule verschiebt.
Auch bei HAK Absolventen wird es immer schwieriger, sie unterzubringen. Im Customer-Service oder in der Buchhaltung gibt es noch Möglichkeiten, aber dann ist es schon vorbei. Dazu kommt noch, dass sich auch Hochschul- oder FH-Abgänger für diesen Job bewerbe,
Das Non plus ultra ist für uns die HTL.

„Man merkt, dass der Landeshauptmann ein Verständnis für Forschung, Entwicklung und Innovation hat.“

Wie zufrieden sind Sie mit der Landesregierung?
Sehr positiv sehe ich die Beteiligung des Landes am Joanneum Research und dem Forschungszentrum, das in Pinkafeld entstehen wird. Burgenlands Industrieunternehmen haben auch eine Absichtserklärung unterschrieben, mit dieser Forschungseinrichtung eng zusammenzuarbeiten.
Auch das sogenannte „Open Rail Lab–Projekt“ ist zu begrüßen. Da geht es um die Teststrecke für selbstfahrende Züge zwischen Oberwart und Friedberg. Da merkt man, dass der Landeshauptmann ein Verständnis für Forschung, Entwicklung und Innovation hat.

Haben Sie auch Wünsche an die Landespolitik?
Wir sind nach wie vor im Bereich der Infrastruktur im Süden benachteiligt. Die Elektrifizierung der Ostbahn (von Graz nach Heiligenkreuz, Anm. d. Red.) würde vor allem für den Personenverkehr viel bringen.
Und natürlich ist für uns nach wie vor das Thema MINT (die Fächer Mathematik, Informatik, Informatik und Technik) sehr wichtig. Warum können wir im Burgenland nicht ein Pilotprojekt starten und uns auf dieses Technik-Thema setzen. Versuchen wir doch, dieses Thema in der Volksschule und in der Neuen Mittelschule zu forcieren.

Als Vertreter der Industrie müssten Sie eigentlich mit der derzeitigen Bundesregierung zufrieden sein?
Ja, wir sehen, dass die Bundesregierung Themen aufgreift, die für den Standort Österreich und damit auch für das Burgenland wichtig sind. Und wir sehen sogar, dass der Landeshauptmann bei gewissen Dingen für das Burgenland und gegen seine eigene Klientel argumentiert – etwa bei der Staatszielbestimmung und dem Standortentwicklungsgesetz. Es kann ja wohl nicht sein, dass man jahrzehntelang diskutiert, ob nicht irgendein Frosch, eine Kröte oder ein Vogel ein Infrastrukturprojekt verhindert.

Kommentar von Chefredakteur Christian Uchann

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