Hans Kammleitner: "Das waren Szenen wie in einem Science-Fiction-Film"

Hans Kammleitner (re.) und Bernhard Sulzbacher
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BEZIRK (wey). Über Herausforderungen und Meilensteine seiner beruflichen Laufbahn sprach der Leiter des Nationalparkbetriebs der Bundesforste mit der BezirksRundschau.

Herr Kammleitner, Sie sind seit 1990 bei den Bundesforsten (ÖBf) in Reichraming. Waren Sie damals schon Leiter der Forstverwaltung?
Kammleitner: Nein. Nach dem Forstwirtschaftsstudium war ich ein halbes Jahr im Pinzgau, dann kam ich in die Zentrale nach Wien. Es war aber nicht mein Ziel, dass ich in Wien bleibe. Kurze Zeit später wurde tatsächlich eine Stelle in Oberösterreich, genauer gesagt in Reichraming frei. Das war für mich ein weißer Fleck auf der Landkarte, obwohl ich aus Hieflau komme, das ja nicht weit weg ist. Ich habe als Stellvertreter der Forstmeister angefangen und Aufgaben wie etwa Grundverkehrssachen, Pachtverträge oder Nachkalkulationen übernommen. Auch Vertretungen in den Forstverwaltungen habe ich gemacht. Ich habe in dieser Zeit sehr viel gelernt, man hat mich gut arbeiten lassen.

Ab 1992 begannen die Nationalpark-Verhandlungen, in die Sie auch involviert waren.
Das ist richtig, ich war damals Protokollführer. 1994 wurden die Aufgaben rund um die Nationalpark-Angelegenheiten allerdings so umfangreich, dass ein hauptberuflicher Mitarbeiter dafür gesucht wurde. Die Stelle wurde österreichweit ausgeschrieben.

Es gab sicherlich großes Interesse an dieser Position?

Nein, es hat sich niemand dafür beworben. Ich übrigens auch nicht. Ich wollte nicht in diese Richtung gehen. Ich habe schlussendlich aber doch einen Zweizeiler geschrieben und die Stelle bekommen. Damals war noch nicht klar, dass es eine große Organisationsreform geben wird, sonst hätte ich mich sicher früher schon beworben. Somit wurde ich also Nationalpark-Beauftragter. 

Sie sprachen von einer Organisationsreform - was meinen Sie damit?
1997 wurden 50 Forstverwaltungen auf die Hälfte, also auf 25, reduziert. Ich war in der Naturschutz-Nische und habe die Dienststelle in Reichraming inklusive 15 Mitarbeiter bekommen.

Sie waren zu diesem Zeitpunkt 34 Jahre alt und einer der jüngsten Dienststellenleiter bei den Bundesforsten. Wie ging es Ihnen in dieser Position?
Eigentlich habe ich anfangs nicht gewusst, wie das alles funktioniert. Es wusste aber damals niemand recht, wie man einen Nationalpark bewirtschaften soll. Von der Jagd übers Holzschlägern bis zum Borkenkäfer: Es gab zwar einen Rahmen, eine Verordnung des Landes, aber wie es draußen wirklich funktioniert, das war nicht ganz klar. Das war auch die Geburtsstunde der Dienstleistungen bei den Bundesforste. Das hat es vorher nicht gegeben, dass wir für andere Dienstleistungen anbieten. Heute ist dieser Bereich sehr wichtig geworden. Die Arbeit, die wir machen, machen wir im Auftrag der Nationalpark-Gesellschaft. Mein Hauptjob ist, den Kontakt mit ihr aufrecht zu erhalten und deren Vorgaben umzusetzen. Aber wir machen auch Veranstaltungen, Führungen und Öffentlichkeitsarbeit. Mir taugt der Kontakt mit den Leuten.

Wie war denn die Zusammenarbeit mit dem ehemaligen Nationapark Direktor Erich Mayrhofer?
Ich habe mit Erich Mayrhofer 25 Jahre lang sehr gut zusammengearbeitet. Wir haben viel weitergebracht, sowohl auf der Naturschutzebene  als auch auf touristischer Seite.

Und wie kommen Sie mit dem neuen Direktor Volkhard Maier aus?

