Wolfgang Sobotka im Interview: "Brauchen keine Spitzel"

"Die Wirtschaft braucht eine Flexibilisierung. Man muss dann arbeiten, wenn man Arbeit hat." - Innenminister Sobotka im Interview mit Bezirksblätter-Chefredakteur Oswald Hicker | Foto: Markus Berger
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Der NÖAAB fordert eine Arbeitszeitflexibilisierung. Was meinen Sie damit?
Wir wollen weggehen von der Tagesarbeitszeit hin zu einer Wochenarbeitszeit. Diese sollen sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber in beiderseitigem Einverständnis selbst einteilen können. Dabei ist wichtig, dass elf Stunden Ruhezeiten eingehalten werden, und einmal pro Woche eine Ruhezeiteneinheit mit 36 Stunden stattfindet. Das kann am Wochenende sein, aber auch unter der Woche. Die Überstundenbezahlung muss natürlich aufrecht bleiben.

Dazu müssten viele Kollektivverträge geändert werden.
Uns ist wichtig, dass die Vereinbarungen in den einzelnen Betrieben getroffen werden. Die großen Kollektivverträge sind auf nationaler Ebene zu regeln, die genaue Ausgestaltung muss im Betrieb passieren. Das hätte auch zum Vorteil, dass man in jedem Betrieb eine Arbeitnehmervertretung und einen Ansprechpartner hätte. Das muss kein Betriebsrat sein, sondern ein Arbeitnehmervertreter, der das dann verhandelt.

Warum ist das so wichtig?
Weil die Wirtschaft eine Flexibilisierung braucht. Man muss dann arbeiten, wenn man Arbeit hat. Ein Beispiel: Früher sind die Bauarbeiter im Jänner und Februar stempeln geschickt worden. Da ist es wesentlich besser, dass sie im restlichen Jahr mehr Stundenkontingente arbeiten, dafür dann im Winter eben weniger. Ich brauche ihn dann im Winter nicht mehr zum AMS schicken, sondern er konsumiert dann Zeitausgleich. So bleibt er beschäftigt und hat das normale Gehalt. Dann fallen auch die Probleme mit den fehlenden Pensionszeiten, mit der Krankenversicherung weg.

Glauben Sie, dass sich der NÖAAB mit diesem Modell bundesweit durchsetzen kann?
Wir haben schon viele Modelle weitergebracht. Etwa in Fragen des Kilometergeldes, des Pendlerpauschales und zuletzt bei der Mindestsicherung. Und hier glaube ich, werden wir wieder erfolgreich sein. Wir beschäftigen uns mit Zukunftsfragen. Denn mit Fortschreiten der Digitalisierung werden starre Arbeitszeitmodelle überhaupt obsolet.

Sie meinen etwa Heimarbeiter, die sich ihre Arbeitszeit jetzt schon sehr frei einteilen können?
In Niederösterreich gibt es ja eine Breitbandinitiative. Wir verlegen Glasfaserkabel im ganzen Land. Dann wird es bald möglich sein, dass der Arbeitnehmer sagt, ich mache zwei Tage in der Woche Home-Office. Und dann teile ich mir das so ein, dass ich halt 13 Stunden arbeite. Dafür erspare ich mir einen Tag das Pendeln. Warum nicht? Das wird in Zukunft Alltag sein.

Sie haben mit dem Alois Mock Institut mit 130 NÖ-Bürgermeistern Zukunftsthemen erarbeitet. Was sind die brennendsten Themen?
Sicherheit ist DAS Zukunftsthema. Das haben die Gemeinden immer schon gespürt, aber nie in dem Maße wie heute. Denn die Herausforderungen werden komplexer. Wir haben etwa unserer kritischen Infrastruktur nie Crash-Szenarien auferlegt. Das fängt bei der Stromversorgung an. Wenn man die lahm legt, funktioniert nichts mehr. Uns geht es darum, dass jede Gemeinde ein Sicherheitsforum gründet. Dort sollen Sicherheitspartner von Blaulichtorganisationen, Entscheidungsträger und Bürger hereingeholt werden und Pläne ausarbeiten. Grundsätzlich soll ein gesellschaftlicher Wandel eingeläutet werden. Weg vom Wegschauen, hin zum Hinschauen. In unserem Programm "Gemeinsam Sicher" geht es darum, die Erfahrung und Expertise der Bürger und die Expertise der Experten zu verknüpfen. In dem Gremium sollte ein Sicherheitsgemeinderat jeder Gemeinde vertreten sein.

Wie viele Gemeinden wollen sich da beteiligen?
Wir sind noch in der Info-Phase. Wir haben jetzt einmal die Polizeikräfte durchgeschult. Ab Ostern gehen wir dann in die Umsetzungsphase.

In der Aktion "Gemeinsam Sicher" ist von "Sicherheitsbürgern" die Rede. Sind das Spitzel?
Sicher nicht. Spitzel beziehungsweise Denunzianten gibt es jetzt. Jemanden anonym anzuzeigen, da brauche ich kein Sicherheitsbürger sein, brauche mich nicht zu deklarieren. Im Sicherheitsforum werden sich die anonymen Denunzianten sicher nicht öffentlich einbringen. Sondern jene die engagiert sind und sich mit diesen Fragen auseinandersetzen.

Zum Abschluss: In Niederösterreich gibt es einen Wechsel von Erwin Pröll zu Johanna Mikl-Leitner. Ist das in Ihrem Sinne?
Das was Hanni in den letzten Wochen geleistet hat, personell, mit der Neuaufteilung der Kompetenzen, ist einstimmig im Parteivorstand abgesegnet. Schnell, richtig und einstimmig Geschlossenheit zu zeigen ist der richtige Zugang in einer Zeit, die alle vor große Herausforderungen stellt. Die ersten Maßnahmen nach dem Abgang von Erwin Pröll, der im gedanklichen Weichbild des Niederösterreichers immer da war und auf den man sich verlassen konnte, zeigt nicht nur die große Klasse von Johanna Mikl-Leitner, sondern auch die Kraft der niederösterreichischen ÖVP.

Dass das Finanzressort vom NÖAAB zum Bauernbund wechselt, stört Sie gar nicht?
Das hat mit bündischen Interessen gar nichts zu tun. Man soll aufhören, bündische Interessen über einen gewissen Grad in die Regierungsverantwortlichkeiten zu bringen. Dass der Agrarreferent ein Bauernbündler ist, dass der Wohnbaureferent ein ÖAABler und der Wirtschaftsreferent ein Wirtschaftsbündler ist, ist verständlich. Und das war's. Wo die Finanzen sind, ist eine gemeinsame Angelegenheit aller. Sie hat das so aufgeteilt, wie es für alle am besten ist. Sie hat das Sagen und meine volle Unterstützung.

"Die Wirtschaft braucht eine Flexibilisierung. Man muss dann arbeiten, wenn man Arbeit hat." - Innenminister Sobotka im Interview mit Bezirksblätter-Chefredakteur Oswald Hicker | Foto: Markus Berger
Innenminister Wolfgang Sobotka spricht im Interview mit Bezirksblätter-Chefredakteur Oswald Hicker über Sicherheitsbürger, flexible Arbeitszeiten und den Wechsel in Niederösterreich. | Foto: Markus Berger

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