Gemeindebundchef Riedl fordert mehr finanzielle Anreize für die Pflege zu Hause

Riedl: "Mehr als 80 Prozent der Menschen wollen zu Hause alt und gepflegt werden" | Foto: Arnold Burghardt
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"Derzeitiges Pflegesystem ist nicht sozial"

Das Thema Pflege steht heuer im Mittelpunkt der Kommunalen Sommergespräche von 18. bis 20. Juli in Bad Aussee. "Das System, so wie es jetzt ist, ist nicht zukunftsfähig und schon gar nicht sozial. Wir müssen hier neue Strukturen schaffen", sagt Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl im Exklusivgespräch mit den Regionalmedien Austria.

Denn mehr als 80 Prozent der Menschen wollen laut Riedl zu Hause alt und gepflegt werden wie auch das Hilfswerk Österreich bestätigt. Riedl fordert vor allem wie er sagt "mehr finanzielle Anerkennung der Pflegeleistungen zu Hause und mehr Unterstützung für pflegende Angehörige, aber auch alternative Wohnformen wie Tageszentren und betreute Wohnmöglichkeiten in den Gemeinden."

"Die Reserven in den Heimen sind aufgebraucht"

Ein von Riedl geforderter Pflegekonvent bestehend aus Vertretern der Länder, Städte, Gemeinden sowie des Sozial- und Finanzministeriums soll dazu im August erstmals zusammentreten.

Aktuell sind die Kommunen mit der Abschaffung des Pflegeregresses und den damit verbundenen Folgen und Zusatzkosten beschäftigt. Riedl ortet verstärkten Druck auf die Pflegeheime. "Es gab bei den Plätzen immer Reserven. Die gibt es jetzt nicht mehr."

"Um 28 Prozent mehr Anträge"

Speziell in Wien wurden allein in den ersten beiden Monaten des heurigen Jahres um 28 Prozent mehr Anträge auf einen Pflegeheimplatz gestellt als im Vergleichzeitraum 2017.

Zuletzt hat der Finanzminister den Ländern und Gemeinden 340 Millionen Euro an Kostenersatz für den Pflegeregress zugesagt. Riedl: "Ob das ausreicht, kann man heute noch nicht sagen." Derzeit wird zwischen Ländern und Gemeinden über die Aufteilung der 340 Millionen verhandelt.

Riedl geht grosso modo von einer Verteilung 50 Prozent zu 50 Prozent aus. Derzeit werden für die Pflege in Österreich 3,5 Milliarden Euro pro Jahr ausgegeben. Davon werden 1,5 Milliarden privat geleistet. Die restlichen zwei Milliarden teilen sich Länder und Gemeinden.


"Leistung darf etwas kosten." - Alfred Riedl

Kinderbetreuung kostet Gemeinden 1,3 Milliarden pro Jahr

Ums Geld für die Kommunen geht es auch bei den aktuellen Verhandlungen zum Ausbau der Kinderbetreuung. Derzeit werden in Österreich in 4.574 Kindergärten 220.000 Kinder von 36.000 Mitarbeitern in 11.500 Gruppen betreut.

In den vergangenen zehn Jahren kamen 1.500 neue Gruppen und 100 neue Kindergärten dazu. Und es soll noch mehr Plätze für die Kinder und flexiblere Öffnungszeiten geben.

Die Kosten der Kinderbetreuung betragen für die Gemeinden 1,3 Milliarden pro Jahr. Der Bund leistet im Rahmen der sogenannten 15a-Vereinabrungen Zuschüsse. Für das Gratis-Kindergartenjahr gibt es 70 Millionen, für die sprachliche Frühförderung 20 Millionen und für den Ausbau gibt es 50 Millionen.

Riedl will Öffnungzeiten nach Bedarf

Für Riedl sind diese insgesamt 140 Millionen die Untergrenze, da allein das Gratis-Kindergartenjahr nicht 70 sondern den Gemeinden 100 Millionen jährlich kostet. Bei den Öffnungszeiten will sich Riedl am Bedarf orientieren und dazu die Eltern mit einbeziehen.

Ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr sieht Riedl skeptisch. "Wir versorgen schon jetzt rund 98 Prozent der Unter-Sechs- und Unter-Fünfjährigen." Viel wichtiger ist für den Gemeindebundchef der Ausbau von Plätzen für die Unter-Drei-Jährigen.

Zudem fordert Riedl für die Gemeinden die Möglichkeit, von den Eltern kostendeckende Beiträge einheben zu können wie etwa für die Ferienbetreuung. "Rund-Um-Gratisbetreuung ist auf die Dauer nicht finanzierbar. Leistung darf etwas kosten."

"Inflationsvergleich ist deplaziert"

Apropos Geld: Länder und Gemeinden sollen selbst (mehr) Steuern einheben dürfen, damit sie sorgfältiger mit dem Geld der Steuerzahler umgehen. Diese immer wiederkehrende Forderung untermauerte neulich der Thinktank Agenda Austria mit einem Zahlenvergleich.

Demnach sind seit 2007 die Zahlungen des Bundes an die Gemeinden um 35,7 Prozent gestiegen, die Inflation aber nur um 20,3 Prozent.

Gemeindebundpräsident Alfred Riedl hält den Inflationsvergleich im Gespräch mit den Regionalmedien Austria für deplaziert. "Ein seriöser Vergleich würde zeigen, dass die Inflation der erbrachten Pflichtaufgaben der Gemeinden wesentlich höher ausgefallen ist, als die Steigungen der Transferzahlungen des Bundes. Allein im umfassenden Sozial- und Gesundheitsbereich sind die Pflichtausgaben der Gemeinden seit 2007 um 53 Prozent gestiegen."

"Eine Nebelgranate der Föderalismusgegner"

Für Riedl ist die regelmäßige Forderung nach mehr Abgabenautonomie für die Gemeinden und Länder beziehungsweise eine Freigabe des Steuersatzes der Kommunalsteuer eine "Nelebgranate der Föderalismusgegner".

Die Folgen wären unter anderem ein ruinöser Steuerwettbewerb unter den Gemeinden und ein hoher zusätzlicher Verwaltungsaufwand. Stattdessen fordert Riedl die Benachteiligung des ländlichen Raums im Zuge des Finanzausgleichs endlich zu beseitigen. "Wenn der ländliche Raum eine Zukunft haben soll, dann ist dazu auch Solidarität erforderlich"

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