Volle Konzentration ab 7.30 Uhr – Disziplin oder Qual?

Um 7.30 Uhr startet die Schule im Bezirk. Für die Kids heißt es damit: früh aufstehen. | Foto: MEV
  • Um 7.30 Uhr startet die Schule im Bezirk. Für die Kids heißt es damit: früh aufstehen.
  • Foto: MEV
  • hochgeladen von Elisabeth Schwenter

BEZIRK KITZBÜHEL (elis). Es ist stockfinster draußen, wenn sich die Schülerinnen und Schüler im Bezirk Kitzbühel in den Wintermonaten auf den Schulweg machen. Manche sind bereits seit fünf Uhr wach, sie müssen später ihren Bus oder Zug erreichen, um um 7.30 Uhr auf ihrem Platz im Klassenzimmer zu sitzen. Dann, während der ersten Schulstunde, geht im Winter schön langsam die Sonne auf.

Der frühe Schulstart, im Bezirk beginnt die Schule seit vielen Jahren um 7.30 Uhr, führe zu etlichen Problemen, ist in einer Aussendung der Kitzbüheler Grünen zu lesen.
"Verschiedene Studien zeigen, junge Menschen haben einen anderen Schlaf-Wach-Rhythmus. Sie sind abends länger wach und würden morgens mindestens bis acht oder neun Uhr schlafen. Das führt bei vielen zu einem permanenten Schlafdefizit", so Helmut Deutinger, Bezirkssprecher der Grünen.
Die Grünen fordern nun, den Unterrichtsbeginn auf acht Uhr zu verschieben.
In Österreich sind Schulstartzeiten ab sieben Uhr gesetzlich erlaubt. In den meisten Schulen des Landes beginnt der Unterricht um acht Uhr, in einigen später, in wenigen, etwa im Bezirk Kitzbühel, früher. Um 7.30 Uhr heißt es hier „volle Konzentration“.
"Geregelt sind die Beginnzeiten im Schulzeitgesetz, wo ausgeführt wird, dass der Unterricht nicht vor acht Uhr beginnen darf, außer das Schulforum oder der Schulgemeinschaftsausschuss beschließt eine abweichende Regelung", erklärt der Pflichtschulinspektor für den Bezirk Kitzbühel, Georg Scharnagl.

Lerchen und Eulen

Mittlerweile sind sich Schlafforscher einig, dass genetische Veranlagung dafür verantwortlich ist, wer wann ausgeschlafen ist und dementsprechend konzentriert am Unterricht teilnehmen kann.
Frühaufsteher bezeichnen die Forscher als „Lerchen“, nachtaktive Menschen als „Eulen“.
Außerdem spiele auch das Alter, konkret die Pubertät, eine wichtige Rolle im Schlafverhalten von SchülerInnen. Der Biorhythmus von Teenagern verschiebe sich generell in Richtung Eule. Sie müssen zwar früh aufstehen, können aber abends nicht früh genug einschlafen, um auf ihr eigentlich benötigtes Schlafpensum von acht bis zehn Stunden zu kommen, so die Forscher.
Wenn Teenager dauernd müde sind, bezeichnen das Forscher als „sozialen Jetlag“ und sehen dramatische Folgen: Chronischer Schlafmangel könne zu Wachstumsstörungen, Fettleibigkeit und Depressionen führen.
Brigitte Krimbacher, Direktorin des BG/BORG St. Johann sieht das kritisch: „Wenn auf die Sommerzeit umgestellt wird, nimmt man auch nicht Rücksicht auf den Biorhythmus. Für mich ist schwer abschätzbar, wie diese Studien zu bewerten sind. Natürlich erfordert ein früher Tagesstart Disziplin am Abend vorher, um zu ausreichend Schlaf zu kommen.“
Georg Scharnagl räumt ein, dass es in Bezug auf den Bio-Rhythmus des Menschen sicherlich nicht ganz optimal sei, Schule bereits um 7.30 Uhr beginnen zu lassen.
Auch in der HAK Kitzbühel sieht man das Problem. "Selbstverständlich hätte es Vorteile, wenn die Schule später beginnen würde. Wir würden eine diesbezügliche Änderung auch befürworten, wenn die Rahmenbedingungen passen. Allerdings muss sowohl Eltern als auch SchülerInnen klar sein, dass später anzufangen auch später aufzuhören bedeutet. Es braucht passende Verkehrsverbindungen für alle SchülerInnen und den politischen Willen aller Beteiligten", so Fritz Eller, Lehrer und Administrator der HAK Kitzbühel.

Der Alltag und die Schule

Während der Wintermonate, besonders dann, wenn es kurz nach sieben Uhr noch stockfinster auf der Straße ist, bietet sich etwa in St. Johann ein ganz spezielles Bild. Unzählige Autos reihen sich vor den Parkplätzen der Schulen aus allen Richtungen kommend ein. Viele Eltern bringen ihre Kinder mit dem Auto zur Schule, aus Sorge um die Sicherheit der SchülerInnen in der Dunkelheit. Eine halbe Stunde später ist es an vielen Tagen zumindest schon dämmerig.
In einigen Schulen regt sich auch unter den Eltern immer wieder Widerstand gegen die frühen Beginnzeiten.
„Das größte Problem sehe ich in den Zug- und Busverbindungen. Gerade das Gymnasium St. Johann hat einen riesigen Einzugsbereich von Lofer über St. Ulrich bis Söll, Hopfgarten, Jochberg oder Kössen. Die Verkehrsverbindungen sind zum Großteil auf die Beginnzeiten optimiert. Der VVT ist uns heuer bei zwei Verbindungen entgegengekommen, was monatelange Planungen nötig machte. Diese Anpassungen der Fahrpläne werden sehr schwierig sein und sich Jahre hinziehen“ erklärt BG/BORG Direktorin Krimbacher. Außerdem, ergänzt die Pädagogin, habe ein späterer Schulstart Auswirkungen auf Musikschule und Vereine, die nachmittags trainieren. So sieht das auch Scharnagl: "Ein späterer Beginn hätte auch zur Folge, dass sich der Unterricht dann mehr über die Mittagszeit erstrecken müsste, was wiederum dem Bio-Rhythmus widerstreben würde und auch das Problem der Mittagsverpflegung aufwirft."
Krimbacher wünsche sich für SchülerInnen und Eltern eine möglichst einheitliche Regelung im Bezirk. Grundsätzlich wolle man optimale Bedingungen für SchülerInnen schaffen und sei auch für Veränderungen offen.

Du möchtest regelmäßig Infos über das, was in deiner Region passiert?

Dann melde dich für den MeinBezirk.at-Newsletter an

Gleich anmelden

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Folge uns auf:

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.