"Luft-Hunderter" wird voll ignoriert!

Die Ergebnisse der Radarkontrollen sind das eine, die Erkenntnisse aus der Praxis das andere!
3Bilder
  • Die Ergebnisse der Radarkontrollen sind das eine, die Erkenntnisse aus der Praxis das andere!
  • hochgeladen von Manfred Hassl

"Die Übertretungshäufigkeit beim Luft-Hunderter ging von knapp 4% auf 2,6% zurück" – diese Pressemeldung sorgte vor kurzem für Staunen. An diesen Erkenntnissen soll nicht gezweifelt werden – dass die Realität abseits von stationären Radaranlagen, deren Standorte mittlerweile bestens bekannt und die darüber hinaus auch noch von weitem ersichtlich sind, anders ausschaut, haben viele LeserInnen aber schon vermutet.

Praxistest

Wir wollten es genau wissen, haben uns ins Auto gesetzt und sind die Strecke Zirl–Kufstein und auch wieder retour gefahren. Ohne technische Hilfsmittel, ohne mathematische Berechnungen und auch ohne taktische Fallen – dafür aber mit Redaktionskollegin Bianca Jenewein am Beifahrersitz, die mit Block und Kugelschreiber jedes Auto auf der Überholspur notiert hat. Dies bei einer beständigen eigenen Geschwindigkeit zwischen 100 und 105 km/h laut Tachometer. Die tatsächliche Geschwindigkeit der Überholenden war nicht relevant. Uns interessierte der permanente Hunderter, weil man ja laut Gesetzestext bei Einhaltung bzw. geringfügiger Überschreitung gar nicht mehr überholt werden sollte. Außerdem haben wir das Verhalten der Lkw-Fahrer beobachtet.

Die Ergebnisse

... zeichnen freilich ein anderes Bild als diverse Aussendungen. Wie erwähnt gab es keine Tricks. Die Strecken wurden nicht zu den Hauptverkehrsspitzen befahren und es gab keine Einladungen an andere Verkehrsteilnehmer zu unerlaubten Handlungen.
Die Hinfahrt ab Zirl startete um 10 Uhr, die Rückfahrt ab Kufstein wurde um 15 Uhr angetreten.
Interessantestes Detail: Wir haben auf beiden Strecken, also auf rund 190 Kilometern, kein einziges Fahrzeug überholen können, wurden dafür aber von exakt 300 Fahrzeugen überholt. Formel 1-Tempo war zwar nicht angesagt, aber dass alle, die zügig an uns vorbeigefahren sind, deutlich schneller als die erlaubten 100 km/h waren, ist Faktum!
Sowohl bei der Hin- als auch bei der Rückfahrt tauchte jeweils ein Reisebus im Rückspiegel auf – beide sind links schneidig an uns vorbeigezogen und wurden binnen kurzer Zeit nicht mehr gesehen!

Lkw: 100 statt 80

Kein Lkw hat überholt und es gab auch keinerlei besondere Vorkommnisse – wenn mal halt davon absieht, dass nahezu kein Schwerfahrzeug mit 80 km/h, sondern fast alle zumindest annähernd der 100 km/h-Grenze unterwegs waren. Hier heißt es dann entweder mit dem 100er "hinten anstellen" oder das Tempolimit selbst überschreiten, was teilweise einen Überholvorgang mit bis zu 120 km/h erfordert.

Auffälliges

... hielt sich wie erwähnt in Grenzen. Bei den Pkw könnt man vielleicht erwähnen, dass ein Rettungswagen ohne Blaulicht sehr zügig überholt hat oder einer der beiden Motorradfahrer deutlich jenseits von 100 km/h nur eine Hand am Lenker hatte, während die andere lässig auf dem linken Oberschenkel ruhte. Wirklich rasant war nur ein Porsche Cayenne mit ausländischem Kennzeichen, dessen Tachonadel die 150 km/h Grenze ganz sicher überschritten hat.
Die eigene Wahrnehmung ist leicht zu beschreiben. Man empfindet sich als Hindernis auf der Autobahn, wenn man durchgehend mit 100 km/h im fünften Gang untertourig brummend unterwegs ist. Dies erforderte ein Höchstmaß an Konzentration, vor allem, als im Bereich von Kufstein weder vorne noch hinten ein anderes Auto sichtbar war. Beruhigend: Um stationäre oder mobile Radaranlagen oder Polizeikontrollen mussten wir uns keine Sorgen machen. Ebenso waren Rechtsüberholer kein Thema, weil wir außer den Überholvorgängen von Lkws die rechte Spur nicht verlassen und keinerlei Fehlverhalten anderer Verkehrsteilnehmer bewusst provoziert haben.
Weitere Rückschlüsse sollen hier nicht gezogen werden. Wer es selbst probieren will, kann diesen Selbstversuch jederzeit auch persönlich durchführen. Und eigene Gedanken über "offizielle Bilanzen und Statistiken" darf man sich zu diesem Thema sowieso immer machen!

Details

Voraussetzungen: Permanentes Tempo zwischen 100 und 105 km/h laut Tachometer, keine sonstigen Hilfsmittel. Sonnenschein, zwei kleinere Baustellen, ansonsten keine Verzögerungen, keine Staus, flüssiger Verkehr

Strecke Zirl – Kufstein: Start in Zirl West um 10 Uhr, in Kufstein Ausfahrt Nord:
108 Fahrzeuge haben überholt
(66 Tiroler Kennzeichen, 41 Auswärtige, 1 Reisebus Ausland)

Strecke Kufstein – Zirl: Start in Kufstein Nord um 15 Uhr, in Zirl Ausfahrt West:
192 Fahrzeuge haben überholt
(117 Tiroler Kennzeichen, 72 Auswärtige, 1 Reisebus Inland, 2 Motorräder)

Und hier: geht's zur offiziellen Version:

Du möchtest regelmäßig Infos über das, was in deiner Region passiert?

Dann melde dich für den MeinBezirk.at-Newsletter an

Gleich anmelden

12 Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Folge uns auf:
Christina Holaus (re.), Geigenbauerin aus der Wildschönau, zu Gast bei Redakteur Thomas Geineder im TirolerStimmen-Podcast. | Foto: BB Tirol
2

TirolerStimmen-Podcast
Wie baut man eigentlich eine Geige?

In der 89. Folge ist Christina Holaus, Geigenbauerin aus der Wildschönau, zu Gast und beantwortet die brennendsten Fragen rund um das Thema Geigenbau. Aus welchem Holz werden Geigen gebaut, wie wird man Geigenbauerin und auf was kommt es bei einer Geige an? All das erfährst Du im musikalischen Gespräch. TIROL. "Back to the roots" heißt es für die Geigenbaumeisterin Christina Holaus, wenn sie ihren Schüler*innen in der Geigenbauschule Mittenwald das Geigenbauen beibringt: "Es ist bei mir selber...

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.