Zwei echte “Dinos“ im amikalen Smalltalk

Der Landeshauptmann und der Sturm-Keeper verstanden sich auf Anhieb prächtig.
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  • Der Landeshauptmann und der Sturm-Keeper verstanden sich auf Anhieb prächtig.
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Herr Landeshauptmann, gleich einmal eine persönliche Frage: Wie sieht es mit ihrer sportlichen/fußballerischen Vergangenheit aus?
Die ist bescheiden, aber aufregend. Ich habe bei TUS Union Kirchbach gespielt, seinerzeit mit Ex-Sturmspielern wie Pepi Neuhold. Meine Position war rechts hinten. Es gab viele schöne Erlebnisse, aber ich muss zugeben, dass ich damals eher als Raubein bekannt war. Als ich dann mit 18 Jahren nach Graz gezogen bin, war meine Fußball-Karriere vorbei. Jungen Menschen empfehle ich, aktiv Sport zu betreiben, denn in einem Verein ist man immer auch in eine Gemeinschaft eingebunden, das bereichert das Leben!

Wann beziehungsweise wie sind Sie zum Sturm-Fan geworden?
Das war noch im Pflichtschulalter. Zum Sturm-Fan wurde ich deshalb, weil in Kirchbach, wo ich aufgewachsen bin die GAK-Fans in der Überzahl waren. Das war auch später in Graz-Andritz so, wo ich seit 40 Jahren wohne. So wurde ich aus Protest Sturm-Fan. Damals in Kirchbach war es unserem Wirt egal, wie wir gespielt haben. Wenn der GAK gewonnen hat, gab es das Fleischbrot gratis, sonst nicht. In dieser Zeit hatten wir kein Geld. So sind wir per Autostopp nach Graz zu den Sturmspielen gefahren. Die erste Spielhälfte haben vor der Gruabn verbracht. In der Pause hat uns der Platzwart meistens reingelassen. Das waren die Zeiten von Fredl Murlasits.

Wenn Sie sich an ihre Zeit als Sportreferent des Landes zurückerinnern, was waren die schönsten sportlichen Momente, kommt Sturm da auch vor?
Natürlich die Sturm-Meistertitel und die Champions League, obwohl ich da gar nicht Sportreferent war. Spiele wie jenes gegen Real Madrid bleiben unvergessen. Dazu kommen die Trainingscamps, der internationalen Topvereine. Dabei habe ich Stars wie David Beckham oder Arsene Wenger kennengelernt, wir haben Fotos mit den Topstars gemacht, die danach sicher nicht mehr wussten, wer der Schützenhöfer ist. Erst vor wenigen Tagen habe ich Peter Stöger in Graz beim Spiel GAK gegen 1. FC Köln wieder getroffen, er hat zu mir gemeint: „Sie als Schwarzer sind auch da?“

Dass Sie einen sehr engen Terminplan haben, ist bekannt. Bleibt dennoch hin und wieder Zeit, Sturm-Matches zu besuchen?
Der Gerhard Roth sagt zu mir jedes Mal im Stadion, jetzt haben wir uns aber lange nicht gesehen. Dabei bin ich relativ oft in Liebenau. Meine Mitarbeiterin trägt alle Sturm-Heimspieltermine in meinen Kalender ein. Wenn ich Zeit habe, gibt es kein Heimspiel, das ich versäume.

Wenn Sie in der Merkur Arena sind, ist das eher Vergnügen oder Verpflichtung?
Bei einem Sturmspiel dabei zu sein, ist eine Freude, keine Verpflichtung. Ich bin zwar im Stadion auch Landeshauptmann, aber ich sitze als Sturmfan dort. Was mein Sohn kritisiert. Er meint, ein echter Sturmfan geht nicht in den VIP-Klub, der kauft sich eine Dauerkarte.
Natürlich freut es einen besonders, wenn man etwa Ivan Osim bei seinem 70. Geburtstag durch das Stadion führt, die Ovationen für ihn sieht und die tiefe Beziehung zu Sturm spürt. Das war sehr berührend.

Nehmen Sie sich eigentlich die Zeit, selbst ein wenig Sport zu treiben?
Dass ich keine Zeit hätte, wäre eine Ausrede. Den Sport habe ich zu meinem Vierziger eingestellt, nachdem ich mit dem Mountainbike auf den Schöckl gefahren bin. Danach war ich zwei, drei Tage fast gehunfähig. Heute quäle ich mich hin und wieder auf dem Heimtrainer, aber das ist lästig. Sehr gern gehe ich in der Früh zu Fuß die Mur entlang ins Büro.

