Kunst to go: Mit dem Smartphone gegen elitäre Museumsdünkel

Gerhard Sindelar (CEO beyondarts): "Genuss ist nicht nur auf der sinnlichen Ebene angesiedelt, sondern reicht über Farbgebung und Komposition hinaus. Es gibt auch ein intellektuelles Vergnügen beim Entdecken und Draufkommen." | Foto: Cornelia Grobner
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  • Gerhard Sindelar (CEO beyondarts): "Genuss ist nicht nur auf der sinnlichen Ebene angesiedelt, sondern reicht über Farbgebung und Komposition hinaus. Es gibt auch ein intellektuelles Vergnügen beim Entdecken und Draufkommen."
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Viele Museen bemühen sich heute, von ihrem elitären Ruf wegzukommen. Welche inhaltlichen Barrieren bestehen Ihrer Meinung nach dennoch?
GERHARD SINDELAR:
"Ich denke dabei an ein tolles Rubensbild, das im Kunsthistorischen Museum in Wien hängt. Der Text daneben verrät lediglich, dass es sich um ein Treffen von zwei Ferdinands am Vorabend der Schlacht bei Nördlingen 1634 handelt. Wo ist Nördlingen? Von welchen Ferdinands ist die Rede? Wer weiß das schon? Die Metasprache der Kunsthistoriker verunmöglicht es vielen Menschen, das Bild zu lesen. Solche und ähnliche Bildbeschreibungen in Museen sind voll von Wissensbarrieren."

In der modernen Kunstvermittlung gibt es den Trend dazu, keine Interpretationen zu Kunstwerken zu liefern, sondern vielmehr Berührungsängste abzubauen, indem die Kunst lediglich zum Ausgangspunkt von Assoziationen und Gefühlsäußerungen genommen wird. Was halten Sie davon?
GERHARD SINDELAR:
"Wenn man die Selbstbildnisse und Repräsentationen weglässt, dann stammen 90 Prozent der Motive der Bilder bis tief ins 20. Jahrhundert hinein, die heute in den Museen hängen, im Wesentlichen aus zwei Quellen: Es handelt sich um biblische Themen in allen Variationen und um Themen der griechischen Mythologie. Viele Leute verstehen diese Bilder nicht. Warum kniet zum Beispiel Maria Magdalena immer? Warum wird sie meist als weinende Frau dargestellt? Wenn man die Inhalte nicht vermittelt, bleibt nur der Geschmack, über den man bekanntlich nicht streiten kann: Gefällt mir ein Bild oder nicht? Letztlich ist man aber genauso klug wie zuvor."

Das heißt, Sie setzen auf den traditionellen Weg?
GERHARD SINDELAR: "Ja. Genuss ist nicht nur auf der sinnlichen Ebene angesiedelt, sondern reicht über Farbgebung und Komposition hinaus. Es gibt auch ein intellektuelles Vergnügen beim Entdecken und Draufkommen. Hier setzen wir mit unseren Apps und Guides an und sorgen dafür, dass es keine sprachlichen Barrieren gibt: Wir verwenden möglichst wenig Jahreszahlen und keine Fremdwörter, legen keine spezielle Betonung auf Namen und vermitteln die Inhalte in unkomplizierter und unkomplexer Sprache."

Virtual-Reality-Brillen und 360-Grad-Bildern machen Museen auch von außen erlebbar. So kann man von jedem Ort mit Internetanschluss aus die Wiener Ringstraße entlang spazieren oder den Kurort Baden erkunden. Wohin gehen die Trends Ihrer Branche im Bereich digitaler Anwendungen?
GERHARD SINDELAR:
"Es gibt da diesen Song von Bruce Springsteen: 57 Channels (and nothin' on). Der trifft es ganz gut: Das Internet ist voll mit Bildern und Informationen. Unkommentiert, unreflektiert und unmoderiert. Der Trend geht bestimmt hin zum redigierten Content und zur Offenlegung von Quellen. Die Frage ist: Was ist Fake, was nicht? Die Inhalte werden in Zukunft das Entscheidende sein und die Leute werden dafür bezahlen müssen. Das gilt auch für Apps, vielleicht mit Ausnahme der Körpervermessungsapps. Ich denke, die Menschen sind mittlerweile zunehmend bereit, für gute Inhalte zu zahlen."

Es ist der plakative Traum der Gründungsszene: mit einer einzigen erfolgreichen App vom Start-up zum millionenschwerem Unternehmen. Wie schaut's in der Realität aus? Wird man ...
GERHARD SINDELAR:
"... reich (lacht)? Nun, bei einer App gibt es mehrere kritische Punkte, um erfolgreich zu sein: Eine App muss Plattform übergreifend funktionieren und aus einem einzigen Datenpool realisiert werden. Für die Tourismusbranche müssen darüber hinaus sowohl internationales Marketing als auch lokale touristische Betriebe einbezogen werden können. Derzeit bewegen wir uns mit unseren Produkten unter 10.000 Downloads. Das Potenzial ist groß: In den größten Städten Europas kommen jährlich rund zwei Millionen Touristen an. Von den durchschnittlich 2,8 Tagen, die sie sich jeweils aufhalten, verbringen sie rund 1,5 Stunden in Museen oder bei Stadtrundgängen. Das ist unsere Zielgruppe."

Interview: Cornelia Grobner
(gekürzte Fassung: Printausgabe, 11. Oktober 2017)

ZUR SACHE
beyondarts
ist ein Unternehmen mit Sitz in Klosterneuburg, das Apps bzw. Guides für den kulturellen Bereich entwickelt. Aktuellstes Projekt ist der Guide "Top-Wanderwege in Carnuntum". Weitere Produkte sind u. a. Guides zu Baden bei Wien, dem Stift Klosterneuburg, dem Kunsthistorischen Museum, der Hofburg und dem Weltkulturerbe Hallstatt.

Gerhard Sindelar (CEO beyondarts): "Genuss ist nicht nur auf der sinnlichen Ebene angesiedelt, sondern reicht über Farbgebung und Komposition hinaus. Es gibt auch ein intellektuelles Vergnügen beim Entdecken und Draufkommen." | Foto: Cornelia Grobner
"Es gibt da diesen Song von Bruce Springsteen: 57 Channels (and nothin' on). Der trifft es ganz gut: Das Internet ist voll mit Bildern und Informationen. Unkommentiert, unreflektiert und unmoderiert." | Foto: Cornelia Grobner

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