Lichtschalter versus Weihwasserkrügl
Erfolgreiche Premiere von „s’Elektrische“ in der Volksbühne Mils
Theaterbesprechung von Peter Teyml
MILS. Dass viele technische Einrichtungen, die wir heutzutage wie selbstverständlich und ohne Hinterfragen anwenden, eigentlich nur den Fachspezialisten keine großen Rätsel aufgeben, ist wohl unbestritten. Wie muss es erst einer unbedarften Landbevölkerung in den zwanziger Jahren ergangen sein, als das „Elektrische“ langsam Einzug hielt. Rund um dieses Thema gibt’s ein lustiges Volksstück von Peter Landsdorfer, das sich die Volksbühne Mils in der heurigen Frühjahrssaison vorgenommen hat.
Spielleiterin Helga Föger-Pittl führt die vier Damen und sieben Herren des Laienensembles mit zarter Hand, aber sicherem Griff in drei Akten durch das humorvolle Geschehen und hat die Akteure an die richtigen Stellen gesetzt. Natürlich wird angesichts der doch recht autoritären Zeit kurz nach dem 1. Weltkrieg das Leben auf einem Bauernhof mit Knechten, Mägden, Tischgebet und recht hierarchischen Strukturen dargestellt und auch das Klischee der grantigen Altbäuerin bedient, die sich verzweifelt gegen die Einführung des „Elektrischen“ im Bauernhaus zur Wehr setzt, aber chancenlos den Fortschrittsgläubigen gegenüber steht. Doch auch die vermeintlich Verständigen haben Erklärungsbedarf, weil sich eigentlich nur der „Stromer“ vom E-Werk auskennt.
Benjamin Kölli macht eine gute Figur mit glaubwürdig vermittelter Autorität als Jungbauer, Evelyne Grüner kann als resche Altbäuerin durchgehend überzeugen, Markus Kölli gefällt als „Stromer“ und Josef Hoppichler als Viehhändler und Einfädler des Stromdeals steht glaubwürdig seinen Mann, Fabio Peer, Martin Kapfinger und Mathias Pfeifer sind ein temperamentvolles und originelles Knechtetrio, Kathrin Klingler ist die liebenswürdige und schlagfertige Magd Vroni, Lea Hilber als Magd Mirl und Catherine Rosina wirken trotz ihres Bühnendebuts sehr natürlich und selbstbewusst. Dass Josef Pittl als „Scherfocher“ (= Maulwurfäger) wieder sein komödiantisches Talent ausspielt, war zu erwarten, er bewältigt auch mit Eloquenz seinen Publikumsmonolog.
Ein besonderer Gag ist das Verlegen einer Freileitung durch den Besucherraum, auch muss in der Wohnküche das Weihwasserkrügl dem Lichtschalter weichen sowie das Schnapskastl dem Zählerkasten. Und dass der Fortschritt auch ungemütliche Seiten hat, wissen vor allem der Rossknecht und die Mirl, weil die helle Glühlampe eine sanft herabgeschraubte Öllampe beim zärtlichen tete-a-tete nicht ersetzen kann.
Eine lustige Geschichte, die aber auch zeitlose Erkenntnisse über die Vor- und Nachteile des Fortschritts transportiert.
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