Mich hat man schon als Dino im Sturm-Tor bezeichnet, Sie zählen zu den längstdienenden und erfahrensten Politikern Österreichs. Welche grundlegenden Veränderungen haben Sie im Laufe ihrer Karriere erlebt?
Wir dürfen nicht übersehen, dass die breite Masse der Leute in einem nie dagewesenen Wohlstand aufwächst. Ich bin jetzt 66 Jahre alt und seit fast 50 Jahren in der Politik. Mein Vater ist seit 30 Jahren tot, seine größte Angst war damals, dass Jugoslawien mit Tito bei uns einmarschiert. Freiheit, Frieden und Wohlstand ist für jene, die heute jung sind eine Selbstverständlichkeit. Dass das aber nicht selbstverständlich ist, das wurde vielen erst vor zwei Jahren, als die Flüchtlinge gekommen sind, wieder bewusst. Geändert hat sich auch, dass der Respekt heute oft fehlt. Früher war man als Kanzler oder Landeshauptmann fast unantastbar, heute wird man teilweise beschimpft.

Zu den revolutionärsten Veränderungen zählen sicher die neuen Medien. Werden die im Büro des Landeshauptmannes intensiv genutzt?
Natürlich setzt sich auch mein Büro sehr intensiv mit den neuen Medien auseinander. Facebook gehört mittlerweile ja schon zu den alltäglichen Kommunikationsmitteln. Über die sozialen Medien ist alles sofort greifbar, das kann aber auch zu Verblendungen führen. Das hat man am Beispiel von Eva Glawischnig gesehen, die dort so fertig gemacht wurde, dass sie zurückgetreten ist. Mir ist es auch nicht egal, was in diesen Foren steht. Ich schaue zwar nicht immer rein, aber manchmal denke ich mir: Da strengst du dich Tag und Nacht an und wirst dann beschimpft. Das ist nicht angenehm. Generell empfinde ich Handys als Fluch und Segen zugleich. Am Berg kann es dir das Leben retten, aber man muss es auch bewusst abschalten können. Die Kommunikation wird immer schneller: Früher, als wir uns erstmals einen Urlaub leisten konnten, sind meine Frau und ich mit den Kindern im alten VW nach Italien gefahren. Als wir dort entnervt angekommen sind, haben wir uns eine Stunde lang in einer Schlange angestellt, um nach Hause zu telefonieren und zu melden, dass wir gut angekommen sind. Heute steige ich in Hongkong aus dem Flieger, nehme das Handy und melde daheim, dass alles okay ist.

Als Vater von drei Kindern interessiert mich auch, wie gut Sie unser Bildungssystem finden.
Unser Schulsystem ist gut, aber natürlich könnte es besser sein. Wenn alles so schlecht wäre, wäre die Steiermark in den Bereichen Forschung und Entwicklung nicht im europäischen Spitzenfeld. Was man aber schon sehen muss, ist die Tatsache, dass eine Neue Mittelschule am Land oft besser ist, als ein Gymnasium, und dass es in manchen Schulen, insbesondere in den Städten, Probleme gibt. Das muss man auch klar ansprechen. Wir müssen aber auch unsere Haltung gegenüber dem Handwerk überdenken. Da braucht es mehr Wertschätzung, dabei verdient ein guter Tischler heute mehr als mancher Akademiker. Es muss nicht jeder studieren, ich habe auch kein Studium.

Wie wird die politische Landschaft nach der Nationalratswahl aussehen?
Hoffentlich ein wenig anders als jetzt. Ich hoffe, dass unsere Chancen mit Sebastian Kurz steigen. Bei seinen Auftritten, etwa in Leitersdorf oder in Deutschlandsberg, sind vor allem junge Leute zu Hunderten gekommen. So eine Stimmung habe ich 20, 30 Jahre nicht mehr erlebt. Die Leute kommen von selbst, weil sie neugierig sind und weil sie spüren, dass sich da etwas bewegt. Früher hat man Busse von Bad Aussee bis Bad Radkersburg organisieren müssen und den Leuten Kaffee und Kuchen versprochen, damit sie zu Parteiveranstaltungen gefahren sind.

