"Das ist Trumpismus in Oberösterreich" (inkl. Video)

Herwig Mahr (li.) ist seit 2015 Klubobmann der Freiheitlichen Partei im Oö. Landtag und stammt aus Traun. Christian Makor (re.) kommt ursprünglich aus Salzburg, lebt im Innviertel und ist Klubobmann der SPÖ. | Foto: BRS
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  • Herwig Mahr (li.) ist seit 2015 Klubobmann der Freiheitlichen Partei im Oö. Landtag und stammt aus Traun. Christian Makor (re.) kommt ursprünglich aus Salzburg, lebt im Innviertel und ist Klubobmann der SPÖ.
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OÖ. Die BezirksRundschau traf die Klubobleute von FPÖ und SPÖ, Herwig Mahr und Christian Makor, in einem Gasthof in Ried im Innkreis zum Sommergespräch. Das Innviertel ist seit Jahren eine FPÖ-Hochburg, während sich die SPÖ schwertut, die Industriearbeiter dort anzusprechen.

BezirksRundschau: Was ist für Sie das Spezielle am Innviertel?

Makor: Der Innviertler ist sicherlich ein eigener Schlag Leute mit eigenen Charakteren. Ich bin ja eigentlich ein 'Zuagroaster' und da fällt besonders auf: Die Innviertler sind sehr offen, das habe ich zu schätzen gelernt. Die Innviertler sind relativ direkt, aber keine Raunzer. Die Innviertler sagen wie es ist und das zeichnet sie aus.

Man könnte meinen, dass im Innviertel für die SPÖ einiges zu holen wäre. Es gibt ja einen hohen Anteil von Industriearbeitern. Dennoch tut sich die SPÖ schwer, viele der Arbeiter wählen die FPÖ.
Makor: Mit Ausnahme der Städte war das Innviertel für die SPÖ bisher keine Hochburg. Aber wenn man sich die wirtschaftliche Entwicklung und die vielen großen Firmen im Innviertel ansieht, wäre was zu holen für die SPÖ – wir arbeiten daran.

Herr Klubobmann Mahr: Was zeichnet für Sie das Innviertel aus und warum ist die FPÖ hier so erfolgreich?
Mahr: Von der Charakterisierung her bin ich beim Kollegen Makor. Wir haben im Innviertel solche Erfolge, weil wir es verstehen, das Ohr bei der Bevölkerung zu haben und deren Sorgen aufzugreifen. Das gelingt uns derzeit besser als anderen und daher kommt der Wahlerfolg.

Sind die Innviertler weiter rechts als der Durchschnitts-Oberösterreicher?
Mahr: Nein, das glaube ich nicht. Die Problematik im ländlichen Bereich ist eine andere, als in der Stadt. Wir verstehen es einfach, die Problematik der Bevölkerung am Land besser zu kommunizieren und dementsprechend unser Ohr näher an der Bevölkerung zu haben.

Sie sagen, Sie haben das Ohr an der Bevölkerung. Bei den Nachmittagsgebühren im Kindergarten scheint das nicht so zu sein.
Mahr: Man muss das in einem Gesamtkontext sehen. Wir können Politik nicht nur auf Schulden aufbauen, denn irgendwer muss diese bezahlen und das ist die Bevölkerung. Wir glauben, dass wir moderate Einschnitte machen können. Wenn man sich die Beitragshöhe – von 21 bis 110 Euro – ansieht, ist das gerechtfertigt. Wir gehen in Oberösterreich einen ganz klaren Weg – wir wollen ein Nulldefizit haben und letztendlich müssen wir uns bei einer boomenden Wirtschaft überlegen, wie wir unsere Schulden zurückzahlen.

Sind die Kindergartengebühren gerechtfertigt?
Makor: Aus unserer Sicht natürlich nicht! Entstanden sind die Gebühren nahezu überfallsartig im Oktober unter dem Titel: „Wir müssen sparen, weil wir keine Schulden machen wollen.“ Faktum ist aber: Die schwarz-blaue Regierung gibt im Jahr 2018 mehr Geld aus, als davor jemals ausgegeben wurde – insgesamt 5,7 Milliarden Euro. Trotzdem sagt man: Man muss bei einzelnen Gruppen sparen – bei der Kindergarten-Nachmittagsbetreuung, also bei berufstätigen Müttern in erster Linie. Dort wird gespart, weil ÖVP und FPÖ das wollen, aber das Geld wird woandershin gegeben. Das eigentliche Problem ist aber, dass ganze Gruppen zusammenfallen. Wenn also jemand bereit ist, das Geld zu bezahlen, kommen die Gruppen in den kleinen Gemeinden nicht mehr zustande.

