WKO-Vizepräsident Jürgen Roth: "Zahlen die zweithöchsten Brutto-Gehälter in Europa"

"Es wird keine Kündigungswelle geben." Jürgen Roth zum Sparkurs in der Wirtschaftskammer. | Foto: Prontolux
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Die Wirtschaftskammer will mit der neuen Reform 20 Prozent einsparen. Heißt das dann auch 20 Prozent weniger Mitarbeiter?
JÜRGEN ROTH: Es wird keine Kündigungswelle geben. Wir werden aber natürliche Abgänge wie Pensionsantritte nicht eins zu eins nachbesetzen.

Wie spart man die 134 Millionen denn dann ein?
Durch Effizienz. Wir wollen die effizienteste Kammerorganisation werden. Durch Digitalisierung. Mit dem Einsatz von Social-Media, mit Video-Konferenzen, Webinaren und neuen Serviceleistungen.

Wie kann man sich das in der Praxis vorstellen?
Ein Beispiel: Wenn Sie jetzt die Exportzahlen nach Ghana wollen, braucht das seine Zeit bis Sie schlussendlich mit unserem dortigen Experten verbunden werden. Das muss heutzutage viel schneller gehen. Wie etwa beim Sprachsteuerungssystem "Alexa" von Amazon. Chatbots können binnen Sekunden Fragen beantworten wie eine Suchmaschine.

Von den 34 Millionen für neue Serviceleistungen soll ein großer Teil in die Außenwirtschaftsorganisation der Kammer fließen. Warum?

Sieben von zehn Euro verdienen wir in Österreich mit dem Export. Deshalb müssen wir unsere 110 AWO-Stellen zu Innovationszentren machen. Und zwar dort, wo die Post abgeht. Z.B.: In Shanghai oder im Silicon-Valley.

Und was soll da geschehen?
Dort werden wir uns mit Universitätseinrichtungen vernetzen und alles Neue aufsaugen, filtern und dann dieses Wissen unseren heimischen Betrieben zukommen lassen.

Bis wann steht die Reform?
2019 soll sie in Kraft treten.

Danach wird Präsident Leitl laut Insidern abtreten. Werden Sie sein Nachfolger?
Ich habe nicht das Bestreben, sein Nachfolger zu werden.

Sie sind ja ein bekannter Öl-Händler und Tankstellenketten-Betreiber. Was sagen Sie als Unternehmer zur Start-up-Euphorie hierzulande?
Wir brauchen mehr als das. Wir brauchen in Österreich einen positiveren Zugang zum Unternehmertum. Denn die Unternehmer schaffen die Arbeitsplätze. Und viele Unternehmen stehen ja toll da. Wir haben 200 Weltmarktführer. Wir sind Export-Champions und auch bei Forschung- und Entwicklung brauchen wir uns international nicht verstecken.

Das wird aber kaum beachtet.
Genau. Deshalb geben die Österreicher ihr Geld lieber für null Zinsen auf's Sparbuch, statt in tolle Unternehmen zu investieren. Die Startup-Kampagne ist gut und schön. Aber es braucht dazu auch einen neuen pro-wirtschaftlichen Spirit im Land.

Was sagen Sie zum Thema Mindestlohn?
Zunächst eine Klarstellung: Wir zahlen über das Jahr gerechnet mit unseren 14 Gehältern die zweithöchsten Bruttogehälter in ganz Europa. Nur Luxemburg ist vor uns. Viele Kleinunternehmen wie etwa Friseure oder Floristen wären existenziell gefährdet, wenn sie plötzlich ihre drei, vier, fünf Mitarbeiter an die 1500 Euro angleichen müssten. Dabei gibt es eine einfache Lösung.

Die da wäre?
Schauen Sie: 1500 Euro heißt 1935 Euro für den Dienstgeber aber nur 1200 für den Dienstnehmer. An der Differenz von über 735 Euro verdienen die Sozialversicherung und der Fiskus. Das zeigt wohl klar, wo der tatsächliche Handlungsbedarf liegt. Also: Mehr Netto vom Brutto und Lohnnebenkosten runter - dann ist Vieles rasch möglich.

Auch Neuwahlen, wenn die Verhandlungen scheitern?
Möglich. Aber ich bin dafür, dass die Regierung zunächst ihr Arbeitsprogramm abarbeitet, das sie verkündet hat.

Haben Sie für die ÖVP eine Idee, wie die Partei an Profil gewinnen könnte?
Als ÖVP würde ich sagen: ich vertrete die Steuerzahler. Da würden sich von den Unternehmern bis hin zu den Arbeitnehmern viele damit identifizieren können.

Zum Schluss die Zwölfer-Frage: Mitterlehner oder Kurz?
Die Zukunft wird Sebastian Kurz heißen! Die Gegenwart heißt Reinhold Mitterlehner!

Danke für das Gespräch!

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