"Erlkönig" im Kreuzfeuer der Kritik

Harte Anschuldigungen werden auf einer Webseite gegen Gustav Kuhn erhoben. Der Maestro klagt nun.
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  • hochgeladen von Barbara Fluckinger

ERL (bfl). Es ist nur einer von vielen Vorwürfen, die im Rahmen der globalen #MeToo-Bewegung erhoben wurden, dennoch ist er schwerwiegend und er betrifft den Bezirk Kufstein selbst. Vor gut einer Woche wurde eine Reihe von Anschuldigungen gegen die Tiroler Festspiel Erl und den musikalischen Leiter Gustav Kuhn auf der Webseite "dietiwag.org" veröffentlicht. Der Tiroler Blogger Markus Wilhelm kritisierte in einem Beitrag neben "Hungerlöhnen" für Mitarbeiter und Künstler auch Praktiken Kuhns, der im Bericht als Tyrann dargestellt wird. Kuhn hat indes eine Klage beim Gericht in Innsbruck eingeleitet. Die Tiroler Festspiele Erl sprechen von "Verleumdungen". Der Verein "art but fair" kennt die Praxis der TFE seit Jahren.

Hungerlöhne und "Harvey"-Vorwurf

Horrende Zustände soll es laut "dietiwag.org" bei den Tiroler Festspielen gegeben haben. Dabei ist auf dem Blog von Markus Wilhelm die Rede von "Despotie, der Tyrannei und ... Machtmissbrauch". In zahlreichen anonymen Erlebnisberichten werden Schikanen, Probenterror und Erfahrungen von "Niederbrüllen und Fertigmachen" von Schauspielern und Solisten geschildert. Diese bleiben allerdings ohne Ausnahme anonym.
Kritisiert werden im Blog auch die "Hungerlöhne", mit denen die zum größten Teil aus dem Ausland stammenden Orchester bezahlt worden sein sollen. Die Zusammensetzung des Chors und Orchesters bei den Winterfestspielen Erl 2016/17 zeige jeweils 34 Mitglieder aus dem Minsker Orchester und Chor sowie 56 externe Mitglieder (diese aus dem Europäischen Ausland oder Ländern wie Mexiko und Brasilien). Für Tagesgagen von 38 Euro brutto sollen dort Künstler angestellt gewesen sein, wobei eine Gage in dieser Höhe bereits jene für einen "Privilegierter(en) und Besserbezahlter(en) aus Westeuropa" gewesen sein soll.
In einem weiteren Artikel zu dem Thema wurde zudem der Brief einer anonymen Solistin veröffentlicht, die darin von Erniedrigungen und Praktiken á la Harvey Weinstein durch Gustav Kuhn berichtet.

Land nimmt Stellung, Kuhn klagt

Der Maestro, Gustav Kuhn, habe mittlerweile eine Klage gegen den Urheber der Anschuldigungen auf der Webseite beim Gericht in Innsbruck eingeleitet, sagen die Tiroler Festspiele Erl in einer Stellungnahme: "Der Urheber muss eine Gegendarstellung innerhalb von acht Tagen abgeben, sonst muss er den Blog löschen. Er hat vier Wochen Zeit, auf die Klage zu antworten. Der geordnete Rechtsweg ist damit angeschoben, und Gustav Kuhn möchte daher zunächst von einer öffentlichen Stellungnahme absehen".
Das Land Tirol hat indes bereits Stellung zu den anonymen Vorwürfen bezüglich Lohn- und Sozialdumping bezogen. Laut dieser Stellungnahme wurden die Vorwürfe widerlegt: "Die anonymen Vorwürfe gegen die Tiroler Festspiele Erl, welche auf einer Website geäußert wurden, wurden von den zuständigen Kontrollbehörden (Tiroler Gebietskrankenkasse, Finanzamt Kufstein/Schwaz und Finanzpolizei) behandelt und dahingehend ausgeräumt, als von den Verantwortlichen die entsprechenden Sachverhalte geklärt wurden. Die in den vergangenen Wochen getätigten anonymen Anzeigen im Zusammenhang mit den geäußerten Vorwürfen wurden allesamt widerlegt."
Zu den Verleumdungen gegen Gustav Kuhn sagt das Land Tirol, dass "die Tiroler Festspiele Erl eine über die Landesgrenzen hinaus anerkannte Kulturinstitution sind, deren hohe künstlerische Qualität unter anderem mit der Verleihung des Österreichischen Musiktheaterpreises in der Kategorie 'Bestes Festival' im Juni 2017 untermauert wurde. Bei den gegen den künstlerischen Leiter erhobenen Vorwürfen handelt es sich um anonyme Anschuldigungen, von denen Land und Bund bislang keine Kenntnis hatten. Es liegt im Interesse aller Beteiligten, für umfassende Aufklärung zu sorgen. Das Land Tirol steht grundsätzlich für volle Transparenz. Für die Zukunft ist es wichtig, auch weiterhin ein positives Betriebsklima sicherzustellen, das von gegenseitigem Vertrauen und einem respektvollen Miteinander geprägt ist."

Liste Fritz fordert Aufklärung

Die Liste Fritz verlangt indes von der Landesregierung Aufklärung, Überprüfung und Transparenz zu den Tiroler Festspielen Erl. "Die auf 'tiwag.org' erhobenen Vorwürfe zu den Tiroler Festspielen Erl und deren Leiter Gustav Kuhn wiegen so schwer, dass Landeshauptmann Platter, Kulturlandesrätin Palfrader sowie die schwarz-grüne Landesregierung nicht einfach zur Tagesordnung übergehen können", sagt Liste Fritz-Landtagsabgeordnete Isabella Gruber. Laut Rechnungsabschluss 2016 seien unter dem Titel "Betriebszuschuss Festspiele Erl" exakt 676.000 Euro "geflossen" und für die Jahre 2017 und 2018 jeweils 581.000 Euro budgetiert.  "Für die Kontrollpartei Liste Fritz gilt, wo Steuergeld der Tiroler drinsteckt, muss auch Kontrolle draufstehen. Wir verlangen volle Aufklärung zu den erhobenen Vorwürfen, absolute Transparenz und ernsthafte Aufarbeitung“, so Gruber.

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