Schwoich baut neuen Kindergarten "doppelt" – als 3D-Digitalmodell und danach in echt

AGA-Bau-Mitarbeiter Jakob Noggler mit VR-Brille "im" Kindergarten-Neubau
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SCHWOICH (nos). Schwoichs Bildungseinrichtungen brauchen Platz, das ist dem Gemeinderat schon seit Jahren bekannt. "Die Gemeinden müssen immer schauen mit der Infrastruktur die Bedürfnisse der Bevölkerung abzudecken", erklärte Bürgermeister Josef Dillersberger, "die Gemeinde Schwoich wächst, darum ist es für uns nur logisch, dass hier etwas passieren muss". Die Volksschule braucht mehr Klassen- und der Kindergarten mehr Gruppenräume. Darum werde der derzeit in der VS untergebrachte Kindergarten nach dem Neubauabschluss 2020 "ausziehen", was damit der VS zusätzliche Räume beschert. Auf einem Grundstück der Kirche wird im Nahebereich ein neuer Kindergarten errichtet, die Fläche wurde auf Baurechtsbasis für 50 Jahre zur Verfügung gestellt.

3,5 Millionen Euro netto werde der neue Schwoicher Kindergarten kosten, davon wird die Gemeinde etwa 1,47 Millionen Euro selbst tragen müssen, teilweise über ein Bankdarlehen. Rund 2,03 Millionen Euro kommen für dieses Projekt aus gleich drei Fördertöpfen des Landes Tirol, wie LR Johannes Tratter aufschlüsselt: "Aus dem Bildungsbudget von Kollegin Palfrader wurden über eine 'Paragraph 15a-Vereinbarung' 500.000 Euro zugesagt, aus den Mitteln des Gemeindeausgleichsfonds, der in meine verantwortung fällt, 1,2 Millionen Euro und aus dem Budget für Schulen und Kindergärten werden es rund 330.000 Euro sein, das werden wir aber erst mit der Endabrechnung genau wissen."

Digitale Baustelle in "Virtueller Realität"

Für die Planung des Neubaus wurden von Gemeinde und Generalplaner "AGA-Bau-Planungs GmbH" aus Kufstein schon früh die Nutzerinnen mit einbezogen. Mittels "Virtual Reality"-Brillen wird im "BIM"-Verfahren die Baustelle begeh- und erlebbar, noch bevor der Spatenstich erfolgt. So konnten die Kindergartenpädagoginnen sowie Fachexpertin Stefanie Reinheimer, Inhaberin des Beratungsunternehmens "fokus elementar" in Innsbruck, ihre Anregungen, Wünsche und Feedbacks einbringen. "Die Visualisierungen waren uns eine große Hilfe", meinte dazu Kindergartenleiterin Martina Strasser.
"Building Information Modeling"("BIM", deutsch: Bauwerksdatenmodellierung) soll die Arbeitsprozesse von der Planung bis zur Fertigstellung effektiver und überschaubarer machen. In der klassischen Bauplanung erstellt ein Architekt einen Entwurf und zeichnet diesen mit Hilfe von CAD-Systemen auf. Zur Kostenkalkulation wird eine Mengenermittlung auf Basis der Zeichnungen erstellt.  Wird etwas geändert, müssen die Zeichnungen geändert werden, die Mengenermittlung muss angeglichen werden, alle Beteiligten erhalten aktualisierte Zeichnungen und müssen diese mit ihren Fachplanungen abgleichen. Dies verursacht einen erheblichen Koordinierungs- und Arbeitsaufwand, der mit BIM deutlich reduziert werden kann.
Dabei nimmt der Architekt oder Fachplaner Änderungen an der Projektdatei, dem 3D-Modell vor. Diese Änderungen sind für alle Beteiligten, sowohl als Zeichnung als auch als Datenpaket, direkt verfügbar. Massen und Stückzahlen, die zum Beispiel als Grundlage zur Kostenkalkulation dienen, werden automatisch abgeglichen.

"Eine Baustelle ist üblicherweise durchaus chaotisch", stellte Baumeisterin Adriane Gasteiger (AGA) fest, "darum haben wir hier einen anderen Ansatz. Wir bauen zweimal: einmal digital im 3D-Modell und dann real. Damit gibt es auf der Baustelle auch keine Diskussionen mehr."
Sowohl die Planer und Auftraggeber, als auch die einzelnen Gewerke können anhand des digitalen 3D-Modells alle Planungen, Arbeitsschritte, Maße, Materialien und vieles mehr untereinander abstimmen. Ob Türknaufhöhen, Raumgrößen oder Einbaumöbel, "das kann ich alles im 3D-Modell bereits sehen", so Gasteiger. "Intelligente Objekte" nennt die Expertin die einzelnen modellierten Teile, denn im digitalen Plan sind alle notwendigen Daten abrufbar. "Der Bauherr erlebt keine Überraschungen mehr, und genau da wollen wir hin", sagt Gasteiger. So seien auch Kostendeckel und Ausführungstermine leichter einhaltbar.
"Das System ist etwas ganz gescheites", meinte LR Tratter dazu. Bgm Dillersberger hielt fest, dass es sich in Schwoich eingebürgert habe "nicht zu hudeln". Darum strebe die Gemeinde den Baustart zum neuen Kindergarten im Frühjahr 2019 an, fertiggestellt werden soll er im Sommer 2020.

Forschung mit an Bord

Die Universität Innsbruck, Arbeitsbereich Baubetrieb, Bauwirtschaft und Baumanagement ("i3b"), wird den Kindergartenneubau in Schwoich wissenschaftlich begleiten, wie Georg Fröch erklärt: "Wir beschäftigen uns in Lehre und Forschung schon länger mit BIM. Dieses Thema lebt von der Verbindung mit der Praxis, Forschung im Elfenbeinturm ist hier nicht zielführend." Aus diesem Grund werden Studierende Masterarbeiten zu Themen wie Brandschutz-Planung und Qualitätskontrolle in Verbindung mit BIM verfassen, eine Dissertation zur Prozessgestaltung is ebenso geplant, wie ein Schwerpunkt zum Komplex Digitalisierung und KMU. Der Arbeitsbereich "i3b" verstehe sich auch als Anlaufpunkt für Unternehmen, die am Anfang von BIM-Anwendungen stehen.
"Anton Gasteiger und ich beschäftigen uns schon seit vielen Jahren mit BIM. Wir wissen, dass die Digitalisierung für viele unserer Betriebe ein Problem darstellt, ein Umstieg wird nicht allen gelingen. Was hier stattfindet, ist ein Strukturwandel am Bau", erklärte dazu WK-Landesinnungsmeister Anton Rieder. "Wir stellen den am Bau beteiligten Firmen alles zur Verfügung, was sie brauchen", so Anton Gasteiger.

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