Volkhard Maier stammt aus meinem Nachbarort Radmer, ich kenne ihn seit dem Studium. Die Zusammenarbeit wird genauso gut sein, weil wir in einem Boot sitzen. Wir haben die gleichen Vorstellungen haben, wie ein Nationalpark betrieben werden soll und welche Ziele es gibt. Sicherlich kann man dort und da einmal anderer Meinung sein. Wichtig ist aber, dass man sich das ausreden kann und dass man selbst auch gehört wird. Es geht nur miteinander, nicht gegeneinander.

Was waren bisher die größten Herausforderungen?
Da gab es einige. Zum Beispiel das Hochwasser 2002. Vorher hatten wir 300 km Forststraßen, beim Hochwasser hat es uns die Hälfte weggerissen. Jetzt haben wir noch 150 bis 160 Kilometer.
Ein Jahr später, 2003, gab es den Waldbrand am Hagler. Ich habe nicht geglaubt, dass mir das in meiner Karriere einmal passiert. Ich weiß noch, es war Freitagabend und ich habe gegrillt, als mich ein Mitarbeiter angerufen hat und gesagt hat: Am Hagler brennt´s. Ich habe ihn gefragt, ob ich nach Roßleithen kommen soll, aber er hat gemeint, es reicht auch am nächsten Tag. Als ich gemeinsam mit Erich Mayrhofer am Samstag zur Einsatzzentrale gekommen bin, haben sich dort Szenen abgespielt, das war wie in einem Science-Fiction-Film. 16 Hektar haben eine Woche lang gebrannt, dann kam zum Glück der Regen. Die Brandursache ist bis heute nicht geklärt. Ich denke aber, er war natürlichen Ursprungs.

Und dann wurde es windig.
Genau. 2007 und 2008 kamen die Orkane "Kyrill", "Emma" und "Paula". Es gab viele Windwürfe. Wir wussten, da kommt der Borkenkäfer. Bis 2006 war dieser bei uns im Prinzip kein Thema. 2008 hat man auch noch nichts gesehen, im Frühjahr 2009 ebenfalls noch nicht. Dann wurde es aber rot - und dann war Feuer am Dach. 2010 hatten wir einen Höchststand von 130.000 Festmeter Schadholz. Gott sei Dank hat sich die Situation wieder beruhigt, 2014 waren es nur noch 500 Festmeter (Näheres zum Thema Borkenkäfer).

Reden wir über Positives. Worauf sind Sie stolz?
Das Borkenkäfer-Management, das wir gemeinsam mit dem Landesforstdienst und der Naturschutzabteilung entwickelt haben, ist für österreichische Schutzgebiete wegweisend geworden. Bei den Wildtieren schauen wir ebenfalls, dass wir wenig eingreifen. Es gibt keine Rehwildfütterung, die Rotwildfütterungen haben wir auf drei reduziert. Wir wollen die Natur Natur sein lassen, schauen jedoch gleichzeitig, wie der Einfluss auf die Vegetation ist. Ich möchte auch sagen, dass ich personalmäßig ein Riesenglück habe, Ich bin sehr froh über die tolle Mannschaft.

Wie schaut´s mit den Gebäuden im Nationalpark aus?
Insgesamt haben wir 80 Gebäude, viele stehen unter Denkmalschutz.  Zehn davon haben wir für Nationalparkzwecke zur Verfügung gestellt und dafür 1,6 Millionen Euro investiert. Dazu gehören etwa das Ensemble im Bodinggraben, die Ebenforstalm, die Große-Klaus-Hütte oder die Bärnriedlauhütte.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Weil immer wieder von der Nationalpark-Erweiterung gesprochen wird: Mir wäre eine Erweiterung nach innen recht. Wir haben einige Flächen, die ausgenommen sind. Hier müsste man noch einmal einen Vorstoß machen. Auch die Wildruhezone soll ausgeweitet werden. Unsere Angebote weiter auszubauen, muss auch immer drin sein, schließlich schläft auch die Konkurrenz nicht. Ich glaube, für die Region ist der Nationalpark ein Zukunftsprojekt. Er ist eine Marke, die positiv besetzt ist - auch in Verbindung mit dem UNESCO Weltnaturerbe. Über kurz oder lang kann der Nationalpark eine große Wertschöpfung bringen. Das muss man noch viel mehr pushen. Ich würde mir wünschen, dass die Leute noch viel stolzer darauf sind und sich darin eine Chance für die Zukunft sehen.

Lieber Herr Kammleitner, vielen Dank für das Gespräch!

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