MEINUNG: Schafft bitte endlich das Amt des Bundespräsidenten ab!
Das Rennen um das höchste Amt im Staate ist bisher sehr seltsam verlaufen.
Der niederösterreichische Landeshauptmann Erwin Pröll wurde von den Medien und der Politik schon als sicherer Kandidat gehandelt, gab seiner Partei aber dann doch ganz cool den Laufpass.
Sehr klug von Pröll, aber schlecht konzertiert von der Parteispitze. Denn der neue ÖVP-Spitzenkandidat Andreas Khol ist zwar ein Politprofi erster Klasse aber jetzt halt nur noch die zweite Wahl. Und wenn jemand schon parteiintern die zweite Wahl ist, wie soll man da noch den Anspruch auf Platz eins in der Republik erheben können.
Ein paar Millionen braucht es für den Wahlkampf schon
Dann ist da Irmgard Griss. Die sehr integre ehemalige Präsidentin des Obersten Gerichtshofes hat sich als erste Kandidatin beworben. Ihr fehlt jedoch bislang eine Partei und vor allem Geld. Denn ein paar Millionen braucht es schon, um reale Chancen zu haben.
Das gilt auch für Alexander van der Bellen. Der Ex-Chef der Grünen ist offiziell gar nicht Kandidat der Grünen sondern kandidiert privat. Im Parteichinesisch sagt man dazu „überparteilich“. Das ist natürlich ein Schmäh. Verliert der äußerst charmante 71-jährige Edel-Greis putzt sich die Partei ab. Gewinnt er, sagt die Partei, dass das ihr Sieg war.
Selbst die Parteien nehmen das Amt nicht mehr ernst
Holprig geht es aber auch bei den anderen Parteien zu. Sozialminister Rudolf Hundstorfer will eigentlich nicht wirklich kandidieren, wird aber für die Roten wohl in den sauren Apfel beißen (müssen) und die FPÖ hat überhaupt keinen Anwärter.
All dies zeigt, dass das Amt des Bundespräsidenten von den Parteien selbst schon nicht mehr ernst genommen wird. Das hängt natürlich mit der aktuell verfahrenen Lage auf politischer Bundesebene zusammen. Die rot-schwarze Regierung hat sich bis zum Untergang zusammengekettet. Der Präsidentschaftswahlkampf kommt da also zur Unzeit.
Das Amt des Bundespräsidenten ist ohne reale Macht
Der Hauptgrund für die Posse um das Präsidentenamt ist aber ein anderer: Denn das Amt des Bundespräsidenten ist mehr Schein als Sein. Laut Verfassung hat er zwar Macht, in der Wirklichkeit ist er aber ein Papiertiger. Er hat zwar den Oberbefehl über das Bundesheer, aber seine tatsächliche Befehlsgewalt ist geringer als die eines Korporals.
Er bestellt die höchsten Richter und Beamten – aber nur auf Vorschlag von Parlament und Regierung. Ihm obliegt auch die Vertretung der Republik nach außen. Zu den EU-Gipfeln fährt aber der Kanzler. Und selbst bei der Häftlingsamnestie hat er sich an eine Liste des Justizministers zu halten.
Thomas Klestil wollte dem Amt Leben einhauchen
Nur Thomas Klestil hat versucht, dem Amt tatsächliche Macht zu geben. So wollte er zu den EU-Gipfeln reisen, prallte aber damit beim damaligen Kanzler Franz Vranitzky ab. Im Februar 2000 verweigerte er dem Wiener FPÖ-Obmann Hilmar Kabas ein Regierungsamt, Schwarz-Blau verhindern konnte er aber nicht.
Faktum also ist: Die Aufgaben des Bundespräsidenten würden sich leicht auf das Amt des Bundeskanzlers und auf den Obersten Gerichtshof verteilen lassen. Und uns Bürgerinnen und Bürgern bliebe einiges erspart, womit ich nicht nur die Wahlkampfkosten meine. Also liebe Volksvertreterinnen und Volksvertreter im Parlament: Schafft bitte endlich das Amt des Bundespräsidenten ab!
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