Interview mit ÖVP-General Karl Nehammer: "Wir sind sozial und liberal"

Karl Nehammer: "Wir haben 200.000 neue Unterstützerinnen und Unterstützer gewinnen können. Weil Sebastian Kurz neue Zielgruppen angesprochen hat." | Foto: Arnold Burghardt
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Was ist der Unterschied zwischen der türkisen und der schwarzen ÖVP?
KARL NEHAMMER: Die neue Vielfalt. Wir haben 200.000 neue Unterstützerinnen und Unterstützer gewinnen können. Weil Sebastian Kurz neue Zielgruppen angesprochen hat. Die müssen wir mit der bestehenden Struktur zusammenführen.

Und was ist Ihr Job dabei?
Meine Aufgabe ist die des Brückenbauers.

Die Parteistruktur bleibt?
Ja. Strukturen sind kein Hindernis, wenn man für die Menschen etwas bewirken will.

Haben Sie je daran gedacht, wo die ÖVP ohne Sebastian Kurz heute wäre?
Nein. Aber vor Sebastian Kurz waren wir schon unter 20 Prozent.

Womit gewinnt man heute Wahlen: mit Populismus?
Mit einer starken Person an der Spitze, einem klaren Programm und der Partei-Organisation, also einem starken Team dahinter.

Wird man den politischen Gegner jetzt wieder härter angreifen?
Wir bleiben dabei, was wir im Wahlkampf gesagt haben: wir sind für einen Wettbewerb der Ideen. Hart in der Sache, aber wertschätzend. Das ist der neue Stil der Volkspartei.

Die SPÖ ruft aber täglich die soziale Eiszeit aus.
Das Gegenteil ist der Fall. Mit dem Familienbonus kommt ab 2019 eine der größten Entlastungsmaßnahmen für Steuerzahler. Aber natürlich müssen wir noch stärker informieren.

Das sollten Sie beim Schreckgespenst Zwölf-Stunden-Tag irgendwie auch tun, oder?
Ich komme aus dem ÖAAB und kenne den Wunsch nach Arbeitszeitflexibilisierung von Unternehmen und Arbeitnehmern. Wir werden den Menschen klar machen, dass der Zwölf-Stunden-Tag nur unter Ausnahmebedingungen möglich sein kann, aber ansonsten die bisherigen Arbeitszeitregeln gelten.

Ist die ÖVP jetzt also eine soziale Partei?
Wir sind sowohl sozial in der christlich-sozialen Tradition als auch liberal. Ich nenne das die Bürgerlichkeit unserer Bewegung. Bürgerlichkeit heißt Vielfalt und Individualität, im Gegensatz zum Wertesystem der sozialistischen Klassengesellschaft. Für uns ist Subsidiarität wichtig. Die Selbstbestimmung und die Entfaltung der Fähigkeiten des Individuums und der Familie.

Also weniger Staat?
Nicht unbedingt. Der Staat darf der Selbstbestimmung des Menschen aber nicht im Wege stehen.

Warum dann Pflichtgebühren für den ORF und die Kammern?

Österreich braucht einen öffentlich-rechtlichen TV-Sender, der seinen Auftrag erfüllt. Und zu den Kammern gibt es klares Bekenntnis, ihre Leistungen zu hinterfragen und neu zu definieren. Die Regierung hat dazu bis zum Sommer ein Reformkonzept eingefordert.

Und wenn da von den Kammern nichts kommt?
Im Interesse ihrer Pflichtmitglieder werden von den Kammern sicher Reform-Modelle vorgelegt werden.

Stichwort Rauchverbot: Wie stehen Sie als ehemaliger Raucher dazu?
Für die FPÖ war die Aufhebung des totalen Rauchverbots in der Gastronomie eine Grundbedingung für die Koalition. Das ist so zur Kenntnis zu nehmen. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass man als Jugendlicher nicht zu Rauchen beginnt, weil man es im Gasthaus darf, sondern weil es als cool gilt. Da müssen wir ansetzen und noch viel stärker als bisher auf die gesundheitlichen Folgen hinweisen.

Kommt ein strengeres Jugendschutzgesetz?
Viele Bundesländer planen ja schon die Anhebung des Rauchverbots von 16 auf 18 Jahre. Das unterstützen wir. Jugendliche unter 18 sollen sich auch nicht mehr in Lokalen aufhalten dürfen, wo geraucht wird. Discobetreiber und Gastwirte haben also die Wahl, ob sie das Rauchen erlauben wollen oder eventuell Kundschaft verlieren.

Wie geht es Ihnen mit dem Nichtrauchen?
Gut. Ich hab vor acht Jahren aufgehört.

Haben Sie ein politisches Vorbild?
Sagen wir es so: Jede Zeit hat ihre Politiker. Und für seine Zeit war Leopold Figl mit Sicherheit ein ganz außergewöhnlicher Politiker.

Danke für das Gespräch.

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