Neue Ausstellung: Alles für die Katz oder auf den Hund gekommen?
Wir teilen unseren Alltag mit ihnen, betrachten sie als Familienmitglieder und lieben sie mehr als unsere Freunde: Die Rede ist von unseren Haustieren. Nun widmet das Naturhistorische Museum Hunden und Katzen eine eigene Ausstellung.
WIEN. In Österreich leben mehr als 750.000 Hunde und rund 1,6 Millionen Katzen. Diese Information erfährt man gleich beim Eintritt in die neue Ausstellung "Hund & Katz" im Naturhistorischen Museum. Aufgebaut als interaktive Schau, die besonders Kinder ansprechen soll, sind fünf Räume im altehrwürdigen Museum fröhlich gestaltet worden, Bildschirme mit Informationen und Videos wechseln sich mit Mitmachstationen ab. Im ersten Raum wird der Besucher von seinen Lieblingen in einer Vitrine begrüßt, allerdings ausgestopft und als Skelett. Um den Schein der Lebendigkeit zu waren, wurde eine trollig im Körbchen liegende Tigerkatze mit einer Bewegung im Bauch ausgestattet, die ein Atmen vortäuschen soll - die Verwirrung bei den kleinen Besuchern ist perfekt.
"Ich habe die Gleiche!", schreit ein Volksschüler aufgeregt und zeigt auf eine ausgestopfte weiß-braune Katze, die lauernd und mit anliegenden Ohren den ausgestopften beigen Hund vor sich anfixiert. "Meine heißt Bosso und ist eine tschetschenische Katze!" Nach dieser Information rennt der Schüler mit seinen Kollegen weiter zu einem riesigen Plakat, das die Vermehrung von Streunerkatzen mit unzähligen aufgemalten Katzen drastisch darstellt. `Ein Paar Streunerkatzen kann in vier Jahren 20.000 bis 21.000 Nachkommen haben´ weiß die Beschriftung und appelliert zur Sterilisation.
Vom Tempel zum Scheiterhaufen
Weniger dramatisch ist das erste Video, das in einem überdimensionierten Postkasten gezeigt wird. In einem Schwarzweißfilm von schlechter Qualität flimmert das Empirestatebuilding über den Bildschirm. Vorgestellt wird der erste Therapiehund, der natürlich noch nicht als solcher bezeichnet wurde, mit dem sich 1953 ein autistischer Bub in New York zu unterhalten begann. Weiter geht´s in Farbe mit der Erklärung, dass Hunde sogar Tumore in Menschen erschnüffeln können. Genug der Wissenschaft, steht der anschließende Raum ganz im Zeichen des Tiers in der Kunst. Das Plakat zum Chat Noir Cabaret in Paris von Théophile Alexandre Steinlen darf ebenso wenig fehlen wie der interessiert ins Grammophon lauschende "His Master´s Voice"-Terrier.
In einer Ecke steht ein türkiser Eiswagen mit Sonnenschirm, auf dem statt gefrorenen Naschereien Quizkarten zu finden sind. Mit Informationen wie ´Könnte es sich eine Katze aussuchen, hätte sie 15 bis 19 Mahlzeiten pro Tag´und Ìn Frankreich werden jedes Jahr 100.000 Hunde und Katzen ausgesetzt´ versorgt, richtet sich der Blick auf die Geschichte unserer vierbeinigen Freunde: Seit 15.000 Jahren lebt der Hund mit uns, seit 10.000 die Katze. Während ersterer bis ins 17. Jahrhundert rein landwirtschaftliche Funktionen inne hatte, wurde die Katze bei den alten Ägyptern für ihren Schutz der Ernte vor Mäusen sowie dem wackeren Töten von Schlangen als heilig verehrt. In Europa fiel der Status der Samtpfote ins Unermessliche. Von der Kirche im Mittelalter als dämonisch verdammt, wurden sie nicht nur verbrannt sondern auch verzehrt und ihr abgezogenes Fell verwendet.
Grabbeigaben, Eismumien und Kronzprinz Rudolfs Jagdhund
An dieser Station sind wenige Mütter mit kleinen Kindern zu finden, diese nehmen lieber die interaktiven Mitmachstationen in Beschlag. Doch zuvor muss noch ein Raum durchquert werden, in dem man unvermittelt dem Jagdhund von Kronprinz Rudolf gegenübersteht. Braun und zähnefletschend wurde er 1882 in Prag ausgestopft und muss sich 135 Jahre später eine Vitrine mit zwanzig Hundeschädel in allen Größen teilen. In einem kleineren Schaukasten ist ein Hundeskelett zu bestaunen, das vor 4.500 Jahren als Grabbeigabe in einem Kindergrab in Herzogenburg begraben wurde. Grauslich es weiter und zwar mit Hundewelpen und einem kuscheligen Höhlenlöwenbaby, die als Eismumien in Russland gefunden wurden.
Schon ist der große Raum erreicht, in dem Schulklassen ganz klar das Kommando übernommen haben. Einzelne Erwachsene versuchen sich teils erfolglos an Fragen auf Bildschirmen und Holztafeln wie ´Je kleiner der Hund desto bösartiger´(Antwort nein) und `Dürfen erwachsene Katzen Milch trinken?´(Antwort ebenfalls nein, da Katzen keine Enzyme haben, die Laktose verdaut). Kaum einen Platz an einer Simulation ergattert, die den Besucher in den verschwommenen Blickwinkel der Katze versetzt, drängt auch schon ein Mädchen mit einem empörten "Mann!"-Ausruf die Erwachsene vom Hocker.
Dafür sind Erklärstationen, wo Dinge wie hündisches Schnüffeln an Kot und Urin als "wichtige Information über künftige Sexualpartner" erläutert werden - wieder den erwachsenen Besuchern überlassen. Im letzten Raum, der in Baustellenoptik gehalten ist, haben dafür die großen Besucher, die vorwiegend aus Männern bestehen, keine Chance auf den Platz an einer Mitmachstation. Ein runder Springbogen, in dem der Mensch seine Sprungkünste mit denen der Katzen messen kann wird ebenso von Kindern in Beschlag genommen wie eine Slalomstrecke, in der Kinder ihre Schnelligkeit mit denen der Hunde vergleichen. Die Ergebnisse sind wenig überraschend: Überall liegt der Mensch mit seinen körperlichen Fähigkeiten hinter den Vierbeinern zurück. Als 1,80 Meter großer Mensch müsste man mit Katzenfähigkeiten aus dem stand neun Meter springen können ist ebenso entmutigend wie der Unfähigkeit, auch nur annähernd so schnell wie ein kleiner Hund zu laufen.
Vorbei an vier abgegrabbelten Teppichresten, die als Katzenbehaarung zum Anfassen gedacht sind, kann abschließend in einem großen Quiz inmitten einer weiteren Schulklasse das teils neu erworbene Wissen getestet werden. Und hier erfährt man Erstaunliches: Kein Hund sieht die Farbe Rot und Hunde sind keine Rechtshänder sondern greifen auch schon einmal mit der linken Pfote nach dem Ball.
Fazit beim Verlassen des Museums: Wer sich als erwachsener Katzenliebhaber auf außergewöhnliche Mitmachstationen oder die Evolution infrage stellende Erkenntnisse gefreut hat, wird enttäuscht. In Kindern die Begeisterung für Museen zu wecken, wird mit dieser interaktiven Ausstellung hingegen bestimmt gelingen. Absolute Wochenendempfehlung für Familien - auch wenn kein Haustier daheim wartet.
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