Meine Uroma, bei der ich aufgewachsen bin, hat immer gesagt, die Steirer gelten in Österreich als die politischen Revolutionäre hinter dem Semmering. Ist das heute auch noch so?
Es ist im Fußball wie in der Politik, die Kritik wird hochgehalten. Da war die Steiermark immer führend. Alexander Götz hat einmal gesagt, der schönste Ort in Wien sei der Südbahnhof, weil man von dort in die Steiermark kommt. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass wir dank der Wiener das Tourismusland Nummer eins in Österreich sind und dass das auch zur positiven Entwicklung der Steiermark beiträgt. Wir Steirer sind wie gesagt neugierig und reformfreudig. Ich bin meinem Vorgänger Franz Voves noch immer dankbar dafür, dass wir gemeinsam Bezirke, Gemeinden und Schulen zusammengelegt haben, oder die Gerichte: aus 35 Bezirksgerichten haben wir 15 gemacht. Das reicht auch, weil heute niemand mehr im Pferdegespann zum Gericht fahren muss, weil er Milch gepanscht hat. Mittlerweile hat jeder hat ein Auto. Die Anforderungen verändern sich. Wenn die Politik stehen bleibt, agiert man am Leben der Menschen vorbei.

Politiker werden zumeist ausgepfiffen, wenn sie in vollen Fußballstadien auftreten. Sie hingegen sind bei den Fans beliebt. Wie erklären Sie sich das?
Die Sturmanhänger wissen ja, dass ich ein Fan bin und die sehen mich oft im Stadion, nicht nur bei Spitzenspielen. Ich bin eben kein Politiker, der nur zu Champions-League-Spielen kommt.

Wie sehen Sie das Engagement von Dietrich Mateschitz im Sport im Allgemeinen und das in der Steiermark im Besonderen?
Wir können uns glücklich schätzen, dass Dietrich Mateschitz in der Steiermark investiert. Da gibt’s keine Debatte. Ohne seinem Engagement am Red Bull Ring hätten wir noch immer den Kuhstall-Grand-Prix, wie ihn Niki Lauda einst genannt hat. Heute ist die Formel 1 eine von vielen großartigen Veranstaltungen und das Murtal mittlerweile eine Ganzjahresdestination. Dazu baut er Hotels, eine Brauerei, er unterstützt die Leute in der ganzen Region. Ich hoffe nur, dass er mir nicht böse ist, wenn Sturm wieder Meister wird.

Könnten Sie sich vorstellen, einen Fußballklub in der Größenordnung von Sturm als Präsident zu leiten? Wo liegt der Unterschied zwischen einem Landeshauptmann und einen Klubpräsidenten?
In der Politik ist es nicht anders als im Sport. Da wissen immer alle alles besser. Ich würde es nicht machen wollen. Ich kannte schon die Präsidenten Soral, Gert, Gady oder Paul. Auch Hannes Kartnig war ein sehr guter Präsident – ich breche sicher nicht den Stab über ihm. Damals sind sie vor ihm gekniet, dann haben sie gespuckt. Ich bin weder gekniet, noch habe ich gespuckt. Sturm hatte immer ordentliche Präsidenten wie zuletzt Rinner und jetzt Jauk.

Vorletzte Frage: Wären Sie Trainer, würden Sie ihre Mannschaft total offensiv agieren lassen oder aus einer gesicherten Verteidigung angreifen?

Als gelernter Verteidiger meine ich, dass man ein gesundes Mittelmaß finden muss. Ich bin als Abwehrspieler oft mit nach vorne gegangen und habe auch Tore geschossen. Der Trainer hat aber immer geschimpft. Wenn ich heute bei einem ausverkauften Sturmspiel im Stadion bin, dann bin ich auch nur einer von 15.000 Trainern, die alles besser wissen.

Wie schätzen Sie den SK Sturm in der neuen Saison ein, welche Platzierung ist möglich?
Sturm ist kein Verein, Sturm ist keine Religion, Sturm ist eine Lebenshaltung. So wie ich mir in der Politik wünsche, Nummer eins nach der Wahl zu bleiben, so traue ich Sturm zu, Meister zu werden. Wer kämpft, hat noch nicht gewonnen, aber wer nicht kämpft, der hat schon verloren. Franco Foda hat einen guten Überblick, auch der Sportdirektor macht seine Sache sehr gut. Ja, Sturm ist gut aufgestellt. Und ich hoffe, dass ich Christian Gratzei noch oft im Tor sehen werde.

Dieses Gespräch wurde aufgezeichnet von Hannes Machinger

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