Friedenspreis: "Was ist also die Zeit?"
Das Jahresthema des St. Leopold Friedenspreis: „Die Zeit wird uns gegeben und wir formen die Zeit.“
KLOSTERNEUBURG (mp). "Was ist also die Zeit? Wenn mich niemand darüber fragt, so weiß ich es; wenn ich es aber jemandem auf seine Frage erklären möchte, so weiß ich es nicht", zitierte Lars Müller-Marienburg, evangelischer Superintendant Niederösterreichs den heiligen Augustinus bei der feierlichen Verleihung des von Probst Bernhard Backovsky Can.Reg. initiierten "St. Leopold Friedenspreises". Diese Frage war für zahlreiche internationale Künstler Anlass, ihre Überlegungen gestalterisch als Malerei, Grafik, Skulptur und Fotografie zu verpacken. Bereits zum achten Mal wurde somit vergangenen Donnerstag Abend der Preis für humanitäres Engagement in der Kunst des Stiftes Klosterneuburg verliehen. Er setzt sich kritisch mit humanen und gesellschaftspolitischen Themen auseinander und ist als internationaler Kunstpreis mit 12.000 Euro dotiert.
15 Finalisten
Freizeit, Freiheit, das Vergessen oder der Tod waren ebenso Thema der Werke wie etwa der Nationalsozialismus oder die Flüchtlingskrise - alle wurden sie jedoch verbunden durch einen tieferen Gedanken zu einem Aspekt des Lebens, der jeden Menschen tagtäglich begleitet - die Zeit. Eine gläserne Sanduhr ohne Böden, ein Künstlerbuch mit Sätzen aus T.S. Eliots Gedicht "Little Gidding", das die Zeit geprägt von Jahreszeiten beschreibt, ein Foto von leeren Händen, von denen alle Lebenslinien und damit auch die Persönlichkeit ihres Besitzers entfernt wurden, oder gestapelte Koffer, in die Bilder von Flüchtenden gezeichnet wurde - keines der eingereichten Kunstwerke glich einem anderen, 15 davon wurden als Finalisten gewählt und bei der Veranstaltung von Museumskurator Wolfgang Huber präsentiert. Als "lang nachhallend" und "inspirierend" bezeichnete Lukas Mandl, der in Vertretung von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner bei der Preisverleihung sprach, die Werke. "Es muss einer den Frieden beginnen, wie den Krieg", zitierte er den Autor Stefan Zweig als Anspielung darauf, dass der Friedenspreis und jene, die darin involviert sind, bereits den ersten Schritt in die richtige Richtung machen würden.
Die Gewinner
Daniel Sommergruber erhielt für seine Kugelschreiberzeichungen in Koffern mit dem Titel "Alles hat seine Zeit" vom Stift eine Anerkennung, die einem dritten Platz gleichkam. Auf dem 2. Platz landete Gerd Paulicke der sechs fotografische Selbstportraits mit dem Titel "Vergissmeinnicht" einreichte. Den achten St. Leopold Friedenspreis erhielt der hauptberufliche Schauspieler Simon Schober für sein Werk "Leerzeit" - eine offene Sanduhr ohne Füllung. "Uns geht's gut – aber nicht allen. Manche können sich die Körnung, die in ihr leeres Glas eingefüllt wird nicht aussuchen", meinte er in seiner Dankesrede und appelierte an die Pflicht aller zu helfen.
"Nach dem Friedenspreis ist vor dem Friedenspreis", stellte Matthias Hofmeister-Kiss, kultureller Leiter des Stifts fest und so schloss Probst Bachovsky die Veranstaltung mit der Verkündung des Jahresthemas für 2020, das sich aus Psalm 69 ableitet und unter dem Eindruck der immer häufigeren Überschwemmungen und Unwetter ausgewählt wurde: "Rette mich Gott, denn das Wasser geht mit bis zur Kehle! Ich bin versunken im Schlamm des Abgrunds und habe keinen Halt mehr." Die Werke sind vom 20.9. bis 31.12. im Stift Klosterneuburg zu besichtigen.
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