Aber de facto heben fast alle Bundesländer Gebühren ein.
Makor: Wir reden immer davon, dass Oberösterreich in der Champions-League spielen möchte. Was das Angebot betrifft, sind wir Vorletzter bei den unter Dreijährigen, bei den Öffnungszeiten, bei der Anzahl der Schließtage pro Jahr. Da sind wir nirgendwo in der Champions League.

Mahr: Wenn es in acht Bundesländern möglich ist, wird es bei uns in Oberösterreich auch möglich sein. Und zum anderen Thema: Ja, wir geben mehr Geld aus. Aber wir geben das nicht aus, weil wir es für irgendwelche Sachen brauchen, die nicht sinnvoll sind. Sondern wir stecken es so in den Kreislauf hinein, dass das Geld über Umwegrentabilität wieder zurückkommt. Wir arbeiten ganz, ganz vernünftig mit dem Geld und trotzdem gelingt es uns, obwohl wir mehr ausgeben, ein Nulldefizit zu erwirtschaften. Diese Erfolge muss uns einmal jemand nachmachen!

Klubobmann Mahr hat das Nulldefizit 2018 schon erwähnt. Im Gegenzug hat die SPÖ immer das Kaputtsparen des Sozialstaats kritisiert. Aber ist das nicht eher klassischer Keynesianismus? In Zeiten der Hochkonjunktur wird gespart.
Makor: Also, die SPÖ hat nicht das Credo: "Es müssen jedes Jahr möglichst viele Schulden gemacht werden." Das ist nicht unsere Politik. Wir stehen dazu, über einen Konjunkturzyklus das Budget auszugleichen. Die Frage ist aber: Wo wird gespart, und wem wird gegeben? Und da orten wir in den letzten beiden Jahren, dass es zu einer massiven Umverteilung gekommen ist. Es wurden auch Förderungen im Wohnbaubereich gestrichen …

Mahr: … gibt es eine Wohnung weniger?

Makor: Die Häuslbauer spüren das natürlich, wenn es für die Solarenergie keine Förderung mehr gibt. Es wird also an einer Ecke gespart, und an einer anderen Ecke wird das Geld mit beiden Händen ausgegeben. Bei der Wirtschaftsförderung gibt es ein Plus von 70 Millionen Euro. Das ist "nice to have", wenn man es sich leisten kann. Aber die kleinen Leute werden zur Kasse gebeten und für die Wirtschaft hat man alle Ohren und alle Geldbörsen offen.

Macht die FPÖ also Politik gegen den kleinen Mann?
Mahr: Es ist natürlich klar, dass die Opposition das sagen muss. Aber bei aller Sympathie zu Klubobmann Makor: Für mich ist entscheidend, was die Wähler denken und nicht die Opposition. Wir gehen unseren Weg so weiter! Jeder Euro, der in die Wirtschaft und über die Umwegrentabilität wieder retourkommt, sichert ja auch Arbeitsplätze. Beispiel Wohnbau: Es gibt da keine monetäre Steigerung und trotzdem drehen sich die Baukräne, es werden 2.300 bis 2.400 Wohnungen pro Jahr gebaut.
Wir wollen grundsätzlich dort, wo es vernünftig ist, sparen. Aber nur zu sagen: „Ich fordere immer mehr und immer mehr, und die Schulden steigen“ – da bin ich sicher, dass sogar Klubobmann Makor sagt, dass dies nicht der richtige Weg sein kann.

