Ein halbes Jahrhundert im Eichhof

Frau Ploners Mann lebte 73 Jahre lang im Eichhof. Sie selbst ist seit 48 Jahren hier zuhause. Ein Leben an einem anderen Ort ist ihr unvorstellbar.
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  • Frau Ploners Mann lebte 73 Jahre lang im Eichhof. Sie selbst ist seit 48 Jahren hier zuhause. Ein Leben an einem anderen Ort ist ihr unvorstellbar.
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PRADL (acz). "Wir brauchen keinen Balkon, wir brauchen keinen Lift, wir wollen einfach nur bleiben", lautet der Tenor bei jenen Eichhof-BewohnerInnen, die schon seit Jahrzehnten in den Wohnungen leben. Die hier aufgewachsen sind, die es gar nicht anders kennen, die wie alte Bäume verwurzelt sind. Nun fangen die "Psycho-Spielchen" mit der Innsbrucker Immobiliengesellschaft – Besitzerin der 244 Wohnungen, die nach Plan zum Abriss kommen sollen – an. Regelungen, über die man über Jahrzehnte hinwegsah, werden rigoros umgesetzt und mit den BewohnerInnen werden Einzelgespräche – "für individuelle Lösungen" – geführt. Für Frau Ploner und Frau Winkler ist es unfassbar, dass es bis zu diesem Punkt kommen konnte.

"Wir haben alles"

Frau Ploner lebt seit 48 Jahren, Frau Winkler seit 60 Jahren im Eichhof. Beide sehen auf den Innenhof, auf den Spielplatz, auf die Berge. Sie haben alles, was sie brauchen: Die Konditorei, die öffentliche Anbindung, die Banken, die Post, die Geschäfte. Die Nachricht von einem Abriss erreichte (nicht nur) sie wie aus heiterem Himmel. Man sei eine eingeschworene Gemeinschaft, erklärt Fau Ploner. Und eine solche Gemeinschaft werde die 76-jährige Witwe an einem anderen Ort wohl nicht mehr haben. Sie meint: "Es ist seit Kindheit und Jugend unsere Heimat." Obwohl sie versteht, dass die IIG Wohnraum schaffen muss, geht ihr in der ganzen Diskussion doch ein wichtiger Aspekt ab: "Das Menschliche bleibt auf der Strecke". Und damit meint Frau Ploner nicht nur die Erinnerungen, die sie seit Jahrzehnten in ihren Tagebüchern festhält, sondern auch die Kommunikation der IIG, mit der man die EichhofbewohnerInnen vor vollendete Tatsachen stellt, z. B. in Form eines Zettels am Fußabstreifer.

Das ganze Geld in die Wohnung gesteckt

Frau Winkler nimmt sich die Situation noch mehr zu Herzen. Sie habe vor Kurzem die Wohnung renoviert – "damit wir es in der Pension fein haben, haben wir vor ein paar Jahren alles selbst hergerichtet: neue Küche, neuer Boden, Einbaumöbel" – dann ist ihr Mann gestorben und jetzt wird ihr mitgeteilt, dass sie gehen soll. Sie ist aufgebracht und zeigt auf die schönen, maßgeschneiderten Schränke: "Wir haben unser ganzes Geld in diese Wohnung gesteckt. All das kann ich in eine andere Wohnung nicht mitnehmen."

IIG kann nicht bieten, was die Leute brauchen

Der Großteil der Eichhof-BewohnerInnen ist entschlossen zu bleiben. Die meisten haben einen unbefristeten Mietvertrag. Egal, was die IIG verspricht – Ablöse, Balkone, Aufzüge, Kellerabteil –, was den Leuten wirklich wichtig ist – soziale Kontakte – kann sie nämlich nicht bieten.
Hier lesen Sie den Kommentar zum Thema.

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