Es ist Zeit, zuzuhören – Daniela Bauer von der Telefonseelsorge in "Gefragte Frauen"

Will Türen öffnen für Menschen, die niemanden haben, der ihnen zuhört: Daniela Bauer leitet seit 2015 die Telefonseelsorge Graz. Besonders wichtig ist ihr, die Arbeit der Ehrenamtlichen zu betonen. | Foto: Konstantinov
  • Will Türen öffnen für Menschen, die niemanden haben, der ihnen zuhört: Daniela Bauer leitet seit 2015 die Telefonseelsorge Graz. Besonders wichtig ist ihr, die Arbeit der Ehrenamtlichen zu betonen.
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"Wenn man Sorgen hat, wird die Nacht zum Tag", sagt Daniela Bauer. Sie leitet seit zwei Jahren die Telefonseelsorge Graz, deren Hotline rund um die Uhr besetzt ist. In einer Zeit, wo die sozialen Medien den zwischenmenschlichen Kontakt teilweise entziehen, reicht manchmal einfach ein Mensch, der zuhört.
Diesem Auftrag will die Einrichtung nachkommen, die im vergangenen Jahr 3.500 Stunden Telefonseelsorge zählte.

Wie schaffen Sie es, Ihren Betrieb rund um die Uhr das ganze Jahr zu gewährleisten?
Daniela Bauer: Wir haben 100 ehrenamtliche Telefonseelsorgerinnen und Telefonseelsorger, die den Betrieb 24 Stunden von Montag bis Sonntag aufrechterhalten. Wir sind ein Notruf. Der Status 142 bedeutet, dass wir – so gut es mit unseren Ressourcen geht – unsere Erreichbarkeit gut gewährleisten.

Wie lange dauert ein Telefonat?

Es gibt Richtwerte, wie lange ein Gespräch dauert. Aber wir nehmen uns die Zeit, die ein Gespräch braucht. Ich muss mich auf den anderen einlassen und ihm durch aktives Zuhören und Hinterfragen auf Augenhöhe begegnen, sodass man gemeinsam auf die richtige Spur kommt. Allein der Umstand, dass jemand abhebt und zuhört, klingt banal, aber um genau das geht es, dass wir da sind und hinhören. Im Hier und Jetzt zu sein, das versuchen wir zu leben und zu verstehen: "Was ist jetzt in diesem Augenblick dein Anliegen?"

Gibt es genug Ehrenamtliche für den Job?
Österreich ist ein tolles Land, was Ehrenamt anbelangt. Unsere Telefonseelsorge, die ein Jahr lang dauert, kann man sich auch in Credits umrechnen lassen. Unter unseren Ehrenamtlichen, ohne deren tolle Arbeit dieser Betrieb nie möglich wäre, haben wir Kindergartenpädagoginnen, Juristen sowie Manager.

Also lassen sich ehrenamtliche Telefonseelsorger nicht auf eine Gruppe beschränken?
Nein, manche haben im Alltag mit ähnlichen Aufgaben zu tun, manche kommen aus dem Topmanagement und wollen hier etwas zurückgeben. Viele fangen in der Pension an. Die Motivation ist auch ein Stück Dankbarkeit.

Welche Zielgruppe ruft beim Seelsorge-Notruf an?

Wir haben es auch mit Risikozielgruppen zu tun. Manchmal ist auch ein Streit mit Nachbarn nicht mehr tragbar und wird zur Sorge. In den meisten Fällen geht es um Beziehungsthemen, in der Familie, Partnerschaft oder Arbeit. Manchmal kommt man der Sache bei einem Gespräch auf den Punkt, manchmal hilft es, einfach nur da zu sein und zuzuhören. Auch gemeinsames Schweigen kann helfen.

Kann jeder zuhören?

Wenn man sich auf den anderen einlässt, ja. Man muss zuhören mit einer Hinwendung. Es löst beim Gegenüber etwas aus, man wird als Person wichtig genommen und angenommen.

Seit wann gibt es die Telefonseelsorge?

In Österreich seit 50 Jahren, in der Steiermark seit 1975. Entstanden ist die Idee in England, wo die Suizidgefahr gestiegen ist und ein Baptist ein kleines Inserat aufgegeben hat mit einer Telefonnummer, nach dem Motto "Bevor du einen Blödsinn machst, ruf an". Das war die Geburtsstunde der Telefonseelsorge. Das wurde dann international aufgegriffen.

Wie sehr ist Suizid ein Thema in der Telefonseelsorge?

In Richtung Suizid gilt einerseits mit Medien die Abmachung, zwecks Nachahmung nicht über einen Suizid zu berichten, was ja gut funktioniert. Aber gleichzeitig darf das Thema als absolutes Thema nicht totgeschwiegen werden. Jeder Mensch denkt im Durchschnitt einmal im Leben darüber nach, "wie wäre es, wenn ich nicht mehr da bin". Das ist nichts Ungewöhnliches, darüber soll und darf man reden.

Wie grenzt man sich in der Telefonseelsorge von den Problemen der Anrufer ab?
Dafür gibt es Supervisionen, der Austausch untereinander ist sehr hilfreich. Auch die Dienstübergabe ist etwas ganz Wichtiges, da lässt man dann schon ein Stück vor dem Heimgehen zurück.

Schämen sich Leute, anzurufen?

Es ist wichtig, den Anrufern gleich zu Beginn des Gesprächs für ihren Anruf zu danken. Immerhin gehört viel Mut dazu, sich jemand Fremdem anzuvertrauen.

Von 0 bis 24 Uhr ist die Telefonseelsorge unter der Nummer 142 erreichbar.
Auch Online-Beratungen finden über Chat oder Mail statt.
Telefonseelsorge-Ausbildung: Infos: www.telefonseelsorge-graz.at, nächster Lehrgang startet im April 2018.

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