Fordert die SPÖ immer mehr und mehr? Wenn man sich ansieht, dass das Sozialbudget pro Jahr in OÖ 560 Millionen Euro beträgt – das ist ja auch eine erkleckliche Summe.
Makor: Ja, das ist eine erkleckliche Summe. Das ist in Wirklichkeit ein Indiz dafür, dass im System etwas falsch laufen muss. Es ist ja keine Errungenschaft, dass das Sozialbudget möglichst hoch sein muss. Das ist ja absurd. Sondern damit werden Sachen ausgeglichen, die die Gesellschaft offenbar nicht ohne staatlichen Eingriff machen kann. Das ist für mich kein Kriterium, ob wir gut sind oder nicht. Im Gegenteil, ich würde mir wünschen, dass das Sozialbudget nur halb so groß ist, weil wir es nicht brauchen, weil manches von der Gesellschaft ausgeglichen würde.

Über das Sozialbudget gab es ja einen großen Streit. Am Schluss wusste niemand mehr, worum es eigentlich ging. Übrig blieb, dass Soziallandesrätin Birgit Gerstorfer (SPÖ) mit einem Aufpasser unter Kuratel gestellt wurde. Musste man Sie derart demütigen?
Mahr: Es gibt im Sozialressort eines der höchsten Budgets und wir haben eine Situation, in der die linke Hand nicht weiß, was die rechte macht. Zum Beispiel der Betrugsfall – da geht es um Millionen und es ist nicht aufgefallen.
Wir haben gesagt: Mit dem Projekt Sozialressort 2021 und der Überprüfung des Sozialbudgets ist es doch sinnvoll, wenn wir uns mit externer Hilfe ansehen, was gut läuft und was schiefläuft. Man sieht, dass es extremen Aufholbedarf in der sinnvollen Verwendung der budgetären Mittel gibt. Sonst würde der Missbrauch von drei Millionen Euro sofort auffallen. Ich verstehe einfach nicht, warum man sich so wehrt, dass man das durchcheckt. Das wird in der Privatwirtschaft überall gemacht.

Offenbar wurde das Geld ja wirklich leichtfertig ausgegeben und es gab keine Kontrolle. Andererseits kritisiert die SPÖ das Kaputtsparen des Sozialstaats. Wie passt das zusammen?
Makor: Das Projekt „Sozialressort 2021“ wurde ja von Birgit Gerstorfer selbst initiiert. Es hat ein Jahr gedauert und die Ergebnisse sind am Tisch. Missbrauch ist überall zu beseitigen, aber er findet überall statt. Beim Wohnbau zum Beispiel – die fehlerhafte Auszahlung der Wohnbeihilfe liegt auch immer bei etwa einer Million Euro. Kriminelle Energie kann man nicht endgültig beseitigen. Aber wir machen ja keine Sozialpolitik, damit die Falschen das bekommen. Das will keiner und das braucht keiner. Denn das Geld fehlt ja wieder bei denjenigen, die es dringend benötigen.

Aber, ein Wort zum Streit um das Sozialbudget: Nach den Wahlen 2015 hat es ein Übereinkommen zwischen ÖVP und SPÖ gegeben. Es wurde vereinbart, dass das Sozialbudget um fünf Prozent steigt. Dieses Übereinkommen hat auch Landes-hauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) unterschrieben. Kurz nach den Nationalratswahlen 2017 hieß es dann: Es muss gespart werden! Einseitig hat man die Vereinbarung aufgekündigt. Das hat bei uns gröbste Irritationen ausgelöst. Was ist noch zu vereinbaren, wenn Unterschriften nicht mehr gelten? Das ist Trumpismus in Oberösterreich!

Mahr: Ich bin zwar jetzt nicht hier, um den Finanzreferenten (Thomas Stelzer, Anm.) zu verteidigen. Tatsache ist, dass fünf Prozent Budgeterhöhung richtig waren, aber mit der Auflage, dass der 45 Millionen Euro schwere Schuldenrucksack des Sozialressorts zurückgezahlt wird. Nachdem dort kein einziger Euro zurückgezahlt worden ist, haben wir gesagt: Bevor wir auf den 45 Millionen Euro sitzen bleiben, die das Sozialressort zurückzahlen müsste, nehmen wir das selbst in die Hand. Hätte das Sozialressort die Schulden zurückgezahlt, wäre das nie passiert.

