Wanderziesel am Marchfeldkanal? Weshalb die Ziesel doch nicht übersiedelt sind
Diese Woche erfreute uns „Heute“ mit einem Artikel unter dem Titel „Bürgerinitiative: Ziesel-Umsiedelung: Tiere sind umgezogen!“, in weiterer Folge würde dies bedeuten, hier könnten die geplanten 1.000 Wohnungen errichtet werden. Allerdings: Eine Umsiedlung der streng geschützten Tiere hat definitiv nicht stattgefunden. Sollte mit dieser Meldung daher vielleicht die öffentliche Meinung beeinflusst werden?
Was ist wirklich wahr?
Wahr ist, dass ein schmaler Streifen der von der Naturschutzabteilung genehmigten Ausgleichsflächen für eine mögliche Übersiedlung der Ziesel direkt hinter dem Heeresspital liegt. Über dieses „Vorzimmer“ wandern sehr viele der Tiere. Hier gab es auch schon 2012 Zieselbaue und es ist durchaus wahrscheinlich, dass hier der eine oder andere Bau dazugekommen sein könnte. Nur ist dieser Streifen so klein und unbedeutend, dass er unmöglich alle Tiere der Bauprojektfläche aufnehmen kann. Die weiteren Ausgleichsflächen stellen jedoch einen weit verstreuten Fleckerlteppich dar. Ziesel und Feldhamster der Bauprojektfläche müssten über die Marchfeldkanalbrücke marschieren und mehrfach richtig abzweigen um zu ihnen zu gelangen. Ohne Navi ein Ding der Unmöglichkeit. Machen Sie sich selbst ein Bild: https://maps.google.com/maps/ms?ie=UTF&msa=0&msid=207687475595325374228.0004d58902bda80215675&t=k
Die streng geschützten Tiere sind jedenfalls entgegen des Berichtes von „Heute“ nicht umgesiedelt, im Gegenteil, es ist davon auszugehen, dass sie sich auf der Bauprojektfläche weiter vermehrt haben.
Wie viele Ziesel und Feldhamster müssen übersiedelt sein…
… um sagen zu können, die Ausgleichsflächen wurden von den streng geschützten Tieren angenommen? Denn nur dann darf laut Bescheid der MA 22 bei der Übersiedlung "nachgeholfen" werden.
Wenn sich in den Ausgleichsflächen mindestens ebenso viele zugewanderte Ziesel und Feldhamster bzw. deren Nachkommen angesiedelt haben wie gleichzeitig noch auf Bauland ansässig sind, kann von einer Akzeptanz ausgegangen werden (Beilage 1 zum Bescheid der MA22 vom 10.04.13). In den Ausgleichsflächen A2 bis A8 (siehe obiger Link) waren zuletzt insgesamt 19 Bauöffnungen festzustellen, davon waren lt. Zieselexpertin Dr. Ilse Hoffmann 11 in den Flächen A2 bis A6 ziemlich sicher Zieseln oder Hamstern zuzuordnen, während der Rest auch von Mäusen stammen könnte. Mit der Überprüfung bzw. Verifizierung der Bauöffnungen in den Ausgleichsflächen wird begonnen, sobald 50 Prozent der in der Projektfläche erhobenen Bauanzahl erreicht sind. Davon sind wir weit entfernt.
Offen bleibt auch die Frage, ob und wie viele der Tiere von der projektierten Baufläche zugewandert sind oder aus dem Heeresspitalsgelände oder - auf der anderen Seite des Marchfeldkanals - aus dem Obstgarten der Universität für Bodenkultur in der Sowinetzgasse (auch hier sind Ziesel dokumentiert).
Unter Berufung auf das Umweltinformationsgesetz können BürgerInnen alle hier kommunizierten Informationen über Anfragen bei der MA 22 auch selbst überprüfen … es dauert nur ein Weilchen.
Das Umweltinformationsgesetz im Sinne einer demokratischen Mitgestaltungsmöglichkeit
Der aktuelle Quartalsbericht der ökologischen Aufsicht (Knollconsult Umweltplanung ZT GmbH, Dr. Ilse Hoffmann / Department für Verhaltensbiologie der Universität Wien), ist erschienen. Dieser enthält die aktuellen Informationen über die Entwicklung der streng geschützten Ziesel- und Feldhamsterpopulation auf den Brachen nördlich des Heeresspitals. Erhalten haben diesen Bericht bisher die Bauträger, nicht jedoch die Bürgerinitiative IGL Marchfeldkanal und auch nicht VertreterInnen des Floridsdorfer Bezirksparlaments. Und dies, obgleich das Umweltinformationsgesetz (UIG) von 2004 im Sinne der Möglichkeit zur demokratischen Mitgestaltung den öffentlichen Zugang zu Umweltinformationen sicherstellen soll. Der Gesetzgeber fordert die Behörde auf, Informationen „möglichst rasch“, „spätestens jedoch innerhalb eines Monats nach Eingang des Antrags bei der informationspflichtigen Stelle“ weiterzuleiten. Ist es Zufall, dass die BürgerInneninitiative IGL Marchfeldkanal alle Informationen der Naturschutzbehörde auf den Tag genau nach 1 Monat erhält, nie jedoch „so rasch wie möglich“ und politische VertreterInnen, die bei der Behörde anfragen, gar nicht?!
Information ist Macht! Information ist die Basis, auf der BürgerInnen sinnvolle Handlungen im Sinne des Naturschutzes setzen können. Wie ist es aber um die Demokratie in einem Land bestellt, das dieses Recht zu umgehen versucht?! Die Grünen Floridsdorf bleiben dran und werden an dieser Stelle weiter berichten.
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