Wilder Keiler tötet Bulldogge
In der Nähe der Klosterneuburger Rollfährenstraße fiel Bulldogge Shorty einem Keiler zum Opfer.
KLOSTERNEUBURG (mp). "Gestern habe ich das Halsband gefunden - jetzt ist endlich alles von unserem Bub daheim", erzählt Barbara Zoth. Vergangenen Donnerstag Morgen war die Klosterneuburgerin mit ihrer Cousine und ihren Hunden in der Stadtgemeinde laufen. An diesem Tag wählten sie nicht die übliche Route, sondern liefen einen Forstweg, der Richtung Uferhaus links von der Rollfährenstraße abzweigt, entlang - ein Fehler "Ich hätte auf mein Bauchgefühl hören sollen", weiß sie jetzt. Die drei Hunde, die die beiden Frauen begleiteten, waren an der Leine. "Am Rückweg haben plötzlich die Hunde angeschlagen und ich hab ein großes schwarzes Tier am Wegrand im Gebüsch gesehen. Dort waren am Rand große Holzstöße von den Waldarbeiten - ich hab nur geschrieen 'schnell rauf da', wir haben die Hunde losgelassen und sind geklettert. Zwei Hunde sind in die eine Richtung davongelaufen, Shorty in die andere und der Keiler hinter ihm her", erinnert sie sich.
Rund fünf Minuten harrten Zoth und ihrer Cousine auf dem Holzstoß aus, bevor die Klosterneuburgerin den Tieren hinterherlief. Dank eines GPS-Trackers fand sie die rund 35 Kilo schwere, zweijährige amerikanische Bulldogge Shorty, der Hund ihres Freundes Sebastian Sgarz im Dickicht. Als sie näher kam fiel ihr jedoch eine lange Blutspur im Schnee auf, die bei dem Vierbeiner endete. Der Keiler hatte den Leib des Tieres aufgerissen. "Ich hab mit meiner Jacke versucht die Gedärme drinnenzuhalten, aber das ist immer wieder aufgegangen. Meine Cousine hat das Auto geholt und gemeinsam haben wir ihn dann aus dem Wald getragen", so Zoth. "In der Tierambulanz Kierling wurde er erstversorgt und die Wunden gereinigt. Die waren dort wirklich sehr bemüht. Dann sind wir sofort zur Vet (Anm.: Veterinämedizinische Universität) nach Wien gefahren, wo er operiert wurde", erzäht Sgarz. "Um halb 2 haben wir dann den Anruf bekommen, dass er es nicht geschafft hat", ergänzt Zoth.
Flucht auf's Autodach
Von der Tierärztin Susanne Weber der Tierambulanz Kierling erfuhren die 'Eltern' von Shorty, dass es schonmal einen Vorfall mit einem Keiler in der Gegend gab. "Eine Kundin füttert die Wildschweine und anderen Wildtiere im Wald. Ein Keiler kannte schon ihr Auto und wollte Futter - einmal musste sie aufs Autodach flüchten", erzählt Weber. "Aber das ist schon ein dreiviertel Jahr her und ich weiß auch nicht ob das so ganz stimmt. Außerdem kann man auch nicht sagen ob das der gleiche Keiler war", schwächt sie ab. Für sie sieht das ganze eher nach einer natürlichen Geschichte aus, ein blöder Zufall der daher rührt, dass der Keiler sich zum Beispiel bedroht fühlte oder sein Revier verteidigte.
Worum es den Hundebesitzern hier geht, ist jedoch nicht Mitleid zu heischen, sondern die Bevölkerung zu warnen. "Da sind auch Eltern mit Kindern oder Läufer unterwegs und es gibt nirgends eine Information. Man könnte ja zumindest zur Rauschzeit (Anm.: Paarungszeit der Wildschweine von Oktober bis Jänner) eine Hinweistafel aufstellen", sind die Beiden über die fehlende Warnung verärgert. "Hätte ich gewusst, dass es dort Wildschweine gibt, wäre ich wahrscheinlich woanders gelaufen", so Zoth. Die Forderung Hinweistafeln aufzustellen hält Herbert Jilch, Zuständiger für den Bereich Jagd der BH Tulln, eher für vermessen und auch Walter Hanzmann des Stift Klosterneuburg meint: "Was soll ich auf solche Hinweisschilder draufschreiben? 'Achtung Sie befinden sich in freier Natur, hier gibt es Wildtiere' - Hirsche, Biber, Wildschweine, wo fängt man an, wo hört man auf?"
Krank oder erschreckt
Woher das aggressive Verhalten des Keilers kommt, ist unklar. "Normalerweise sind die Tiere ja nicht aggressiv, aber sie sind aufgescheucht durch die Waldarbeiten. Ein Bekannter der Jäger ist, hat aber auch gemeint, dass es in seltenen Fällen auch bei Wildschweinen zu Tumoren im Hirn kommen kann, die so ein aggressives Verhalten auslösen", so Sgarz. Dass das Verhalten des Keilers nicht normal ist, bestätigen sowohl Jilch als auch Hanzmann. "Jedes Wildschwein rennt eigentlich davon und ein Keiler tut normal auch Hunden nichts", so Jilch. Dass das Tier krank ist hält er für unwahscheinlich aber dennoch möglich. "Wenn der Keiler aber wirklich etwas hat gehört er abgeschossen. Keiler kann man das ganze Jahr schießen - das ist vom Jagdgesetz her kein Problem", so Jilch.
Und genau das ist der Plan. "Schwarzwild ist an und für sich ein Fluchttier und Wildschweine sind nachtaktiv. Wir glauben nicht, dass das Tier krank ist. Es ist schwierig nachzuvollziehen warum das passiert ist. Baumfällungen haben zu dem Zeitpunkt dort nicht stattgefunden, aber vielleicht wurde das Tier aus einem anderen Eck des Waldes aufgeschreckt, ist geflüchtet und stand dann plötzlich vor den Läuferinnen. Da es nicht mehr auskonnte, könnte es deshalb in Selbstverteidigung übergegangen sein. Die beiden Damen trifft keine Schuld, sie sind scheinbar in eine unglückliche Situation geraten. Da man aber nicht mit Sicherheit sagen kann, dass das Tier gesund ist, ist es definitiv geplant es abzuschießen", so Hanzmann.
Achtung ist dennoch auch danach weiterhin geboten, denn nach der Paarung kommt bekanntlich das Gebären von Jungen. Die sogenannte Setzzeit ist bei Wildschweinen in den Monaten März/ April. "Es ist bekannt, dass Bachen (Anm.: weibliches Wildschwein) höchst aggressiv sein können wenn sie gerade setzen. Das sind sensible Tage", warnt die Tierärztin.
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