War es also notwendig, quasi einen Sachwalter für Landesrätin Gerstorfer einzusetzen?
Mahr: Ich glaube schon. Da muss ich noch einmal diesen Missbrauch ansprechen: Wenn man einem kleinen Verein drei Millionen Euro überweist und man kommt nicht drauf, dann stimmt bei den Kontrollmechanismen etwas nicht. Es gibt ja ein Fördersystem, mit dem viele unterschiedliche Vereine, die gleiche Leistungen anbieten, gefördert werden.

Letzte Woche gab es noch dazu die Aussage von Sozialministerin Beate Hartinger-Klein, dass Mindestsicherungsbezieher mit 150 Euro pro Monat zum Leben auskommen würden. Sehen Sie das auch so?
Mahr: Ich möchte für ganz Österreich eine einheitliche Mindestsicherung, und Oberösterreich soll als Vorbild dienen. Wir haben 560 Euro für Asylberechtigte eingeführt. Damit kann man leben …

… und mit 150 Euro?
Mahr: Da wird es heikel werden. Aber da kommen andere Sachen ja auch noch dazu. In Oberösterreich gibt es bei diesen 560 Euro ja auch noch zusätzliche Leistungen von 5.500 Euro pro Jahr. Wir müssen aber einen Weg finden, dass der Sozialstaat Österreich nicht zu einer Hängematte wird. Die Mindestsicherung ist geschaffen worden, um Menschen, die in dumme Situationen kommen, geholfen wird. Aber sie ist keine soziale Hängematte. Wie erklärt man einer Kassiererin, die 1.100 Euro verdient, dass man aus der Mindestsicherung für das süße Nichtstun – das gibt es ja auch – 914 Euro bekommt.

Es gibt ein Paradebeispiel, und das ist auf Heller und Pfennig richtig. Eine Familie mit drei Kindern: Wenn beide Mindestsicherung beziehen kriegen sie zwei Mal 650 Euro, dann kriegen sie drei Mal 212 Euro für die Kinder, dann kriegen sie einen Mehrkindzuschlag und einen Familienzuschlag – das sind 1936 Euro netto, plus Kinderbeihilfe: Insgesamt bezieht das Ehepaar mit drei Kindern aus der Mindestsicherung 2.384 Euro.
Genau das gleiche Beispiel: Wenn der Familienvater 2.200 brutto verdient, sind das 1.500 Euro netto und die Mutter verdient 400 Euro geringfügig: Die kommen, wieder mit drei Kindern gerechnet, auf 80 Euro mehr. Wo ist da der Anreiz zu arbeiten? Ist das gerecht oder ungerecht?

Makor: Das Bild von jemandem, der sich nur zurücklehnt und nichts hackeln und nur kassieren will, das stimmt in der Realität so nicht. Zur Höhe der Mindestsicherung: Die Reduzierung in Oberösterreich wurde damit begründet, dass es einen größeren Unterschied zwischen Arbeitseinkommen und Mindestsicherung geben soll. Ja, okay!
Bei der Höhe der ursprünglichen Mindestsicherung ist man von grundsätzlichen Lebensbedürfnissen der Menschen ausgegangen – jetzt zu reduzieren, damit das Delta größer wird – da hätte man bei den Mindestlöhnen etwas machen können.
Und es wird gleichzeitig damit Stimmung gemacht: Welche Mindestpensionistin oder welcher Schlechtverdiener hat einen Euro mehr, wenn man Mindestsicherungsbeziehern ein- oder zweihundert Euro pro Monat wegnimmt? Niemand hat mehr!

Wenn man sich die absoluten Zahlen ansieht: Die Mindestsicherung schlägt sich heuer mit 48 Millionen Euro zu Buche, für Kunst und Kultur gibt Oberösterreich 180 Millionen Euro aus. Kapriziert man sich da nicht auf einen Budgetposten, der eigentlich viel weniger kostet als andere Bereiche?
Mahr: Das ist ein Thema, das bewegt, und 48 Millionen Euro ist viel Geld…

… aber es wurde bereits zuvor gesagt, dass über eine Millionen Euro jährlich der Wohnbauförderungsbetrug ausmacht.
Mahr: Ja, aber das kommt ja sofort wieder retour. Also, für mich sind die 48 Millionen Euro sehr viel Geld. Und wir sind wieder dort – „wünsch dir was" gibt es derzeit nicht. Bei so vielen Schulden, muss man schauen, dass das Geld sinnvoll eingesetzt wird. Da werden alle Ressorts zur Kasse gebeten – natürlich wurde das Kulturbudget bei den Ermessensausgaben um zehn Prozent gekürzt. Wir müssen sparen und das trifft nicht nur ein SPÖ-Ressort, sondern alle Ressorts.

