Palais Coburg: Neues Buch und Ausstellung geben Einblicke in das Haus der Könige
Eine Ausstellung im Palais Coburg erzählt die aufregende Geschichte der Coburger, Skandale und Affairen inklusive.
INNERE STADT. Zwar ragt das Palais Coburg mit seiner Säulenfassade wie eine Festung über der Coburgbastei, doch die Geschichte des Hauses ist ein wenig in Vergessenheit geraten. Dabei kann das 1845 errichtete Coburg auf eine Vergangenheit voller Dramen in der Welt des Hochadels zurückblicken wie kein anderes Haus in Wien.
"Das Palais Coburg war durch kluge Heiratspolitik ein Haus der Könige. Die Coburger waren in vielen royalen Familien zu finden", erklärt Autor Günter Fuhrmann. "Haus der Könige" ist nicht nur der Titel von Fuhrmanns neuem Buch über die Wiener Linie der Coburger, sondern auch einer aktuellen, von Fuhrmann kuratierten Ausstellung, die derzeit im Palais die bewegte Familiengeschichte erzählt.
Beginn der Ausstellung, die mit 80 Tafeln, 300 Bildern und zwei interaktiven Stationen laut Fuhrmann "ein begehbares Buch" sein soll, ist in der Lobby. Der Besucher erhält einen Überblick über die Geschichte des Ortes zur Zeit der Türkenkriege und der reichen ungarischen Familie Koháry. Mit der Heirat der Erbin Maria Antonia Koháry kam Prinz Ferdinand Georg von Sachsen-Coburg zu Reichtum und der Aufstieg der Wiener Coburglinie begann. "Maria Antonia war eine beeindruckende Persönlichkeit", so Fuhrmann. "Sie war knapp 17 Jahre alt, als sie der englische Botschafter beim Eröffnungsball des Wiener Kongreßes in den Po gezwickt hat. Die junge Comtesse hat sich umgedreht und dem Botschafter vor den versammelten gekrönten Häuptern eine Ohrfeige gegeben – und hatte alle Sympathien auf ihrer Seite."
Aufstieg durch Heirat
Dem Charisma der Maria Antonia verfiel auch der junge Coburger Prinz, die Liebesheirat folgte 1816. "Ferdinand Georg war ein sehr engagierter und kluger Mensch, der seiner Zeit weit voraus war. In den 1840er Jahren besuchte er seine Nichte Queen Victoria in England und sieht dort sowohl den Fortschritt als auch das Elend, das die Industrialisierung mit sich brachte. Er errichtete Industrieanlagen mit Arbeitersiedlungen, 30 Jahre bevor andere Unternehmen Wohnsiedlungen für ihre Arbeiter errichten ließen", erzählt Fuhrmann und führt in das Untergeschoß zu einem Gemälde der Prinzessin Clementine von Orléans, die mit ihrem Ehemann Prinz August von Sachsen-Coburg, dem Sohn Ferdinands, die erste Bewohnerin des Palais war. "Das Palais Coburg wurde von Ferdinand Georg auf der ehemaligen Braunbastei, die sich im Besitz der Kohárys befand, für seinen Sohn August und dessen Frau Clementine, die Tochter des französischen Königs Louis Philippe, errichtet. Ferdinand und Maria Antonia wohnten im Palais Coburg auf der Wieden, 1850 zogen Clementine und August ins neue Palais, das über der Stadtmauer thronte."
Vorbei an Reproduktionen berühmter Bewohner, führt Fuhrmann zu einem Bild des Prinzen Philipp, dem Sohn von Clementine und August, der durch die unglückliche Ehe mit der belgischen Prinzessin Louise, einem "It-Girl" ihrer Zeit, die mit ihren Liebesaffären für Skandale sorgte, Schlagzeilen machte. "Louise brannte mit ihrem Liebhaber Geza von Mattachich, mit dem sich ihr Mann auf Befehl Kaiser Franz Josephs hin duellieren musste, durch. Sie wurde verhaftet und in ein Irrenhaus gesteckt, aus dem sie ihr Liebhaber befreite. Sie verprasste ein Vermögen und stellte mit der Unterschrift ihrer Schwester, der Kronprinzessin Stephanie, gefälschte Wechsel aus. Sie sorgte weltweit für Schlagzeilen, von New York bis nach Buenos Aires. 1906 wurde die Ehe von Prinzessin Louise und Prinz Philipp von Sachsen-Coburg und Gotha geschieden."
Doch auch mit einer anderen Tragödie geriet Prinz Philipp von Sachsen-Coburg in die Schlagzeilen. "Philipp war mit Kronprinz Rudolf 1889 in Mayerling auf der Jagd. Er brach am Morgen des 30. Januar die Tür zu Rudolfs Zimmer auf und entdeckte den erschossenen Kronprinzen und die ebenfalls tote Mary Vetsera", erzählt Fuhrmann und führt an Bildern der botanischen Weltreise, die Prinz Philipp und seinen Bruder Ludwig August rund um die Welt führte, vorbei Richtung Ende der Donaumonarchie. "1926 räumte der ehemalige Zar von Bulgarien, Ferdinand I., ebenfalls ein Sohn von Clementine und August, sein Elternhaus und übersiedelte in das Schloss Sankt Anton in der Slowakei. Bis zum Anschluss an Hitler-Deutschland befand sich im Palais Coburg die Schweizer Botschaft."
Der folgende Zeitraum barg wenig Glamouröses für das Palais: 1945 durch einen Bombentreffer schwer beschädigt, beherbergte es bis 1955 russische Besatzungstruppen ehe sich die ÖBB im Haus einmietete. Der Zustand des ehemals zweiten Hauses der Stadt verschlechterte sich zusehends. 1997 erwarb die Privatstiftung POK Pühringer das Palais und unterzog es einer umfassenden Renovierung. "Die Stiftung hat das Palais gerettet", ist sich Fuhrmann sicher. "Es wurde saniert und der Ort samt dem wunderbaren Garten erhalten." Heute befindet sich ein Hotel in der Coburgbastei und ermöglicht somit dem "einfachen Volk", sein Haupt in königlichen Gemächern zur Ruhe zu betten – royale Träume inklusive.
Zur Sache
"Haus der Könige" von Günter Fuhrmann ist im Amalthea Verlag (ISBN-13: 978-3-99050-121-4) erschienen, hat 272 Seiten und kostet 28 Euro. Die Ausstellung im Palais Coburg ist noch bis 29. Juli täglich von 11 bis 20 Uhr zu besichtigen. Eintritt: 5 Euro
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