Wildon: Buchvorstellung an der Wiege der steirischen Urgeschichte
Am 14. Juni ab 18 Uhr wurde im Schloss Wildon das neu erschienene zweibändige Werk „Der Wildoner Schlossberg. Die Ausgrabungen des Landesmuseums Joanneum 1985–1988“ erstmals der Öffentlichkeit präsentiert.
Der „Hengist“, wie man im Hochmittealter den Höhenzug von Buchkogel und Wildoner Schlossberg genannt hat und heute eine aufstrebende Kulturregion bezeichnet, wird dank seines reichen kulturhistorischen Erbes nicht umsonst als „Wiege der Steiermark“ bezeichnet. In diesem bedeutenden Zentralraum steirischer Geschichte siedelten bereits vor 6000 Jahren erste „steirische“ Bauern. Am Wildoner Schlossberg haben uns diese Menschen aus beinahe jeder Kulturepoche reiche archäologische Zeugnisse hinterlassen. Aber auch einzigartige Fundplätze aus der Erdgeschichte mit Mineralien und Fossilien findet man am Wildoner Schlossberg. An diesem begehrten Siedlungsplatz hoch über der Mur stand wohl auch um das Jahr 1000 die legendäre Hengistburg, deren Lage am Schlossberg oder doch im Bereich unter der heutigen Pfarrkirche von Hengsberg in der Vergangenheit von Historikern immer wieder diskutiert worden war. Die Hengistburg war jedenfalls der Sitz des Markgrafen der Mark an der mittleren Mur, die im Westen bis zur Koralm, im Norden bis zur Kalten Rinne bei Röthelstein, im Osten bis zur Wasserscheide zwischen Mur und Raab und im Süden bis etwa an die heutige Landesgrenze des Bundeslandes Steiermark reichte. Dieses Territorium bildete die Keimzelle der späteren Steiermark.
Buchpräsentation
Am 14. Juni ab 18 Uhr wurde im Schloss Wildon das neu erschienene zweibändige Werk „Der Wildoner Schlossberg. Die Ausgrabungen des Landesmuseums Joanneum 1985–1988“ erstmals der Öffentlichkeit präsentiert. Nach mehr als 30 Jahren konnte damit ein Projekt vollendet werden im Zuge dessen nicht nur bedeutende Erkenntnisse zur frühen Besiedlungsgeschichte der Steiermark und des Südostalpenraums speziell in der mittleren Jungsteinzeit und in der Kupferzeit gewonnen wurden, sondern auch umfangreiche Bestände der Ur- und Frühgeschichtlichen Sammlung des Universalmuseums Joanneum bearbeitet werden konnten.
Groß darüber war die Freude natürlich auch bei Obmann Bgm. Joachim Schnabel vom Verein Kulturpark Hengist und Wildon-Bgm. Helmut Walch sowie Festredner Karl Peitler vom Universalmuseum Joanneum. Peitler bezeichnete den Wildoner Schlossberg als einen von „mehreren Zauberbergen der Steiermark“, weil hier eine ununterbrochene Besiedelung bis in die Neuzeit nachweisbar und damit herausragende Bedeutung im Südostalpenraum verbunden sei.
Festredner
Man habe geradezu darauf gewartet, betonte Bernhard Hebert vom Bundesdenkmalamt, dass die Urgeschichte der Steiermark am Wildoner Schlossberg aufgearbeitet und in Buchform präsentiert werde. Dem 2016 verstorbenen Grabungsleiter und Historiker Diether Kramer und Buchautor und Historiker Georg Tiefengrabner sei es zu verdanken, dass man heute an der Wiege der steirischen Urgeschichte stehe und endlich über eine Zeit erfahre, die lange Zeit überhaupt nicht wahrgenommen worden sei.
Der Schlossberg von Wildon
Buchautor und Historiker Georg Tiefengrabner sah sein Werk allerdings lediglich als eine erste Zwischenbilanz. „Vieles ist noch unbearbeitet, vor allem die mittelalterlichen Funde der Ruine Alt Wildon“, so Tiefengrabner, der die wichtigsten Abschnitte seines Buches erläuterte.
Schon in der mittleren Jungsteinzeit haben sich Menschen am Wildoner Berg als naturräumlich und verkehrsgeografisch begünstigten Platz niedergelassen. „Seine beinahe ununterbrochene Besiedlung bis in die Neuzeit verleiht ihm nicht nur in der Steiermark, sondern im gesamten Südostalpenraum eine einzigartige Stellung“, bekräftigte der Autor.
Im Wesentlichen wurden mit dem Projekt Begehungen und Fundaufsammlungen von Diether Kramer (1942–2016) ausgewertet. Dieser hatte auf dem Wildoner Schlossberg 1985 ein Grabungs- und Konservierungsprojekt in Angriff genommen, das bis 1994 dauern und sich 1985 bis 1988 auf den „Turnierplatz“ sowie ab 1991 auf die Burg bzw. Burgruine Alt-Wildon konzentrierte.
Bereits 2006 gelang es Kramer, für die Aufarbeitung der umfangreichen Funde und Befunde aus den Ausgrabungen auf dem „Turnierplatz“ ein vom österreichischen Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung gefördertes Projekt zu initiieren, dessen Ergebnisse jedoch bis dato nicht publiziert worden war.
Geschichte in Buchform
Das zweibändige Werk, das Diether Kramer gewidmet ist, wertet nun endlich die überarbeiteten, aktualisierten Ergebnisse der Ausgrabungen von Kramer auf dem Turnierplatz des Wildoner Schlossbergs aus. „Aufgrund der Komplexität handelt es sich beim Wildoner Schlossberg um die bedeutendste prähistorische Fundstelle des österreichischen Südostalpenraums“, betonte Autor Tiefengrabner.
Begleitet wurde die Vorstellung des Buches von einem experimentalarchäologischen Rahmenprogramm und einem „Steinzeit-Buffet“ mit Hirseeintopf, auf heißen Steinplatten gegrilltem Rindfleisch und Brennesselsamenbrot. Dazu gab es einen speziellen „Hengistwein“ vom Wildoner Weingut Bockmoar.
Mehrere Kulturschienen
Kultur wird in Wildon groß geschrieben
Bgm. Helmut Walch ist jedoch nicht nur stolz darauf, Bürgermeister der Wiege der Steiermark zu sein, sondern im Markt Wildon gleich auf mehrere kulturelle Schienen blicken zu können. "Wir haben bei uns klassische, normale und traditionelle Kultur wie etwa die Wildoner Schlossbergspiele, die ab 28. Juni am historischen Ort, dem Wildoner Schlossberg, Theater spielen", freut sich Walch. Er verweist auch auf ein großes Musikantentreffen vom 28. bis 30. Juni, das die Marktmusikkapelle Wildon am Badesee veranstalte. Aber auch die Herand-von-Wildon-Musikschule lädt dieser Tage zu einem Abschlusskonzert ein und bildet den Wildoner Musiknachwuchs aus.
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