Wie viel verdient man eigentlich als Klubobmann?
Mahr: Knapp 11.000 Euro brutto.

Also fast so viel wie ein Minister? Ich denke, Sie wissen, worauf ich hinaus will ...
Mahr: ... naja, ein Minister verdient schon noch mehr.

Also noch mal zur FPÖ-Sozialministerin Beate Hartinger-Klein mit ihrem 150-Euro-Sager. Sehen Sie das also auch so?
Mit 150 Euro kommt man jedenfalls sicher nicht aus, da brauchen wir nicht diskutieren!

Die FPÖ musste ja beim 12-Stunden-Tag viel Kritik einstecken von der eigenen Wählerschaft. Hat sich die FPÖ da bei den Verhandlungen von der ÖVP über den Tisch ziehen lassen? Die FPÖ steckt von den eigenen Wählern die Kritik ein und die ÖVP-nahen Wirtschaftsverbände applaudieren?
Mahr: Nein, das glaube ich nicht. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir im internationalen Wettbewerb flexibler sein müssen. Ich hatte einen Elektroinstallationsbetrieb mit 32 Elektrikern. Es hat Großaufträge gegeben, die ein halbes oder dreiviertel Jahr später bearbeitet wurden. Und wenn der Jänner und Februar extrem kalt sind, dann kann man da nichts installieren und nichts bauen. Mit meinen Mitarbeitern habe ich dann – ohne Betriebsrat – ausgemacht: Ihr könnt jetzt auf Urlaub gehen und im Sommer müssen wir die Urlaubszeit dann wieder reinarbeiten. Dafür verspreche ich euch, dass ihr nie stempeln geschickt werdet. Das hat jeder verstanden, da hat es nie ein Problem gegeben.
Zweites Beispiel: Es gibt Situationen, in denen meine Mitarbeiter um 7 Uhr anfangen, um 16 Uhr heimkommen und zwischenzeitlich hat jemand angerufen, dass er eine Störung hat. Jetzt wartet dieser Kunde zu Recht auf einen Elektriker – und der Mitarbeiter kommt auf eine gewisse Stundenanzahl. In Wirklichkeit sitze ich dann mit einem Fuß im Kriminal, wenn ich diesen Mitarbeiter länger arbeiten lasse.
Ich glaube also, dass diese zwölf Stunden – auf freiwilliger Basis – ganz wichtig sind, damit man das, was speziell kleine Betriebe laufend abwickeln, einfach legalisiert. Einziger Verlierer sind die Gewerkschaften, weil sie nicht mehr so viel Einfluss haben und deswegen schreien die auch so laut.

Stimmt es nicht, dass gewisse Aspekte des Arbeitsrechts bisher zu bürokratisch waren?
Makor: Und unter der bisherigen Regelung war der 12-Stunden-Tag ja bereits möglich. Das Wesentliche ist das Geben und Nehmen, aber man kann nicht Klein- und Mittelbetriebe hernehmen und das als für alle gültig erklären. Die Flexibilität war bisher schon gegeben. Jeder einzelne Beschäftigte bei einem mittleren und großen Betrieb wird sich schwertun, freiwillig Ja oder Nein zu sagen. Denn spätestens wenn er das dritte Mal Nein sagt, wird der Chef sagen: „Da werden wir uns etwas überlegen müssen“.
Der wirkliche Hintergrund ist, dass es um das „Schießen“ von Überstundenpauschalen geht.

Mahr: Blödsinn!

Makor: Überall dort wo man im Gleitzeitbereich ist, wird die Abrechnung der Überstunden etwas großzügiger zugunsten der Arbeitgeber sein. Natürlich regt das die Gewerkschaften auf. Das ist ja ihre Aufgabe.

Mahr: Warum geht es bei den Beamten – die haben seit 2001 einen 13-Stunden-Tag. Oder bei den ÖBB?

