Hicker fragt nach: Wie viel Affe steckt eigentlich noch in uns?

Wieviel Affe steckt in uns? Verhaltensforscher Gregor Fauma war zu Gast bei "Hicker fragt nach" auf P3tv. | Foto: p3tv
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OSWALD HICKER: Herzlich willkommen bei „Hicker fragt nach“. Mein heutiger Studiogast ist Verhaltensbiologe Gregor Fauma. Herzlich willkommen bei uns.
GREGOR FAUMA: Vielen Dank für die Einladung.

Herr Fauma, Sie haben ein Buch geschrieben, es heißt „Unter Affen“. Und muss ich mir das jetzt so vorstellen aufgrund Ihrer Kostümierung, wir haben zwar Fasching, aber, haben Sie im Dschungel das Vertrauen von Affen auf diese Art und Weise erobert. Oder worum geht es in dem Buch?
Na in dem Buch geht es darum, dass ich mir im Großstadtdschungel mir Unternehmen angesehen habe, und überlegt habe, welche Verhaltensmuster von uns Affen, die eigentlich immer noch in uns drinnen stecken, sind heute noch beobachtbar? Und da gibt es unglaublich viele Mechanismen wo, ich nenne das gerne den evolutionären Co-Pilot, der das Steuer übernimmt und uns dann durch den Unternehmensalltag führt. Einfach das alltägliche Verhalten der Menschen am Arbeitsplatz, das habe ich zusammengefasst in meinem Buch „Unter Affen“ und damit man sozusagen gut getarnt ist unter den anderen Affen bin ich halt mit der Maske unterwegs.

Sie sagen ja, in uns tobt noch der Uraffe und vielleicht nehmen Sie jetzt einmal die Maske herunter, weil es ja eigentlich auch ein ernstes Thema ist und dann können wir von Angesicht zu Angesicht über den Uraffen in uns reden.
Sehr gerne.

Also Sie haben sich nicht in den Dschungel begeben, sondern Sie sind so der Antal Festetics der Büros gewesen oder der Großkonzerne. Welche Verhaltensweisen trifft man da an, die noch äffisch sind in uns?
Das ist ein bissel zu viel der Ehre. Aber man trifft unglaublich viel an. Weil, letztendlich waren wir, wenn ich das demonstrieren darf, fast 15 Millionen Jahre mit solchen Teilen als Werkzeugen unterwegs und wir haben uns weitergeholfen – ich weiß nicht – um irgendwas zu zertrümmern oder einem Gegner zu imponieren oder zu zeigen wie stark man ist. Und erst nach 15 Millionen Jahren von so einem Gebrauch sind wir zu dem hier gekommen, zu einem modernen Mobiltelefon und das stellt das ganz gut dar. Das heißt, unsere Hände sind unglaublich geschickt, wenn es darum geht, mit einem Knochen umzugehen. Wir sind angepasst an eine Zeit, die in der Savanne stattgefunden hat. Von den Bäumen runter in die Savanne vor 15 Millionen Jahren. Und unsere moderne Lebensform, die wir uns geschaffen haben, die ist lächerliche paar tausend Jahre alt. Das ist viel zu kurz, als dass man es jetzt schon in uns in dem Maße feststellen kann, wie all jene Dinge, die wir uns eigentlich sozusagen angepasst haben an die Umgebung der Savanne. Wir waren unterwegs und waren eigentlich die klassischen Opfer in der Zeit, ja. Wir waren nicht stark, wir waren nicht schnell, wir waren nicht gefährlich und wenn einem ein Säbelzahntiger die Pfote auf die Schulter gelegt hat, war keine Zeit für einen Sesselkreis. Ja?

Ok.
Das heißt, da war einfach kämpfen, rennen und dafür sind wir angepasst. Und wenn wir heut zum Beispiel nehmen wir ein Meeting her und die Tatze des Säbelzahntigers ist mehr oder weniger vielleicht die Kritik vom Abteilungsleiter, der sagt, lieber Mitarbeiter, was du da in den letzten Wochen abgeliefert hast, sorry, ist echt Mist, so kann es nicht weitergehen. Und das passiert vor den Kolleginnen und Kollegen, dann laufen in uns genau jene Mechanismen ab. Das Herz fängt zu pumpen an, wir kriegen einen Extraschub Energie.

Da bricht der Uraffe
Bricht der Uraffe aus.

