ADHS – mehr als eine Kinderkrankheit

ADHS_Marksteiner_Sevecke: Primar Univ.-Prof. Dr. Josef Marksteiner, Leiter der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie A am Landeskrankenhaus Hall, Univ.-Prof. Dr. Kathrin Sevecke, Direktorin der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie in Innsbruck
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  • hochgeladen von Stefan Fügenschuh

Lange galt ADHS (im Volksmund auch "Zappelphillip-Syndrom genannt) als überdiagnostizierte Modeerkrankung. In der Psychiatrie hatte ADHS schon immer den Status einer ernstzunehmenden psychischen Störung. "Die Anzahl der ADHS-Patienten in er Bevölkerung nimmt nicht zu. Heute wird nur besser diagnostiziert wie früher", erklärt Kathrin Sevecke, Direktorin der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie in Innsbruck.

Diagnose oft im Kindesalter

Da ADHS sich meist durch Konzentrationsschwäche und Hyperaktivität äußert, wird die Erkrankung häufig bei Schuleintritt eines Kindes festgestellt. Den betroffenen fällt es häufig schwer, die Hausaufgaben zu erledigen oder eine längere Zeit still zu sitzen. Hat eine KinderpsychiaterIn ADHS diagnostiziert, gibt es zahlreiche Therapiemöglichkeiten, die individuell auf den Bedarf der PatientIn abgestimmt sind. Einzel- und Familientherapie, Ergotherapie oder Psychotherapie werden im Bedarfsfall mit einer medikamentösen Behandlung ergänzt.

Eine wichtige Rolle bei der Bewältigung der Krankheit im Alltag spielen die nahen Bezugspersonen eines Kindes. „Eltern und PädagogInnen sind gefordert, sich Kenntnisse über die Erkrankung und für den Umgang mit betroffenen Kindern anzueignen. Ein ritualisierter Tagesablauf, das Reduzieren von Hintergrundgeräuschen durch Fernsehen oder Radio sowie das Beschränken auf einen Arbeitsauftrag sind Beispiele, wie man Kinder mit ADHS unterstützen kann“, so Kathrin Sevecke, Direktorin der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie in Innsbruck.
PatientInnen, die an ADHS leiden, haben ein hohes Risiko, eine weitere psychische Erkrankung zu entwickeln oder eine Suchterkrankung, z.B. Alkoholabhängigkeit, zu bekommen. Deshalb ist es besonders wichtig, die psychische Gesundheit immer als Ganzes im Blick zu haben und möglichst alle Belastungsfaktoren zu identifizieren.

Ausprägung bei Erwachsenen

Gegen Ende der Pubertät können sich die Symptome deutlich mildern. Bei rund 50% der PatientInnen sind die Ausprägungen der Erkrankung im Erwachsenenalter noch vorhanden. „Während die Krankheit bei Kindern medizinisch mittlerweile gut erforscht und gesellschaftlich bekannt ist, steht die Auseinandersetzung mit ADHS bei Erwachsenen noch am Anfang“, so Josef Marksteiner, Leiter der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie A am Landeskrankenhaus (LKH) Hall.
Im Erwachsenenalter ist die motorische Hyperaktivität meist schwächer ausgeprägt. Oft bleiben Symptome wie Konzentrationsschwäche, innerliche Unruhe, ein starker Drang nach sportlicher Betätigung sowie eine starke Impulsivität.
"Ich kenne einen Manager der unter ADHS leidet und Besprechungen in seiner Firma immer nur für eine Dauer von 20 Minuten ansetzt, weil er sich nicht länger konzentrieren kann. Leider ist es den meisten Menschen nicht möglich, ihre Arbeit so nach ihren Bedürfnissen zu organisieren", erzählt Marksteiner.

Es ist wichtig, dass ADHS weder bei Kindern noch bei Erwachsenen als Modeerscheinung eingeschätzt wird. Es handelt sich um eine ernstzunehmende psychische Erkrankung, bei deren Bewältigung Betroffene – Kinder wie Erwachsene – professionelle Hilfe benötigen. Ein umfangreicher diagnostischer Prozess legt den Grundstein zu einer individuell auf die Bedürfnisse der PatientIn maßgeschneiderten Therapie.

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