Industrieforum: Warum Medien, Wirtschaft und Politik nicht mit und nicht ohne einander können
„Ziemlich beste Feinde – Medien, Wirtschaft & Politik"
(red) Die IV-NÖ widmete sich beim Industrieforum dem Spannungsverhältnis zwi-schen Medien, Unternehmen und Politik. Rund 60 Gäste folgten der Einladung nach St. Pölten, wo Kurier-Chefredakteur Helmut Brandstätter, Falter-Redakteur Josef Redl und Managerin Brigitte Ederer diskutierten.
Sie funktionieren so unterschiedlich und doch können sie nicht ohne einander: Medien, Unternehmen und politische Institutionen stehen aufgrund ihrer Interessen in einem ständigen Spannungsfeld. „Reformen, die der Wirtschaftsstandort dringend braucht stoßen nicht immer auf Gegenliebe. Und dabei versuchen Reformgegner oft, die Medien für ihre Interessen einzuspannen. Nichtsdestotrotz hat der Journalismus natürlich eine wichtige gesellschaftspolitische Rolle, um Missstände und Fehlentwicklungen aufzuzeigen“, erklärte Thomas Salzer, Präsident der Industriellenvereinigung Niederösterreich.
Drei Referenten – drei Vorträge – drei Diskussionen
Kurier-Chefredakteur Helmut Brandstätter zufolge ist ein anständiges Verhältnis zwischen Politik und Medien auf Augenhöhe eine von mehreren Grundlagen fürr eine funktionierende Demokratie. „Die sozialen Medien haben die Politik aber dazu verführt, sich als Journalisten zu verkleiden und selbst als Medienmacher aufzutreten. Das wird besonders von Populisten genutzt, denen es vielmehr um Bilder und Emotionen geht als um Fakten. Umso wichtiger sind daher unabhängige Zeitungen und Medienhäuser, die objektive Informationen liefern. Ein Land ohne freien Journalismus führt zwangs-weise in eine Diktatur. Deswegen müssen sich auch Unternehmen für eine freie Presse einsetzen. Wenn Politiker und Medien nur mehr unterhalten – oder auch ablenken – wollen, haben sie ihre Aufgabe verfehlt“, so Brandstätter.
Falter-Redakteur Josef Redl sieht Informationen als eine politische Bringschuld und kritisiert dabei auch das System des „Message Control“ der Bundesregierung: „Eine abgestimmte Kommunikation kann bei Reformvorhaben sinnvoll sein, aber eine Monopolisierung der Informationen führt leider auch schnell zu einer Kultur der Desinformation. Nur, wer Fragen beantwortet, kann auch mit ordentlicher Berichterstattung rechnen. Medien, die den Sachen auf den Grund gehen wollen, brauchen daher auch eine Politik, die informiert. Leider entpuppen sich die angekündigten Reformen sehr häufig als reine PR-Formulierungen. Das Mascherl einer Reform kann man schließlich jedem Vorhaben schnell umhängen – danach liegt es an den Journalistinnen und Journalisten, die Umsetzung zu prufen.“
Managerin Brigitte Ederer, unter anderem Aufsichtsratsmitglied von Infineon Technologies
Austria und der Schoeller Bleckmann Oilfield Equipment AG, erklärte in ihrem
Kurzreferat mit dem Titel „Zwischen Hassliebe und Verhaberung“: „Medien verstärken
oft den internen Druck bei Reformen und dann wird man schnell zum Spielball,
wenn man in der Politik oder in einem großen Unternehmen Veränderungen umsetzen
will. Gleichzeitig verlangen die Medien aufgrund des Wettbewerbsdrucks immer
öfter nach Exklusivstorys – und das nutzen viele Politiker und Wirtschaftstreibende
aus. Leider kommt das Erklären dabei oft zu kurz. Journalisten sollten sich jedoch
mehr Zeit für die Recherche nehmen. Nur im privaten Umfeld sollte mit der Berichterstattung Schluss sein.“
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