Interview mit Wolfgang Sobotka: "Man sollte nur dann in die Politik gehen, wenn man die Menschen mag"

Sobotka: "Die Österreicher sind, glaube ich, harmoniebedürftig und schätzen scharfe Worte nicht. Das ist auch gut so und daran sollte sich auch die Bundespolitik orientieren." | Foto: Parlament
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  • Sobotka: "Die Österreicher sind, glaube ich, harmoniebedürftig und schätzen scharfe Worte nicht. Das ist auch gut so und daran sollte sich auch die Bundespolitik orientieren."
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Sie waren aber nie Abgeordneter im Nationalrat?
Man übernimmt jede neue Funktion das erste Mal. Zudem ist mir der Parlamentarismus sehr vertraut und ich kenne die Anforderungen an einen Nationalratspräsidenten sehr gut.

Von wem holen Sie Erfahrungen ein?
Erst neulich habe ich mich mit Heinz Fischer über seine Erfahrungen und sein Amtsverständnis in seiner zwölfjährigen Tätigkeit als Nationalratspräsident unterhalten. Ich pflege auch generell eine sehr gute Gesprächsbasis zu allen Fraktionen.

Sie haben Ihre Karriere auf Gemeindeebene begonnen. Wie sehen Sie das heute?
Ich war zehn Jahre Gemeinderat und möchte kein einziges Jahr missen. Die Gemeinde ist der Ort, wo Demokratie direkt, hautnah und unmittelbar geschieht. Wenn man einen Beschluss im Gemeinderat fällt, erfolgt vonseiten der Bevölkerung eine unmittelbare Reaktion. Positiv wie negativ. Dem muss man sich dann auch unmittelbar und direkt stellen.

Und was war Ihre Schlussfolgerung daraus?
Man sollte nur dann in die Politik gehen, wenn man die Menschen mag und täglich aufs Neue für ihre Interessen eintreten möchte.

Was ist der Unterscheid zwischen Kommunalpolitik und Bundespolitik?
Die ideologische Sicht der Dinge hat in der Gemeinde nicht dieses Gewicht wie in der Bundespolitik. Auf kommunale Ebene steht die Sachfrage im Vordergrund. Daraus folgt auch ein sachlicherer Umgang der Gemeindepolitker miteinander. Ich halte das insgesamt für sehr wichtig: eine inhaltliche und ideologische Diskussion zu führen, aber nie den persönlichen Kontakt zu den Mitbewerbern zu verlieren. Damit leistet man einen Beitrag für den Zusammenhalt in einer Gesellschaft.


"Die Funktion des Nationalratspräsidenten birgt eine große Verantwortung." - Wolfgang Sobotka
Foto: (c) Parlament

Wird in der Bundespolitik zuviel gestritten?
Die Österreicher sind, glaube ich, harmoniebedürftig und schätzen scharfe Worte nicht. Das ist auch gut so und daran sollte sich auch die Bundespolitik orientieren. Eine Opposition wird immer etwas schärfer argumentieren müssen. Aber man kann unterschiedliche Positionen auch in einer guten pointierten Form ohne Untergriffe und Polemik ausdrücken.

Wie kann man das schlechte Image der Bundespolitiker verbessern?
Indem man die sehr facettenreiche Arbeit der Abgeordneten aufzeigt. Die besteht ja aus weit mehr, als an der Teilnahme an einer Plenarsitzung. Etwa aus der Arbeit im Wahlkreis und den Tätigkeiten in den Gremien und Ausschüssen. Viele Parlamentarier publizieren auch wissenschaftliche Arbeiten. Ich will diese Vielseitigkeit der Öffentlichkeit aufzeigen und bin dazu auch schon mit den Clubobleuten in Kontakt.

Sollten die Abgeordneten nicht auch Gesetze beschließen, die man versteht?
Das ist eines meiner zentralen Anliegen. Dazu bedarf es natürlich auch bei unserer parlamentarischen Arbeit einer anderen Herangehensweise. Das beginnt bei ganz einfachen Dingen wie verständlichen Fließtexten statt unzähliger Verweise, die nur noch ein Experte verstehen kann. Gesetze dienen den Menschen und sollten daher auch nachvollzieh- und lesbar sein.

Gibt es für Sie eine Art Vorbild-Parlament?
Ich denke, dass die Debatten im deutschen Bundestag in puncto Sachlichkeit eine Orientierung bieten können. Nicht falsch verstehen, ich halte Zwischenrufe durchaus für belebend in einer Debatte. Sie sollten aber nicht untergriffig, sondern pointiert sein.

Der langjährige ÖGB-Chef Anton Benya hat als Nationalratspräsident lärmenden Abgeordneten einmal ein "Haltet's die Papp'n do unten" zugerufen. Geht das?
Nein, ganz klar! Und ich möchte das für mich auch ausschließen. Es ist ganz wesentlich, eine gewisse Beherrschung an den Tag zu legen. Sonst kann man auch von den 183 Abgeordneten nicht verlangen, ein sprachliches und kulturelles Niveau an den Tag zu legen.

Das Interview führte Wolfgang Unterhuber

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