Makor: Weil es mit der Personalvertretung so vereinbart wurde. Und genau das wollen wir für die Privatbetriebe. Es müsste ja noch viel flexibler möglich sein, aber nur in Vereinbarung von Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Das Grundprinzip, das ich hinter Schwarz-Blau auf Bundesebene sehe, ist, dass das System der Sozialpartnerschaft auf Augenhöhe abgeschafft wird. Wenn man der Arbeiterkammer ein Drittel der Beiträge nehmen will, will man eine schwache Arbeiterkammer…

Mahr: Das ist ja ein völliger Blödsinn …

Makor: Wo gehen jetzt die Leute hin, wenn ein Flug verspätet ist? Die gehen alle zur Arbeiterkammer, weil ihnen sonst in dieser Republik niemand wirklich hilft.

Mahr: Das wird alles mit Zwangsmitgliedsbeiträgen bezahlt.

Makor: Da unterscheiden wir uns. Wenn es um Selbstverwaltungskörperschaften wie die AUVA geht – einen Ausbau habt ihr da ja nicht vor …

Mahr: Wissen Sie wie viele Generaldirektoren es bei der AUVA gibt? 16! Brauchen wir die wirklich? Nein!

Makor: 500 Millionen Euro sparen ohne Leistungskürzung wird nicht gehen. Das ist der Umbau der Republik. Das geht bis hinunter zu den Betrieben – die Betriebsräte sollen geschwächt werden, damit die Großspender der ÖVP einen Teil von ihrem Geld wieder zurückbekommen.

Sie haben zuvor noch mehr Flexibilität gefordert. Wäre dann also auch ein 14- Stunden-Tag denkbar?
Makor: Überall dort, wo es ein Einvernehmen mit dem Betriebsrat oder eine Vereinbarung gibt. Vielleicht wären auch 14 Stunden möglich, wenn man dafür eine lange Freitzeitphase oder mehr Urlaub hat.
Aber grundsätzlich sind die Arbeitnehmer ja bisher schon flexibel, aber genau diese Flexibilität vermisse ich bei den Kinderbetreuungseinrichtungen. Die Menschen sollen zwölf Stunden arbeiten, aber am Nachmittag soll dann für die Kinderbetreuung kassiert werden.

Mahr: Es kann ja nicht alles gratis sein. Irgendwer muss das ja bezahlen.

Das Gesetz wurde ja im Parlament ohne Begutachtung beschlossen. Das hat doch einen merkwürdigen Nachgeschmack.
Mahr: Auch wir haben in Oberösterreich schon einmal etwas durchgeboxt, aber da war der Fristablauf einfach so. Aber ich bin wirklich jemand, der gerne diskutiert und den anderen die Möglichkeiten gibt …

… also hätte man das anders lösen sollen?
Mahr: Es passiert ab und zu einmal, dass der Fristenlauf einfach so knapp ist, dass man das nicht mehr schafft.

Makor: Aber das sind selbst verursachte Fristen. In Oberösterreich war es die Nationalratswahl, die am 17. Oktober war, und eine Woche später kam das Sparpaket. Da geht sich dann natürlich nichts mehr aus. Die Pläne waren aber wahrscheinlich vier Wochen vorher schon bekannt.

Mahr: In Summe gesehen funktioniert das politische Zusammenarbeiten aller Parteien in Oberösterreich relativ gut, muss man sagen.

Makor: Es war schon mal besser.

Mahr: Ihr wart ja auch schon einmal stärker.

Das bestimmende innenpolitische Thema der letzten Jahre war Asyl und Migration. Die FPÖ warnt in diesem Zusammenhang immer vor dem „großen, bösen Mann aus dem Osten“, also vor Ausländerkriminalität. Wenn man sich die Kriminalitätsstatistik über mehrere Jahre hinweg ansieht, gab es 2016 eine kleine Erhöhung und 2017 war die Kriminalität – insgesamt, in ganz Österreich – bereits wieder rückläufig.
Mahr: Im Vorjahr gab es 42.600 Anzeigen im Bereich der Drogenkriminalität. Man geht davon aus, dass mehr als die Hälfte der Ausländerkriminalität zuzurechnen ist. Jeder Jugendliche, der in Verbindung mit Drogen kommt, ist einer zu viel. Und wenn etwa in Innsbruck der gesamte Drogenhandel von Afghanen gemacht wird, muss die Gesetzeslage so geändert werden, dass da in zehn Minuten zusammengeräumt ist. Fertig! Ich lasse doch mein Land nicht von externen Drogenkurieren versauen. Das kommt doch überhaupt nicht infrage! Und, was mich persönlich so stiert, ist dass es immer heißt: das ist bestehende Gesetzeslage. Verdammt noch mal, dann muss man das ändern! Die Gesetze sind irgendwann gemacht worden und …

