Neue Flüchtlingsstudie für Graz: Jung und konservativ – Projekte zur Integration laufen

Präsentation der Studie: Integrationsstadtrat Kurt Hohensinner (l.) mit Ednan Aslan | Foto: KK
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"Seit dem Jahr 2015 sind wir alle gefordert", sagt Stadtrat Kurt Hohensinner. Er spielt damit auf die Flüchtlingswelle an, die damals über Österreich und ganz Europa gerollt ist. Eine nun veröffentlichte Studie der Uni Wien, die von der Stadt Graz in Auftrag gegeben wurde, führt vor, dass es besonders in der Wertehaltung bei Flüchtlingen in Graz Integrationsbedarf gibt und jungen, geflüchteten Menschen Perspektiven geboten werden müssen.

Ergebnisse: Religion ist wichtig, Demokratie auch

In Graz und Umgebung leben derzeit rund 4.000 Flüchtlinge (Stand 30. Juni 2017: 2.672 in Graz, 1.255 in GU). Die Studie von Ednan Aslan und Heinz Streib wurde mit 288 Personen aus elf Flüchtlingsunterkünften und einer Sprachschule für Flüchtlinge durchgeführt.

"Davon fallen 34,8 Prozent in die Altersgruppe der 21- bis 30-Jährigen, 25,6 Prozent sind unter 20 Jahre alt, 15,6 Prozent sind älter als 41 Jahre", sagt Professor Ednan Aslan, einer der Studienautoren. 63,8 Prozent in Graz sind männliche Flüchtlinge. Von den befragten Flüchtlingen in der Studie verrichten 69,4 Prozent täglich ihr Morgengebet. 62,6 Prozent der befragten Frauen gaben an, mehrmals täglich ihr islamisches Pflichtgebet zu verrichten (bei den Männern waren es hier 39,7 Prozent).

"Religion ist für sie sehr wichtig, da dies ein Anhaltspunkt ist", sagt Aslan. 66,3 Prozent der befragten Frauen legen Wert darauf, in der Öffentlichkeit, Kopftuch zu tragen. 77,8 Prozent sind von der Existenz Gottes überzeugt, 61,9 Prozent der Flüchtlinge sind nicht der Meinung, dass die Christen in Österreich andere Religionen unterdrücken würden und die klare Mehrheit – 76 Prozent der Befragten – sehen Demokratie als ideale Regierungsform an. 69,1 Prozent sind dafür, dass zum Familieneinkommen Mann und Frau gleich viel beitragen sollen.

Deutschkurse und europäischer Islam

"Wichtig ist, bei der Sprache und Bildung anzusetzen. Das ist der Schlüssel für Integration", sagt Hohensinner. So kommen elf Prozent der Befragten aus ihren Herkunftsländern (diese sind vorwiegend Afghanistan, Syrien, Irak, Iran, Somalia, Nigeria, Russland, Pakistan) ohne Schulabschluss, 35,8 Prozent mit einem Volksschulabschluss, 25,6 Prozent mit Matura oder höherem Bildungsniveau. "Wobei Volksschulabschluss nicht überall das Gleiche bedeutet", erklärt Aslan und Hohensinner ergänzt: "Wir bieten Deutschkurse an für Erwachsene und bei den ganz Kleinen ist das Ziel Deutsch bei Schulantritt."

Aslan würde zudem einen "europäischen Islam" für wünschenswert erachten. "Der Islam muss als europäischer Islam gelebt werden, Demokratie heißt eine Vielfalt von Glauben zu haben, die miteinander funktioniert." Demnach müssten auch Wertekurse forciert werden, denn immerhin finden 43,3 Prozent der Befragten Gewalt gegen Frauen gut, wenn diese ihren Mann betrügen.

Neue und laufende Projekte in Graz

"Der Handlungsbedarf im Integrationsbereich hat sich bereits vor Jahren abgezeichnet. Die Studie offenbart keine neuen Trends, sondern bestätigt viele Annahmen", sagt Hohensinner. Graz hat bereits 2005 als erste Stadt Österreichs ein Integrationsreferat ins Leben gerufen und bietet viele Projekte an (ein Auszug:)

  • Bildung: Für Erwachsene:  2016 wurde mit "Startpunkt.Deutsch" von Land und Stadt erstmals eine zentrale Plattform für alle Deutschkursangebote geschaffen. Im Jahr 2017 wurden 2.558 Personen aus Graz hier eingestuft und an Deutschkursanbieter weiterempfohlen.
  • Deutsch am Nachmittag: Unter diesem Titel finden Schwerpunktgruppen zu Förderzwecken statt. In Graz gilt dieses Angebot für 32 Gruppen. Die Sprachtests zeigen eine deutliche Verbesserung aller getesteten Kinder. Sie verbesserten sich im Durchschnitt um 2 bis 2,5 Stufen in den Kategorien Hören, Sprechen, Lesen und Schreiben.
  • Deutsch für Schulkinder: Hauptsächlich in der Neuen Mittelschule, 28 Gruppen derzeit, seit 2013. Hilft Kindern beim Spracherwerb.
  • Wort.SPIEL.Raum in Grazer Volksschulen: 48 Gruppen, seit 2012, ist eine gezielte Sprachförderung für Volksschulkinder mit einer anderen Erstsprache als Deutsch.
  • Divan: muttersprachliches, frauenspezifisches Beratungs- und Betreuungsangebots für Migrantinnen.
  • NEU seit 2017: „Heroes – gegen Unterdrückung im Namen der Ehre": Das Projekt  arbeitet präventiv (steiermarkweit) mit jungen Männern aus sogenannten „Ehrenkulturen“, die sich für ein gleichberechtigtes Zusammenleben von Frauen und Männern einsetzen. Nach einer intensiven Trainingsphase gestalten die Teilnehmer selbst Peer-Workshops für Jugendliche aus ihren Herkunftsländern zu Themenbereichen wie „Ehre“, Menschrechte, Gewaltfreiheit, Identität, Geschlechterrollen.
  • NEU seit 2017: Perspektivenwechsel (Arge Jugend gegen Gewalt und Rassismus): aktuell sechs Schulen dabei, Programm für Gewaltfreiheit, Antidiskriminierung, Prävention von religiösem und politischem Extremismus bzw. zur Förderung von
    Verantwortung, Solidarität, Zivilcourage und soziokultureller Vielfalt
    im schulischen Setting mit Workshops.
  • NEU seit 2017: Jukus Vorurteile überwinden: Präventive und nachhaltige Sensibilisierungs- und Aufklärungsarbeit mit dem Schwerpunkt Antisemitismus/Rassismus und demokratiefeindliche Haltungen unter Jugendlichen, mit besonderem Blick auf migrantische Lebenswelten. 
  • Antidiskriminierungsstelle: Clearing- und Beratungsstelle, 2017 neu eingerichtete App „Ban Hate“ zur Meldung von Hasspostings.
  • Werte- und Orientierungskurse: Wurden zuerst in Graz erprobt und danach österreichweit ausgerollt. Zentrale Bestandteile der Kurse sind die Grundwerte der österreichischen Verfassung wie Gleichberechtigung von Mann und Frau, Menschenwürde und demokratische Prinzipien.
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