"Das Glück geht jeden Tag ein Stückchen mit"

Der Weg führt die Brüder Glintschnig jeden Tag ins Ungewisse | Foto: KK
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BODENSDORF/IRLAND (fri). Seit fünf Wochen sind die Brüder Marc und Tom Glintschnig (die WOCHE hat berichtet: http://bit.ly/2ytBvFs) ohne Geld quer durch Irland für die Obdachlosenhilfe der Caritas Kärnten unterwegs. Einen Großteil des Weges haben sie bereits zurückgelegt und ihnen ist klar: "Wir werden es schaffen, wir erleben alles viel intensiver, als wir es uns vorstellen konnten. Wir sollten ein Buch schreiben!"

WOCHE: Was ist für euch die größte Herausforderung?
Marc und Tom Glintschnig: Wieder weiter zu gehen. Wir treffen hier tagtäglich interessante und nette Menschen, die wir besser kennenlernen dürfen und die zu Freunden werden, die uns eine Unterkunft und Verpflegung anbieten. Aber das Besondere am Pilgern liegt darin, unterschiedlichste Orte und Menschen zu treffen, die man eigentlich nicht verlassen möchte, aber schließlich weiterzugehen, um wiederum neue Orte und Menschen kennenzulernen.

Warum glaubt ihr, dass ihr auf offene Türen, Ohren und Herzen stoßt?
Das wissen wir selbst nicht. Obdachlosigkeit ist ein aktuell wichtiges und in den Medien täglich präsentes Thema hier in Irland. Aber wir sind ganz ehrlich jeden Tag aufs Neue überwältigt über so viel Nächstenliebe und Hilfsbereitschaft, auch wenn hier Gastfreundlichkeit generell Tradition hat. Wir sind auf den ersten Blick mittlerweile zwei verwilderte, stinkende Männer, die in der Nacht fremde Menschen um Verpflegung und Unterkunft bitten. Und das Erstaunliche ist: Wir sind noch nie weggeschickt worden. Wir haben bereits sieben Mal ein eigenes Haus ganz für uns alleine bekommen. Wir haben in Garagen, Kindergärten, Pfarrhäusern, Schuppen, Wohnwägen, Containern und Familienhäusern übernachtet, mit Familien beim Abendessen gesungen, musiziert und gelacht, in Schulklassen Vorträge gehalten, mit Pfarrern diskutiert, in der Kirche bei der Messe über unser Projekt gesprochen. Vielleicht haben wir eine gute Aura. Vielleicht liegt es aber daran, dass die Iren sehr gastfreundliche Menschen sind, die das Besondere und Extreme interessant finden, aber auch einen Sinn für soziale Gerechtigkeit und Hilfsbereitschaft haben, von dem wir uns in Österreich einiges abschauen können.

Wäre das auch bei uns vorstellbar?

In diesem Ausmaß? Wir würden es uns sehr wünschen, glauben können wir daran aber nicht. Die Menschen hier in Irland sind prinzipiell und generell offener und hilfsbereiter als die Menschen in Österreich. Wir können uns daran ein Vorbild nehmen. Vielleicht geben unsere Geschichten auf Facebook manchen einen Anstoß zur Nächstenliebe und Hilfsbereitschaft. In Irland bleiben Autofahrer von selbst stehen und fragen, ob wir eine Mitfahrgelegenheit brauchen. Hier sprechen uns wildfremde Menschen an und fragen, ob wir was zum Essen haben wollen. Wir bekommen ganze Häuser für uns alleine zur Verfügung gestellt. Und das ist kein Einzelfall. Wir haben bereits in sieben Häusern geschlafen, die wir völlig für uns alleine benutzen durften. Das wäre in Österreich wohl eher unvorstellbar.

Gab es Situationen, in denen ihr Angst hattet?

