Wieviel Schulden hat Niederösterreich wirklich?

Das niederösterreichische Landesbudget: Für die einen "zukunftsfähig und nachhaltig", für andere "niederträchtig und gefährlich" – die Bezirksblätter liefern 10 Antworten auf 10 wichtige Fragen zum Landesbudget 2018
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  • hochgeladen von Martin Rainer

Für die ÖVP ist das NÖ-Landesbudget für 2018 "zukunftsfähig und nachhaltig". Für die Grünen "niederträchtige, gemeine Politik der ÖVP – in Zahlen gegossen."

Viele Mythen, Gerüchte und Emotionen ranken sich um die Finanzpolitik der Landesregierung. Die Bezirksblätter haben das Budget für 2018 gelesen und bringen die nüchternen Zahlen hinter der aufgeheizten Debatte.

1: Wieviel neue Schulden macht das Land Niederösterreich im kommenden Jahr?

Dazu gibt es die unterschiedlichsten Berechnungsmethoden. VP Landesrat Ludwig Schleritzko spricht von einem "strukturellen Nulldefizit", kaum jemand weiß aber was das bedeutet. Diese Formulierung heißt nur, dass Niederösterreichs Verschuldung unter 0,1% des Bruttoinlandsprodukts liegt, und somit EU-konform ist. Tatsächlich bedeutet das aber nicht, dass Niederösterreich keine neuen Schulden macht. Am einfachsten ist es, wenn man - wie bei einem privaten Haushaltsbuch - die Einnahmen und die Ausgaben gegenüberstellt.

Landeseinnahmen 2018
8,642 Milliarden Euro

Landesausgaben 2018
8,871 Milliarden Euro

Das heißt, das Land gibt im kommenden Jahr um 229 Millionen Euro mehr aus, als es einnimmt.

2: Wieviel Schulden hat das Land Niederösterreich insgesamt?

Die Gesamtverschuldung aktuell beträgt insgesamt rund vier Milliarden Euro. Im Laufe der Jahre entwickelt sich der Schuldenstand nach oben.

3: Ist Niederösterreich überschuldet? Können wir das je zurückzahlen?

Wieviel Schulden man aufnehmen kann, hängt auch mit der Höhe des Einkommens zusammen. Niederösterreich hat 2017 rund acht Milliarden Euro Einnahmen und rund 4 Milliarden Euro Schulden insgesamt. Das heißt, Niederösterreich hat Schulden von der Hälfte des Jahreseinkommens. Zum Vergleich: Der Bund hat insgesamt zweieinhalb mal mehr Schulden als Jahreseinkommen. Legen wir das auf Dimensionen von Otto Normalverbraucher um, ergibt das folgendes Bild:

Eine Person die 30.000 Euro netto im Jahr (2.150 Euro im Monat) verdient, hätte somit auf Landesmaßstäbe umgerechnet rund 15.000 Euro Gesamtschulden.
Beim selben Jahreseinkommen von 30.000 Euro hätte der Bund 75.000 Euro Schulden.

4: Warum hat Niederösterreich im Vergleich zu anderen Bundesländern relativ hohe Schulden?

Die Schuldenstände der Bundesländer beruhen auf völlig verschiedenen Grundlagen. Einen großen Brocken an Ausgaben in Niederösterreich verursachen die Landeskliniken. Die sind in Niederösterreich im Landesbudget abgebildet. Alle anderen Bundesländer haben auch hohe Ausgaben für die Kliniken, aber sie sind nicht im Landesbudget eingerechnet. Außer Niederösterreich bildet nur noch Wien den Kostenfaktor Kliniken auch im Budget ab, die sieben anderen Bundesländer tun dies nicht. Somit kann man die Budgets auch nicht vergleichen.

5: Ist Niederösterreich der nächste Bankrottkandidat nach Kärnten?

