Ausstellung Musica Femina: Mit Komponistinnen durch die Jahrhunderte
Die interaktive Schau "Musica Femina" in der Pflanzenorangerie des Schloss Schönbrunn holt weibliche Musikschaffende aller Jahrhunderte vor den Vorhang.
WIEN. Vor genau 100 Jahren erlangten die Frauen in Österreich das Wahlrecht. Der Weg zur Gleichberechtigung war somit geebnet, doch auch 2018 sind Frauen in vielen Berufen nach wie vor ihren männlichen Kollegen auf dem Lohnzettel nicht ebenbürtig. Auch Anerkennung müssen sich Frauen in vielen Sparten hart erarbeiten. Besonders schwer haben und hatten es Frauen in der Musikbranche. Sappho, Clara Schumann und Alma Mahler kommen als Komponistinnen in den Sinn, aber waren das wirklich alle Musikschaffenden Damen durch die Jahrhunderte? Eine neue Ausstellung in der Pflanzenorangerie des Schloss Schönbrunn setzt sich nun mit dieser Frage auseinander und holt Komponistinnen und Dirigentinnen vor den Vorhang – von Hildegard von Bingen bis Björk.
Besonders interessant ist der Aufbau der Ausstellung: Der 2.500 Quadratmeter große Saal, in dem in der kalten Jahreszeit die Palmen des Schlossgartens gelagert werden, wurde in einzelne abgegrenzte Räume eingeteilt, um die unterschiedlichen Schaffensräume der Komponistinnen darszustellen. Vorbei am Baum der Dirigentinnen beim Eingang, auf deren Äste sich Gipsabdrücke der Hände von zeitgenössischen Dirigentinnen wie Agnes Grossmann und Susanna Mälkki befinden, geht es im ersten Raum geradewegs ins düstere Mittelalter. "Im Mittelalter beginnt unsere Ausstellung", erklärt die Bühnen- und Kostümbildnerin Clarisse Maylunas, die gemeinsam mit der Autorin Irene Suchy die Schau "Musica Femina" konzipert und kuratiert hat. "Damals wurden nur in Klöstern klerikale Lieder komponiert – auch von Hildegard von Bingen." Hörbeispiele der bekannten Äbtissin stehen im Sakralen Raum ebenso den Besuchern zur Verfügung wie Infos und kurze Filme auf Tablets, die kniend in Betstühlen abgerufen werden können.
Ausstellungsräume wie Bühnenbilder
Das Mittelalter und die Renaissance hinter sich lassend geht es mit dem nächsten Raum in eine deutlich fröhlichere Zeit. Der Höfische Bereich stellt mit vier bunten, barocken Bühnenumrandungen eindrucksvoll das üppige und ausgelassene Leben bei Hofe dar. Im unbeschwerten Leben der adeligen Kreise konnten Frauen komponieren und Opern gestalten. "Frauen haben Frauen in der Geschichte stets gefördert", so Maylunas. "Maria Theresia etwa hatte eine Flut an Patenkindern, wie die Komponistin Maria Theresia Paradis, die sie massiv gefördert hat."
Unter hohen Stuckdecken und entlang fünf Notenlinien, die sich durch die gesamte Länge des Ausstellungsraumes zieht und mit Bildern von 100 Komponistinnen von Sappho bis Alma Deutscher bedeckt ist, geht es in einen Salon des 19. Jahrhunderts. Perserteppiche, geschwungene Sofas und ein schwarzer Flügel entführen die Besucher in die Welt der Alma Mahlers ihrer Zeit, die nicht nur als Mentorinnen fungierten sondern auch ihre eigenen Werke in den eigenen noblen vier Wänden zur Aufführung brachten. Auch hier laden interaktive Stationen ein, die Komponistinnen und ihre Arbeitsbedingungen kennenzulernen.
Unter dem Rock der Musen
"Nun kommt mein Lieblingsraum, der Raum der Musen", verrät Maylunas und führt in einen Bereich, den vier riesige Metallskulpturen dominieren. Unter dem Rock der Skulpturen von Clarisse Maylunas können die Besucher Soundduschen nehmen. "Hier befindet sich neben den Musen auch die Skulptur der Verhinderten", erläutert Maylunas die negativen bis vernichtenden Worte, die Komponistinnen im Lauf der Zeit zu hören bekamen. Auch von Kollegen wie Richard Strauss, für den "komponieren nun mal Männersache ist."
"Heutzutage gibt es hochanerkannte Komponistinnen wie Olga Neuwirth, aber es sind doch wenige. Vielleicht leigt das am mangelnden Selbstbewußtsein, das über Jahrhunderte anerzogen wurde", so die Kuratorin. Ebenfalls unerfreulich ist das Motto im anschließenden Raum: Im Raum der Verfemten wird den Komponistinnen unter den Nationalsozialisten mit Schattenriss-Skulpturen und auf dem Boden liegenden Notenblättern gedacht.
Ein Zimmer weiter ist der Zweite Weltkrieg bereits Geschichte und hölzerne Kinoreihen vor einer Leinwand symbolisieren Hollywood, wo es Frauen erstmals gelang, mit ihrer Filmmusik entsprechende Akzeptanz zu erhalten – bis heute. "Filme wie `The Human Stain´ und `Chocolat´leben von der Musik von Rachel Portman. Das ist Musik, die man immer wieder hören will", so Maylunas und führt in den letzten Raum der Ausstellung, der zeitgenössischen Komponistinnen gewidmet ist. "Ich persönlich liebe Klassik", so die Künstlerin, die Lili Boulanger als Lieblingskomponistin nennt. "Aber ehrlich: Gegen einen guten Rap habe ich auch nichts!"
Zur Sache
Die Ausstellung "Musica Femina" im Orangeriegarten Schloss Schönbrunn kann bis 2. September täglich von 9 bis 18 Uhr besucht werden. Eintritt in den Orangeriegarten: 3,80 Euro, Eintritt Ausstellung: Freie Spende. Begleitend findet eine Reihe von 17-Uhr-Konzerten statt, die Termine finden Sie auf www.musicafemina.at
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