Manche würden es wohl naiv nennen, andere wiederum würden es als bewusstes Vertrauen in die Menschlichkeit bezeichnen. Und wiederum andere finden das was wir machen einfach nur verrückt. Vielleicht ist es eine gute Mixtur aus diesen Elementen. Wir haben ja bereits einige Weitwanderungen in verschiedensten Ländern bestritten, jedoch noch nie gänzlich ohne Geld. Aber Angst hatten wir hier noch nie. Es gab lediglich einmal eine solche Situation, wo uns schon etwas mulmig zumute war. Es war für uns einfach zu gut um wahr zu sein. Wir haben an ein Haus geklopft und jemanden gefragt, ob er jemanden kennt, wo wir schlafen könnten. Er ging mit uns zu einem Haus ohne weitere Fragen zu stellen. Wir könnten in diesem Haus bleiben, nein wir müssten sogar bleiben. Wir sollten hier sogar eine ganze Woche Pause machen. Wie wir hießen oder warum wir hier seien, daran war der Mann nicht wirklich interessiert. Wir bekamen also, ohne uns vorzustellen oder irgendetwas von uns zu erzählen ein ganzes Haus für eine ganze Woche, nur weil wir darum gebeten haben. Und hier hatten wir kurz ein komisches Gefühl, als wir auch noch essen angeboten bekamen. Aber später hat uns seine Frau das Essen und Feuerholz für den Kamin gebracht. Und am nächsten Tag sind wir mit der Tochter gratis ins Schwimmbad und in die Sauna gefahren. Nun im Nachhinein denken wir uns nur: unser Vertrauen in die Menschlichkeit wird hier in Irland tagtäglich gestärkt, die Geschichten werden immer verrückter und unglaublicher und wir haben einen neuen Blick auf die Menschheit gewonnen.

Hatte jemand Angst vor euch bzw. war misstrauisch?
Die Iren finden uns wahrscheinlich mehr lustig, als dass sie Angst vor uns haben. So ganz ist das nicht mehr zu verstehen, zwei Österreicher ohne Geld auf Weitwanderung in Irland zu dieser Jahreszeit im Regen. Aber die Iren werden gerne unterhalten und das genügt ihnen auch, um uns weiterzuhelfen. Die haben eine spezielle Art von Humor. Diese Wanderung trifft diesen ganz gut. Es ist einfach eine unglaublich gute Geschichte und sie freuen sich Teil davon zu sein.

Wie geht es euch mit dem Wetter?
Marc liebt Irland und den Regen. Tom hasst dieses Wetter! Minusgrade wären ja an sich kein Problem. Aber ständiger Regen und starker Wind, gepaart mit niedrigen Temperaturen, das ist das denkbar ungünstigste Wetter für eine Weitwanderung. Es hat bereits auch schon geschneit und gehagelt. Nirgendwo kann man eine Pause einlegen und sich einmal hinsetzen, da alles nass ist. Wohin also mit dem Rucksack und dem Regenponcho? Wir müssen immer weitergehen, bis wir irgendwo eine Kirche finden und hoffen, dass die Türen geöffnet sind. Oftmals wandern wir fünf Stunden oder mehr ohne Pause und das mit dem 20 Kilogramm schweren Rucksack. Aber die zunehmende Kälte macht auch den obdachlosen Menschen in Irland und Österreich zu schaffen. Eine warme Mahlzeit und Unterkunft sind hier lebensnotwendige Grundversorgung. Nur für Minusgrade in der Nacht haben wir nicht richtig gepackt. Seit einer Woche hat es auch tagsüber nie mehr als vier Grad gehabt. Also manchmal ist es durchaus hart.

Wie lange werdet ihr noch unterwegs sein?
Wir haben den Rückflug noch nicht gebucht. Aber zu Weihnachten wollen wir unbedingt zurück sein. Wir denken, es sollte sich aber ausgehen, Mitte Dezember wieder zu Hause zu sein.

Hört ihr Rückmeldungen aus der Heimat?

Wir hören immer wieder sehr positive Rückmeldungen aus der Heimat. Das motiviert uns tagtäglich, weiterzugehen. Sei es durch eine Religionslehrerin, welche das Thema Obdachlosigkeit mit Bezug auf unsere Weitwanderung im Religionsunterricht aufgegriffen hat, oder durch Menschen, welche uns auf Facebook schreiben. Wir haben sogar von Leuten aus Deutschland oder Indien Nachrichten bekommen, die uns für kommende Stationen Tipps für Unterkünfte geben.
Info: www.facebook.com/breadlinewalking

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