Geplante EU-Arbeitsbehörde hat Fans und Skeptiker

Auf Österreichs Baustellen arbeiten viele Osteuropäer, die von Firmen im EU-Ausland entsendet werden. 2017 wurden Strafen in der Höhe von einer Million Euro eingefordert, wovon nur ein Bruchteil eingenommen wurde. | Foto: MEV
  • Auf Österreichs Baustellen arbeiten viele Osteuropäer, die von Firmen im EU-Ausland entsendet werden. 2017 wurden Strafen in der Höhe von einer Million Euro eingefordert, wovon nur ein Bruchteil eingenommen wurde.
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ÖSTERREICH. Die EU-Mitgliedsstaaten buhlten vergangenes Jahr um die mit fetten Budgets ausgestattete EU-Arzneimittelagentur (EMA) und die Bankenaufsichtsbehörde, die ihren Standort aus London verlegen müssen. Auch Österreich hat sich für beide Agenturen als Standort beworben, ist jedoch leer ausgegangen.

Bald gibt es wieder die Gelegenheit, Österreich als Standort für eine der begehrten EU-Agenturen zu bewerben: EU-Kommissionspräsident Juncker verkündete im September 2017 die Errichtung einer Europäischen Arbeitsbehörde, die schon 2019 ihre Tätigkeit aufnehmen soll.

Sozialbetrug eindämmen

Juncker reagiert mit dem Vorschlag auf die wachsende Arbeitskräftemobilität in der EU – 17 Millionen EU-Bürger arbeiteten 2017 in einem anderen EU-Staat. Damit einher geht auch das wachsende Problem des Sozialbetrugs bei grenzüberschreitenden Arbeitsverhältnissen (wir berichteten). "Wir müssen sicherstellen, dass Arbeitsmobilität auf faire, einfache und effektive Weise durchgesetzt wird", so Juncker.

Regierung hat Vorbehalte

Da Österreich aufgrund seiner geografischen Lage besonders von Sozialbetrug betroffen ist, wollen Arbeiterkammer und die SPÖ die EU-Arbeitsbehörde ins Land holen. Das Bundeskanzleramt hat auf meinbezirk.at-Frage, ob man sich dafür einsetzen werde, Österreich als Standort für die Agentur in Stellung zu bringen, bis Redaktionsschluss nicht reagiert. Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) äußerte sich in einer Nationalratsdebatte vom 22. Mai jedenfalls skeptisch, was die neue Behörde anbelangt. Es sei der Mehrwert nicht erkennbar.

WKÖ sieht Mehrwert der Behörde nicht

Ähnlich klingt es bei der Wirtschaftskammer, die  kein großes Interesse daran zeigt, dass Österreich Standort einer solche EU-Arbeitsbehörde wird.  "Wir befürchten mehr Bürokratie für die Unternehmer", sagt WKÖ-Vizepräsidentin Ulrike Rabmer-Koller. Was Lohn- und Sozialdumping angeht, gebe es schon genug Gesetze. "Doch treffen diese nicht die Richtigen", so Rabmer-Koller. Sozialbetrug wird zum überwiegenden Teil von Entsendefirmen aus Ungarn, Polen oder Slowenien betrieben. Die Strafen können derzeit aber meist nicht exekutiert werden. Auch Rabmer-Koller kann wie Hartinger-Klein den Mehrwert der Behörde bisher nicht erkennen.

Städtekoalition mit Bratislava

Die Behörde soll laut einem EU-Sprecher bis Oktober 2019 ihre Arbeit aufnehmen. Wo die Behörde ihren Sitz haben wird, ist Verhandlungssache der Mitgliedsstaaten. Sollte sich Österreich bewerben, dann gehe es darum mittelfristige Allianzen zu schmieden, um Erfolg zu haben, rät Paul Schmidt, Generalsekretär der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik (ÖGfE). Ein Städtekoalition mit Bratislava etwa würde sich aus Sicht des Europaexperten anbieten.

"Agentur im Land bedeutet Prestige"

Die Bewerbung Wiens um die EU-Arzneimittelbehörde scheiterte bekanntlich. "Österreich holte im EU-Rat nur 4 Punkte und landete damit auf dem vorletzten Platz. Drei der Punkte haben wir uns selbst gegeben", erinnert Schmidt an das Debakel. "Eine Agentur im Land zu haben, bedeutet neben politischem Prestige auch wirtschaftlich positive Effekte", so Schmidt über die Vorteile einer EU-Agentur. Allerdings ist die geplante EU-Arbeitsbehörde, für die 140 Mitarbeiter und 50 Millionen Euro pro Jahr vorgesehen sind, im Vergleich zur EMA mit 900 Mitarbeitern und einem Jahresbudget von über 300 Millionen Euro, ein Zwerg.

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