… die FPÖ ist in der Regierung. Sie können die Gesetze ändern.
Mahr: Wir sind seit einem halben Jahr in der Regierung. Was erwartet man von der Regierung innerhalb eines halben Jahres? Man kann da Österreich nicht umdrehen und das wollen wir auch nicht. Aber das wird ja alles begutachtet, wir haben gesagt, Zigtausende Gesetze werden wir entsprechend ändern und auch das werden wir ändern.

Zwei Drittel der Drogendelikte betreffen ja Cannabis-Vergehen. Es geht jetzt also nicht um harte Drogen, sondern um eine Droge, die fast jeder Österreicher ab 16 Jahren bereits einmal konsumiert hat.
Mahr: Nein, ich noch nicht! Ich bin ein Raucher und habe das nicht richtig unter Kontrolle, daher möchte ich Cannabis überhaupt nicht haben. Aber es ist wirklich meine innerste Überzeugung: Jeder, der einmal damit in Konflikt kommt, hat ein massives Problem.

Es sind nicht nur Afghanen die Täter.
Mahr: Das habe ich auch nicht gesagt. Ganz egal, ob österreichischer oder ausländischer Dealer: Jeder ist einer zu viel.

Hatte die FPÖ nicht rückblickend recht mit der restriktiven Zuwanderungspolitik? Die Probleme in gewissen Parks in Linz oder am Bahnhof gibt es ja. Und die jungen Männer, die da Probleme machen, haben oft Migrationshintergrund.

Makor: Das Thema muss grundsätzlich europäisch gelöst werden. Die Flüchtlingsbewegung hat es ja 2012 und 2013 auch schon gegeben. Da waren die Flüchtlinge auf Lampedusa und da waren wir froh, dass wir wegschauen konnten, weil uns das nichts angeht. Nach dem Motto: „Die Italiener werden das schon machen“. Die hatten damals das gleiche Problem, wie wir 2015. Eine europäische Vorgangsweise würde also die Quantität relativieren.
Grundsätzlich ist mit all jenen, die in Österreich um Asyl angesucht haben oder hier gelandet sind, menschenwürdig umzugehen: Ein Mensch ist ein Mensch ist ein Mensch. Punkt!
Da gehen wir manchmal mit ÖVP und FPÖ auseinander. Es gibt auch viele ÖVP-Kollegen – nicht nur im Landtag, sondern auch auf Gemeindeebene – die schwerst irritiert sind, über die aktuelle Politik. Denn das hat mit christlich-sozial nichts mehr zu tun.
Es haben ja zuletzt auch die Bischöfe eine Nachjustierung bei der Zuwanderungspolitik gefordert. Da sehe ich mich mittlerweile schon der Kirche näher, als mancher ÖVP-Politiker, der jeden Sonntag in die Kirche geht.

Mahr: Kollege Makor, Sie müssen schon so fair sein und sehen, dass es zwischen dem Innviertel und dem Speckgürtel von Linz ganz gravierende Unterschiede gibt. Dort haben 84 Prozent der Leute in Kinderkrippen, Kindergärten und Horten Deutsch nicht als Muttersprache. Da ist ein Problem! In Traun oder Ansfelden beispielsweise hat man mittlerweile eine Ausländerdichte, die katastrophal ist, weil wir der ganzen Situation nicht mehr Herr werden. Wenn es im Innviertel in einer Schule mit 22 Schülern ein oder zwei Ausländer gibt, dann ist das kein Problem. Da funktioniert dann aber auch Integration. Weil diese Leute müssen – damit sie sich verständigen können – Deutsch lernen.

