EU 2018: Österreich ist ab Juni Präsident

Neo-Kanzler Kurz bei Jean-Claude Juncker. | Foto: EC/Etienne Ansotte
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BRÜSSEL/WIEN. 2018 steht die EU vor vielen kniffligen Situationen. Die Brexit-Verhandlungen oder das gegen Polen eingeleitete Grundrechtsverfahren wegen EU-Vertragsverletzungen müssen über die Bühne gebracht werden. Und Österreich kommt dabei ab Juni eine prominente Rolle zu, wenn Sebastian Kurz die EU-Ratspräsidentschaft für ein halbes Jahr übernimmt.

Österreich wird Präsident

"Wir haben uns im Regierungsprogramm darauf verständigt, dass wir das Subsidiaritätsprinzip in der EU stärken wollen. Wir wollen eine starke EU in großen Fragen wie dem Außengrenzschutz oder der Wirtschafts- und Währungspolitik und andererseits eine EU, die sich in Angelegenheiten zurücknimmt, die Länder oder Regionen besser alleine lösen können", sagt Kurz auf Anfrage der Regionalmedien Austria über die Akzente, die er ab Juni setzen möchte. In die österreichische Ratspräsidentschaft fallen auch die finale Phase der Brexit-Verhandlungen sowie jene zum neuen EU-Haushaltsplan.

FPÖ kein Thema

Bereits 2017 war für die EU eine Zitterpartie, standen doch einige Wahlen an, bei denen mit großen Zuwächsen bei den euroskeptischen Parteien gerechnet wurde. Doch die Euroskeptiker haben sich weder in Frankreich, den Niederlanden noch in Deutschland durchgesetzt. Dass jetzt in Österreich mit der FPÖ als Juniorpartner eine euroskeptische Partei in der Regierung sitzt, nehmen EU-Granden, anders als es im Jahr 2000 der Fall war, mit betonter Gelassenheit. "Ich habe keinen Grund, Sebastian Kurz nicht zu vertrauen", sagte Finanzkommissar Pierre Moscovici bei einem Treffen mit Journalisten in Brüssel. Im Jahr 2000 stand er noch an der Speerspitze derjenigen, die wegen der FPÖ-Regierungsbeteiligung lautstark nach Sanktionen gegen Österreich gerufen hatten. Diesmal begnügte er sich damit, zu Wachsamkeit aufzurufen.

Die nukleare Option

Die EU hat aktuell nämlich ganz andere Sorgen. Das von der EU-Kommission gegen Polen eingeleitete Grundrechtsverfahren ist beispiellos. Noch nie wurde der Artikel 7 des EU-Vertrags – im EU-Jargon als "nukleare Option" bezeichnet – angewandt. Artikel 7 des EU-Vertrags bietet einen Mechanismus, um die Durchsetzung von EU-Werten zu gewährleisten. Anlass für die harsche Maßnahme gegen Polen ist die Justizreform. Durch diese sei die Unabhängigkeit der polnischen Justiz nicht mehr vorhanden, heißt es in einer Erklärung der Kommission.

Nuklear, aber zahnlos

Auch Ungarn könnte die "nukleare Option" drohen. Das EU-Parlament hat im Mai 2017 "wegen der erheblichen Verschlechterung der Rechtsstaatlichkeit, der Demokratie und der Grundrechte" in Ungarn eine Resolution verabschiedet. Zwar gilt Artikel 7 als schärfste Maßnahme gegen einen Mitgliedstaat. Dennoch ist der Vorgang symbolisch zu sehen, denn für die Umsetzung ist die Einstimmigkeit aller EU-Regierungschefs erforderlich. Im Fall Polens hat Ungarn bereits ein Veto gegen Sanktionen angekündigt.

Inselstaat auf Abwegen

Nach dem Mord an der Investigativjournalistin Daphne Caruana Galizia durch eine Autobombe Mitte Oktober ist auch der Inselstaat Malta verstärkt ins Visier geraten, rechtsstaatliche Prinzipien nicht ganz ernst zu nehmen. Caruana Galizia war federführend bei der Aufdeckung der Paradise Papers. Malta, das 2004 der EU beitrat, ist als Steuerparadies bekannt.

Kampf gegen Steuersümpfe

Doch der Mord zeigt, dass es hier um viel mehr geht als steuerschonende Geldanlagen. "Der Mord an Caruana Galizia zeigt, wie tief der Sumpf aus Geldwäsche, Korruption und Steuerhinterziehung ist", so ÖVP-Politiker Othmar Karas. "Um die Steuersümpfe in- und außerhalb Europas trockenzulegen, brauchen wir mehr gemeinsame EU-Steuerpolitik. Die Uneinigkeit und die mangelnde politische Einsicht mancher Länder wie beispielsweise Maltas machen die Steuertricks vieler Konzerne überhaupt erst möglich", sagt der Europaabgeordnete.

HINWEIS: Die Reise nach Brüssel erfolgte auf Einladung des
Informationsbüros des Europäischen Parlaments in Österreich sowie der
Vertretung der Europäischen  Kommission in Österreich.

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Neo-Kanzler Kurz bei Jean-Claude Juncker. | Foto: EC/Etienne Ansotte
Sebastian Kurz, Jean-Claude Juncker und Erweiterungskommissar Johannes Hahn in Junckers Büro. (v.l.n.r.) | Foto: EC/Etienne Ansotte

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