Kampf um das Online-Glücksspiel
Einzig Win2day hat in Österreich eine Lizenz für das Online-Glücksspiel. Trotzdem ist es möglich, im Internet auch über andere Anbieter zu zocken. Ein überarbeitetes Glücksspielgesetz soll diese Angebote bald abdrehen.
Das Glücksspiel boomt. Zwar ist das Automatenglücksspiel, auch "kleines Glücksspiel" genannt, mittlerweile in vier von neun Bundesländern verboten. Doch nun verlagert sich das Glücksspiel immer mehr ins Netz. Der Anstieg ist rasant: 2016 stieg der Bruttospielertrag des heimischen Online-Markts laut der Consultingfirma Kreutzer, Fischer und Partner (KFP) um 25 Prozent auf 254 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr.
Auch Online ist Glücksspiel reguliert
Eigentlich ist der Online-Markt streng reguliert. Der Staat vergibt nur eine bundesweite Lizenz an Win2day. Das ist eine Tochterfirma der Casinos Austria, an der neben dem Bund auch Novomatic, das Bankhaus Schelhammer & Schattera und die tschechische Sazka-Gruppe beteiligt sind.
Alle anderen Anbieter sind nach dem Gesetz illegal. Einige Online-Glücksspielanbieter sehen das freilich anders und bombardieren die Gerichte mit Beschwerden gegen entsprechende Finanzamtsbescheide.
Spielerschutz vs. Dienstleistungsfreiheit
Wobei hier unterschieden werden muss. Es gibt Angebote aus Europa, die meist über eine Lizenz in Malta oder Gibraltar verfügen und sich daher auf die im Unionsrecht verankerte Dienstleistungsfreiheit berufen. Und es gibt Angebote aus Asien, die als höchst unseriös eingestuft werden und kaum Spielerschutzstandards einhalten.
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Gerichte mit Beschwerden überhäuft
"Derzeit sind, bezogen auf einzelne Beschwerdeführer, bundesweit etwa 20 Verfahren anhängig", so der Sprecher des Bundesfinanzgerichts auf Anfrage von meinbezirk.at.
Und was sagen die Betroffenen? "Wir bieten völlig zu Recht an", sagt Raffaela Zillner, die Sprecherin der Österreichischen Vereinigung für Wetten und Glücksspiel (OVWG), die Anbieter wie etwa bet-at-home.com, Mr Green, Cashpoint und Interwetten vertritt, zu meinbezirk.at. Laut EU-Kommission dürfe zwar die Dienstleistungsfreiheit eingeschränkt werden, räumt Zillner ein, aber das sei unfair, weil Win2day intensiv werbe.
Win2day kontert
Win2day verweist im Gegenzug auf die Entscheidungen verschiedener Gerichte: "Der Verfassungsgerichtshof, der Verwaltungsgerichtshof und der Oberste Gerichtshof bestätigen laufend in ihren Entscheidungen die Europarechtskonformität des österreichischen Glücksspielgesetzes", heißt es gegenüber meinbezirk.at.
Die EU-Kommission, die seit Jahren mit ähnlichen Fällen aus anderen Mitgliedsstaaten zu tun hat, sprach erst im vergangenen Dezember ein Machtwort und stellte sämtliche Vertragsverletzungsverfahren gegen Mitgliedsstaaten im Bereich des Glücksspiels ein.
Ein neues Glücksspielgesetz
Österreichs Finanzministerium tüftelt nun an der Überarbeitung des Glücksspielgesetzes. Es geht vor allem um die Einhaltung hoher Standards beim Spielerschutz und die Möglichkeit der Sanktionierung illegaler Internetangebote. In einem Entwurf, der bereits Ende Februar aus Versehen in Begutachtung ging und gleich wieder zurückgezogen wurde, seien Internetsperren von Anbietern ohne österreichische Lizenz vorgesehen gewesen. Wie ein Sprecher des Finanzministeriums bestätigt, soll sich daran substanziell nichts ändern.
Suchtexperte begrüßt Internetsperren
Der Arzt und Suchtspezialist Herwig Scholz begrüßt solche Internetsperren. "Online-Glücksspielangebote sind schwer kontrollierbar und gerade Jugendliche haben hier leichteren Zugang", sagt Scholz zur RMA. Er befürchtet allerdings, dass sich Betreiber einiges einfallen lassen werden, um die Sperren zu umgehen.
Problematisch sei es, wenn Schüler etwa über Hausaufgabenseiten auf Werbung für Online-Glücksspiele stoßen. Wichtig sei daher, Kinder und Jugendliche mit Gesprächen zu sensibilisieren. "Jugendliche sollen wissen, dass im Internet nichts geschenkt ist", so der Suchtexperte.
Spielverluste: Illegalen Anbietern könnte Klagswelle drohen
Übrigens: Verträge, die mit Online-Glücksspielanbieter ohne österreichische Lizenz abgeschlossen wurden, können nichtig sein, sagt Gerhard Strejcek, Leiter des Zentrums für Glücksspielforschung an der Universität Wien. So konnte eine betroffene Person einen Teil der Verluste einklagen, so Strejcek. Das Oberlandesgericht Wien hat rechtskräftig entschieden, dass der Anbieter mit maltesischer Konzession dem Kläger 70.000 Euro – also mehr als die Hälfte der über zwei Jahre angehäuften Verluste – zurückzahlen muss.
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