Eines muss ich noch sagen: Ich habe überhaupt kein Verständnis, wenn ein Asylverfahren jahrelang dauert. Als Beispiel: Ein junges Mädchen, das mit sieben Jahren nach Österreich gekommen ist, mittlerweile 14 Jahre alt ist und hier den Freundeskreis hat – dass man dieses Mädchen dann zurückschickt, dafür habe ich kein Verständnis. Die Krux bei den Asylverfahren ist, sie so schnell hinzukriegen wie die Schweiz – maximal 100 bis 150 Tage.
Aber es kann auf der anderen Seite auch nicht sein, dass jeder Unternehmer Recht spricht und bestimmt: "Asyl – ja oder nein". Das muss der Staat machen. Es kann doch nicht jeder Unternehmer sagen: Nur weil ein Asylwerber bei mir jetzt gut arbeitet, hat diese Person Anspruch auf Asyl. Das kann nicht funktionieren.

Das verstehe ich jetzt nicht. Sie haben vorher gesagt: Das jugendliche Mädchen soll bleiben dürfen, aber ein integrierter Flüchtling mit Lehrstelle nicht?
Mahr: Das Problem ist, dass die Asylverfahren so lange dauern. Das gehört ausgemerzt ...

… es gäbe ja auch die Möglichkeit für ein humanitäres Bleiberecht.
Mahr: Es gibt auch die Möglichkeit – also dass jemand kein Asyl bekommt, das Land verlässt und über die Rot-Weiß-Rot-Card wieder hereinkommt.

Makor: Integration ist wichtig. Allerdings werden gerade in Oberösterreich die Integrationsmaßnahmen und Gelder reduziert. Die FPÖ stimmt in der Landesregierung gegen fast alle Integrationsmaßnahmen, die Landesrat Rudi Anschober (Grüne) finanzieren will.

Mahr: Unter Integration verstehe ich nicht, dass wir unsere Kindergärtnerinnen auf einen Türkischkurs schicken. Integration ist für mich, dass die Damen und Herren, die bei uns sind, Deutsch lernen.
Aber warum sind Deutschland, Schweden, Österreich und Dänemark so gefragte Länder? Weil wir ein Sozialstaat sind, der alles im Überfluss möglich macht. Aber das ist nicht mein Zugang. Das muss man ändern und ich glaube, wir sind auf dem besten Weg dazu.

Ein anderes Thema, das bewegt, ist der Vorschlag der FPÖ, Deutsch in der Schule und in den Pausen fix zu verankern. Ist das nicht sinnvoll? Viele Kinder aus Familien mit Migrationshintergrund sprechen ja zu Hause wenig Deutsch.
Makor: Laut aktueller Gesetzeslage ist die Schulsprache Deutsch. In der derzeitigen Debatte geht es um eine Deutschpflicht in den Schulpausen. Da kann man dafür sein oder nicht …

… sind Sie dafür?

Makor: Ja, das fände ich grundsätzlich schon auch gut …
Mahr: … warum stimmen Sie dann nicht im Landtag mit?
Makor: Wir brauchen das nicht gesetzlich verankern und beschließen, weil man es nicht sanktionieren kann. Man wird keinen Lehrer finden, der Sprachpolizei spielt und überprüft, wie die Kinder tatsächlich reden. Aber das sind alles Scheinfragen, das ist ja begriffliche Falschmünzerei in Wirklichkeit – ebenso, ob neun Kindergartenkinder die Burka tragen dürfen oder nicht.
Mahr: Es geht ja auch um eine gewisse Symbolik …
Makor: … auch die reitenden Polizisten sind so ein Scheinthema. Darüber kann man viel schreiben und debattieren. Aber die Integration und die Sicherheit im Land wird damit keinen Millimeter nach vorne gebracht.
Mahr: Wenn es das überall anders gibt, warum soll es bei uns nicht funktionieren?
Makor: Machen Sie das einfach …
Mahr: … das tun wir auch.
Makor: Der Tag wird kommen, an dem die FPÖ den Offenbarungseid ablegen muss, über alles, was sie bisher gefordert hat.
Mahr: Richtig. Und den legen wir vor der österreichischen Bevölkerung ab und nicht vor der SPÖ.

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