Generalvikar Guggenberger: "Es liegt an Christen, Tradition zu pflegen"

Engelbert Guggenberger über Osterbräuche in Kärnten | Foto: Pressestelle/Neumüller
  • Engelbert Guggenberger über Osterbräuche in Kärnten
  • Foto: Pressestelle/Neumüller
  • hochgeladen von Gerd Leitner

KÄRNTEN. Generalvikar Engelbert Guggenberger sieht Christen selbst in der Pflicht, Bräuche für ihren Erhalt zu pflegen. Das WOCHE-Interview:

WOCHE: Die Wirtschaft wächst wieder, der Konsum steigt. Welche Rolle messen Sie dem Fasten in so einer Zeit zu?
ENGELBERT GUGGENBERGER: Das Fasten hat für Christen vor allem eine spirituelle Dimension und zielt auf die Wiedergewinnung unseres Ich. Es geht darum, die in uns schlummernden Kräfte des Leibes und der Seele wieder neu zu aktivieren. Durch Reduktion und Verzicht werden wir vor die Frage gestellt: Worum geht es mir im Leben? Was möchte ich eigentlich und wo möchte ich wesentlich sein? Woher definiere ich mich? So können wir wieder neu die eigene Mitte entdecken und neuen Halt finden.

Ist Fasten auch als reinigende Vorbereitung zu verstehen? Haben Sie das Gefühl, dass neben gesundheitlichen Aspekten der spirituelle zu kurz kommt?
Das eine schließt das andere nicht aus. Weil der Mensch eine Ganzheit aus Leib, Geist und Seele ist, spielt es keine große Rolle, ob man in der leiblichen oder geistigen Dimension ansetzt. Selbst wenn man das Fasten nur aus gesundheitlichen Gründen pflegt, wird sich das früher oder später auch positiv auf das seelische Befinden auswirken. Und vielleicht machen wir dann die Erfahrung, dass der Mensch - wie die Bibel sagt - nicht vom Brot allein lebt, sondern auch vom guten Wort und wir entdecken die wunderbare Botschaft vom Leben, die uns das Osterevangelium schenkt.

Das Osterfest steht vor der Tür - es ist Tradition. Vermissen Sie den Glauben beim Fest?
Ich möchte das kirchliche Brauchtum, das wir gerade zu Ostern so vielfältig pflegen, nicht gering schätzen. Es ist das bunte Kleid, in welches wir die Feste des Glaubens hüllen. Die verschiedenen Bräuche und Riten sind von unseren Vorfahren eigens dafür entwickelt worden, dass wir uns den Glauben sozusagen spielerisch aneignen können. Die Feiern in der Kirche können dann auf dieser guten Grundlage aufbauen und den Hintergrund des Festes weiter erschließen, dass wir nämlich in der Liebe Gottes geborgen sind, was immer auch in unserem Leben geschehen mag.

Einige Kräfte - auch in Kärnten - schüren Ängste vor dem Verlust der österreichischen Tradition durch Zuwanderung, auch der kirchlichen. Befürchten auch Sie diesen ebenfalls?
Die Befürchtungen richten sich, wenn ich es richtig interpretiere, nicht grundsätzlich gegen Zuwanderung, sondern gegen eine unkontrollierte Form der Zuwanderung. Ängste treten auf, wenn die Menschen das Gefühl haben: der Staat ist überfordert. Das gilt es zu vermeiden. Ein bestimmtes Maß an Zuwanderung hat es aber immer schon gegeben, und das hat unserer Gesellschaft auch gut getan. Und was unsere Identität anbelangt, so liegt es wohl in erster Linie an uns selber unsere Kultur zu pflegen und unsere Bräuche zu praktizieren und nicht die Schuld an deren Verdunstung - so dies der Fall sein sollte - allein bei anderen zu suchen.

Und: Was können Christen - vielleicht gerade zu Ostern - beitragen, um das Fest und vor allem ihren Glauben sicht- und spürbarer zu machen?
Ich glaube, da leisten Christen bereits einen großen und unschätzbaren Beitrag für die Gesellschaft, indem sie privat in ihren Familien und in der Öffentlichkeit ihrer Pfarrgemeinden das Osterfest gestalten und feiern und so bezeugen, dass unser Leben über jede irdische Grenze hinweg Zukunft hat.

Politisch steht Fastenzeit und auch Ostern im Zeichen einer neuen Landesregierung. Was erwarten Sie von ihr?
Dass sie die auf Sachlichkeit und gegenseitigen Respekt gegründete Politik der vorausgegangenen Regierung fortsetzt und in diesem guten Stil die anstehenden Herausforderungen bewältigt.

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Du willst eigene Beiträge veröffentlichen?

Werde Regionaut!

Jetzt registrieren

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.