Durch.
Wir spüren das auch. Und das ist die sozusagen die Anpassung an die vergangene Zeit, weil wir können jetzt nicht im Seminarraum oder Meetingraum einfach zu kämpfen beginnen oder davon rennen. Aber wir spüren wie die Emotion in uns hoch steigt. Wir kriegen höchst wahrscheinlich einen roten Schädel, wir ballen die Faust. Wir bauen möglicherweise eine Aggression auf, eine immense. Und wenn man in der Situation jetzt versucht zu antworten oder eine kluge Entscheidung zu treffen, dann wird das nicht klappen, weil es wird unser Wahrnehmungstrichter ganz eng. Wir nehmen nicht mehr alles wahr, was um uns herum passiert. Wir glauben eine Lösung zu sehen unter dem Einfluss von diesen extremen Emotionen und rennen auf die Lösung zu. Das war seinerzeit gut, sag ich einmal, im Pleistozän, aber heute führt das zu gar nichts. Heute kann man nur warten eigentlich. Zeit verstreichen lassen, warten, dass die Emotionen wieder ein bisserl herunter kommen, dass man wieder einen klaren Kopf kriegt. Das kann Stunden dauern, das kann aber auch Tage dauern. Und ich mag den Spruch ganz gern, der sagt, heißes Hirn denkt nicht gut. Und man muss sich selber überlegen, ist man schon ausreichend abgekühlt und das was geschehen ist tatsächlich von unterschiedlichen Perspektiven zu bewerten und dann möglicherweise zu sagen, der Vorwurf war berechtigt, oder ich finde eine Replik, die auch mein Gegenüber gut aussehen lässt, damit es dann nicht zu einer Eskalation kommt.

Jetzt, wenn man sagt, der Uraffe, der war ja nicht nur mit Säbelzahntigern konfrontiert, sondern der war sozial in Gruppen. Und da hat es ja auch Hierarchien gegeben zum Beispiel. Da hat es Silberrücken gegeben und man musste Brusttrommeln, auch das wird sich ja heute noch finden.
Im Grunde geht es in großen Unternehmen zu wie auf einem Pavianhügel. Da sitzen alle, haben ihren Platz und oben sitzt der Chef und schaut sich das an und der, wie soll man das sagen, das Alphamännchen, der Chef in der Gruppe hat in Wahrheit eine Aufgabe, eine ganz entscheidende, das ist für Frieden zu sorgen. Wann immer junge Emporkömmlinge versuchen, ein klein wenig ihren Status zu verbessern und an dem der anderen zu nagen, Allianzen zu schließen um weiter nach oben zu kommen, entsteht in der ganzen Gruppe Unruhe, weil die kriegt das mit, das da was passiert.
Und jetzt muss die Führungskraft, bei den Affen ist das das Alphamännchen, eingreifen, und mit einem, sagen wir mal, sehr deutlichen Verweis, der durchaus auch physischer Natur sein kann, die Leute wieder auf ihren Platz verweisen. In dem Fall sind es die Affen, das man, gib eine Ruhe, das ist deine Position und bitte bewahr das, und übertragen in das Berufsfeld ist das dasselbe. Also das wäre eigentlich die Hauptaufgabe der Führungskraft, ist es für Frieden zu sorgen. Weil wenn in einem Team zum Beispiel in einer Abteilung nur noch getratscht wird, warum der eine bevorzugt wird und der andere benachteiligt, und warum der am Fenster sitzen darf und der andere mit dem Rücken zum Büro, das ist keine produktive Situation mehr. Ja, sondern, da muss man schauen, dass jeder das tut, wofür er eigentlich bezahlt wird.