Insgesamt ist die Verschuldung des Landes im Vergleich zu den Einnahmen moderat (siehe oben). Es gibt aber Statistiken, wonach Niederösterreich die zweithöchste Pro-Kopf Verschuldung aller Bundesländer nach Kärnten hat. Man muss dabei aber nicht nur die Höhe der Schulden im Vergleich zum Einkommen sehen, sondern auch die Höhe der Schulden im Vergleich zum Vermögen. Und da sieht es so aus:

Gesamtverschuldung Niederösterreich
4 Milliarden Euro
Finanzvermögen Niederösterreich
5,7 Milliarden Euro

Das heißt Niederösterreich hat mehr Finanzvermögen als Schulden. In dieser Rechnung steht Niederösterreich an viertbester Stelle in Österreich. Nur die westlichen Bundesländer Vorarlberg, Tirol und Salzburg liegen besser. Alle anderen, ostösterreichischen, Bundesländer sind schlechter.

6: Was ist nun dieses Finanzvermögen?

Hier geht es nicht um Anlagevermögen wie Krankenhäuser, Straßen oder Immobilien. Das Finanzvermögen setzt sich ausschließlich aus Geldwerten zusammen.

7: Woraus setzt sich dieses Finanzvermögen genau zusammen?

Nicht ganz die Hälfte dieses Finanzvermögens sind die berühmten Veranlagungen von Wohnbaugeldern. Insgesamt sind davon noch 2,5 Milliarden Euro vorhanden. Diese Veranlagungen werfen derzeit Zinserträge in der Höhe von 3,4 Prozent ab.
Das ist weit mehr als auf einem Sparbuch, die Veranlagung ist aber "konservativ", das heißt es wird in keine Risikoanlagen investiert. Ein großer Teil des Geldes ist in Anleihen wie Rentenfonds angelegt.
Der Rest des Finanzvermögens sind offene Darlehen. Das heißt das Land hat das Geld in zigtausende Häuslbauer "investiert", die ihre Landesdarlehen zuverlässig zurückzahlen. Ausfälle sind hier kaum zu erwarten.

8: Ist das Budget "unsozial", weil 20 Millionen Mindestsicherung eingespart wurden?

Dazu muss man die Gesamtausgaben im Sozialbereich betrachten. Es stimmt, dass die Landeszuschüsse zur Mindestsicherung sinken. Insgesamt steigt das Gesamtbudget im Sozialbereich aber an. Insgesamt gibt das Land genau die Hälfte des Jahresbudget für Soziales aus. Derzeit sind die Sozialausgaben genau 50 Prozent, im Vorjahr waren es noch 49%, der Anteil am Gesamtkuchen stieg also um einen Prozentpunkt. Das Sozialbudget setzt sich wie folgt zusammen:

Soziale Zuschüsse
1,8 Milliarden Euro (20% des Gesamtbudgets)
Landeskliniken
2,4 Milliarden Euro (26% des Gesamtbudgets)
Pflege
361 Millionen Euro (4% des Gesamtbudgets)

9:Wird das Geld aus der Mindestsicherung in Straßenbau investiert?

Während das Gesamtbudget für Soziales steigt, sinkt jenes für Straßenbau.
Im Vergleich zu 2017 sinkt das Straßenbaubudget um 11 Millionen Euro (- 2,5 Prozent). Das Budget für Öffis steigt genau um diese 11 Millionen Euro (+ 8 Prozent) an. Der Vorwurf, die eingesparte Mindestsicherung würde für mehr Straßenbau ausgegeben, ist also nicht nachvollziehbar.

10: Warum "überzog" das Land Niederösterreich die geplanten Budgets in den vergangenen Jahren?

Die Grünen kritisieren, dass die Endabrechnung der vergangenen Jahre immer ein höheres Defizit ergeben hat als geplant. Das stimmt auch. Wieso kommt das zustande? Konkret führen die Grünen an, dass etwa 2016 geplant war, 214 Millionen Euro neue Schulden zu machen. Tatsächlich waren es aber 287,5 Millionen Euro.

ÖVP-Landesrat Schleritzko argumentiert diese Mehrausgaben mit der Flüchtlingskrise. Die Betreuung der Flüchtlinge hat alleine 107 Millionen Euro zusätzlich gekostet. Dies sind ungeplante Ausgaben, die aber alternativlos seien. Genau so wenig können Hochwasserkatastrophen oder Schneechaos vorhergesagt werden. Dafür gibt es zwar Planungen im Budget, wenn aber Extremereignisse eintreten, kann man nicht sagen: "Das Geld ist aus, sorry, wir können nicht helfen."

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