Spielen da eigentlich, also im Tierreich da gibt es den Silberrücken. Da sieht man auch nach außen, dass das jetzt das mächtigste Männchen ist. Spielt das auch in der Berufswelt noch eine Rolle? Die Kleidung zum Beispiel? Auch da zu imponieren, oder ein stolzer Pfau, der mit seinem Federkleid imponiert. Ist das auch in Firmen noch immer so?
Also das Imponiergehabe begleitet uns im Grunde von dem Moment wo wir zur Arbeit fahren bis zu dem Moment wo wir nach Hause kommen. Ah. Wo darf ich zum Beispiel mit dem Auto parken vorm Unternehmen? Bin ich weit weg und muss noch zehn Minuten durch den Gatsch gehen oder habe ich einen überdachten Parkplatz womöglich mit Namensschild, wo ich meinen Firmenwagen hinstellen darf? Stichwort Firmenwagen: Habe ich einen A4, einen A6 oder habe ich einen A8 mit Chauffeur? Das sind ja alles Symbole im Grunde wie der weiße Rücken vom Chef bei den Affen, die ich mit Statussymbolen zeig. Das ist das Schuhmodell, das ist der Anzug, das ist das Brillenmodell und das ist selbstverständlich natürlich auch das mobile Endgerät. Womit wachle ich die die ganze Zeit in der Luft herum? Habe ich ein veraltetes Handymodell, das vier, fünf Jahre alt ist oder habe ich immer das neueste und zeig es einem jedem. Habe ich einen superschnellen Laptop oder habe ich einen alten Kübel. Habe ich ein großes Büro zur Verfügung mit großer Fensterfront, wo man über die ganze Stadt sieht oder sitze ich in einem düsteren, miefigen Großraumbüro mit ganz vielen anderen? Das sind alles Statussymbole und wir kämpfen um die. Und da fangt die Führungskraft wieder an zu steuern. Weil wer bekommt denn das neue Notebook, wer bekommt denn das neue Handy? Ja? Wer darf sich den Arbeitsplatz aussuchen, wenn ein Unternehmen übersiedelt? Und hier kann man steuern, als Führungskraft eingreifen, und sagt, dem gebe ich das Statussymbol und dem nehme ich es möglicherweise weg. Und wenn man hier was falsch macht, dann entsteht Tratsch, dann entsteht Unzufriedenheit in der Gruppe, und dann haben wir wieder das, was am wenigsten produktiv ist, nämlich wirklich, dass man sich nur noch mit diesen ...

... mit sich selber beschäftigt
... Themen auseinandersetzt. Und nicht mit der Arbeit.

Frage. Auf so einem Pavianhügel: Irgendwann einmal kommt für jeden Anführer die Zeit, wo er abgelöst wird. In dem Fall wahrscheinlich verjagt oder vertrieben oder verbissen. Welche Paviane, kann man das beobachten, sind die erfolgreicheren? Die auf Kooperation setzen oder die starken Einzelkämpfer? Und kann man das Ummünzen auf einen Betrieb, wenn man nach oben will?
Ich denke, in der Regel, also wissen tu ich es nicht, aber wenn ich das zusammenfasse, was ich gelernt habe, ist wahrscheinlich eine gemischte Strategie am sinnvollsten. Das heißt, prinzipiell funktioniert Kooperation. Kooperation steckt sag ich einmal vor allem in uns Menschen drinnen, weil es erfolgreich ist, weil sich die Kooperativen finden, zusammenschließen und gegen die einzelnen wenigen Nicht-Kooperativen Allianzen bilden können. Jedoch hin und wieder so zusagen den Starken heraushängen zu lassen, eine brutale Entscheidung zu treffen, kann natürlich auch Prozesse beschleunigen, wenn es darum geht, Karriere zu machen. Und gerade dann, und das haben Studien gezeigt, wenn es zum Ende einer Zusammenarbeit kommt, wenn man weiß, ich werde in den nächsten Monaten meine Abteilung verlassen oder eine andere Position einnehmen, dann hören die Menschen auf zu kooperieren. Dann fangt wieder sozusagen der Egoismus an, dann werden die Ellbogen weiter rausgestreckt, weil, wozu soll ich jemandem entgegenkommen, wenn ich weiß, der wird, von dem wird nichts mehr zurückkommen, weil der wird weg sein. Ja. Und das ist selbstverständlich zu beobachten.

Jetzt sagen Sie, diese Urprogramme sind in uns, die menschliche Entwicklungsgeschichte, ein paar tausend Jahre ist viel zu kurz. Glauben Sie, geht es ganz ohne dem, dass man uns vielleicht doch weiterentwickeln irgendwann einmal den Menschen 2.0 haben werden und sagen, okay, wir können den Affen in uns mehr oder weniger still legen?
Mein Resümee, das im Grunde auch beim Schreiben des Buches entstanden ist, dass wir uns nur dann weiterentwickeln können, wenn wir uns selbst erkennen, wenn wir erkennen, wie wir ticken, warum wir so ticken, und dann können wir quasi auf so eine Position gehen, wir von einem Baum herunter oder von einem anderen Planeten auf die Erde schauen und sagen: In Wahrheit sind wird noch dieselben Affen. Und wenn ich das erkenne, nehme ich mich weniger Ernst und kann beginnen, an meiner Entwicklung zu arbeiten. Wenn ich erkenne, dass ich unter Emotionen eigentlich stereotype Verhaltensmuster zeig, kann ich warten bis die Emotionen weg sind um erst dann zu reagieren. Wäre ein kleiner Schritt in Richtung Fortschritt. Also dieses Spiegelvorgehaltenbekommen, was das Buch macht, ist meines Erachtens der erste Schritt zur Lösung.

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