"Es ist viel mehr Berufung als Beruf"

Silvia König aus Kammern hätte ursprünglich eine Tagesmutter gebraucht, hat sich dann aber selbst zu einer ausbilden lassen. Im Bild mit Mia (2) und Sebastian (3).
4Bilder
  • Silvia König aus Kammern hätte ursprünglich eine Tagesmutter gebraucht, hat sich dann aber selbst zu einer ausbilden lassen. Im Bild mit Mia (2) und Sebastian (3).
  • hochgeladen von Astrid Höbenreich-Mitteregger

LEOBEN, KAMMERN. Hannas Puppe müsste man sein. Während Enya und David spielen, verhätschelt die Dreijährige ihr Puppenkind nach Strich und Faden. Nur der kleine Benjamin zieht es vor, mit Tagesmutti Simone Wurm zu kuscheln. Glücksmomente für die 34-Jährige, die seit fünf Jahren den Beruf der Tagesmutter bei der Volkshilfe Leoben ausübt und sich nichts Schöneres vorstellen kann. „Ich habe schon immer gerne auf Kinder aufgepasst, beruflich war ich aber im Hotel- und Gastgewerbe tätig. Als ich dann mit meinen beiden eigenen Kindern – heute neun und zwölf Jahre alt – nach Leoben-Seegraben zog, wo ich schon zwei Tagesmütter kannte, habe ich mich dazu entschlossen, ebenfalls eine solche Ausbildung zu machen“, erzählt sie.

Dieser Blick

Eine Entscheidung, die sie nie bereut hat, im Gegenteil. „Das, was mir an diesem Beruf so gefällt, ist, dass jeder Tag anders ist, dass ich sehe, wie die Kinder sich entwickeln, zusammengewöhnen und voneinander lernen. Dieser Blick, wenn ein Kind sich freut oder etwas geschafft hat – es gibt nichts Schöneres. Und man kann auf jedes Kind eingehen“, ist Simone Wurm begeistert. Sie betreut „ihre“ Kleinen im Alter von eineinhalb bis sechs Jahren von morgens halb acht bis in die Nachmittagsstunden.

Tagesablauf

„Ein Tag bei uns sieht so aus, dass ich mit den Kindern erst einmal plaudere, was sie am Vortag so erlebt haben. Danach gibt es Jause und dann gehen wir hinaus. Wenn es Schnee hat zum Bob fahren, im Sommer zum Schwimmen. Sonst füttern wir Enten, gehen in den nahen Wald, zum Pferdestall oder zum Einkaufen. Danach wird gekocht, manche halten Mittagsschlaf. Es sind alltägliche Dinge, von denen die Kinder und ich aber soviel mitnehmen.“

21 Jahre Tagesmutter

Seit genau 21 Jahren ist Meggy Hochfellner aus Kammern bereits Tagesmutter, und das mit Leib und Seele. Sie betreut zeitversetzt insgesamt sechs Kinder im Alter von ein bis neun Jahren. „Ich trage diese Liebe für Kinder in mir, Tagesmutter zu sein ist für mich viel mehr Berufung als Beruf. Davor habe ich lediglich Jobs ausgeübt, um Geld zu verdienen“, erzählt die 55-Jährige. Die Entwicklung der Kinder, die ersten Schritte zu verfolgen, sei nur ein Aspekt für ein erfüllendes Tagesmutter-Dasein. „Wenn die Kinder dich dann annehmen als eine Art Mama-Ersatz, wenn sie kuscheln kommen, das ist wunderschön. Ich bin auch oft ‚Therapeutin‘ oder Freundin für die Eltern“, so Hochfellner. Für ihre eigenen Kinder seien jene, die täglich ins Haus kamen, ebenfalls eine Bereicherung gewesen.

"Das Beste, was ich getan habe"

Genauso sieht es auch Silvia König, die seit eineinhalb Jahren Tagesmutter in Kammern ist. Eigentlich habe die 34-Jährige vor zwei Jahren selbst eine Tagesmutter für ihren damals fünfjährigen Sohn gesucht, sich dann aber entschieden, ihre Arbeit als Einzelhandelskauffrau aufzugeben und gleich selbst Tagesmutter zu werden. „Es ist das Beste, was ich jemals getan habe. Das Lachen der Kinder, zuzusehen, wie sie lernen, aber auch Grenzen zu setzen. Es ist natürlich nicht immer nur alles eitel Wonne, aber es gibt nichts, was ich missen möchte. Wir sind wie eine große Familie und mein Sohn liebt die Kinder genauso, wie sie ihn“, sagt Silvia König.

Drei bis vier neue Arbeitsplätze

„Wir würden unbedingt mehrere zusätzliche Tagesmütter oder -väter im Bezirk Leoben brauchen. Tagesmütter sind extrem nachgefragt, vor allem wegen der Flexibilität im Vergleich zu einer Kinderbetreuungseinrichtung. Wir könnten hier drei bis vier neue Arbeitsplätze schaffen“, sagt Andrea Schaller, Leiterin des Sozialzentrums Leoben der Volkshilfe. Derzeit seien 18 Volkshilfe-Tagesmütter tätig, etwa in Leoben, Niklasdorf, Eisenerz, Kammern, St. Michael, St. Stefan oder Trofaiach. Zu wenige. „Einen Ganztagesbetreuungsplatz für ein Kind könnten wir momentan nur in Eisenerz anbieten, weil uns einfach die Tagesmütter im restlichen Bezirk fehlen“, so Schaller weiter. Der Beruf sei ideal für Frauen, die einen Wiedereinstieg ins Berufsleben wagen möchten und vielleicht selbst Kinder zu Hause haben. „Wie gesagt, Tagesmütter sind sehr nachgefragt und es brennt uns wirklich unter den Nägeln, Interessierte dafür zu finden“, betonen Schaller und Kathrin Haßler-Zach, Bereichsleiterin der Kinderbetreuung.

Info

Die Volkshilfe Steiermark ist ein Ausbildungsträger, der die Ausbildung zur Tagesmutter/zum Tagesvater nach den Richtlinien der Steiermärkischen Landesregierung anbietet. Danach gibt es laufend pädagogische Schulungen und regelmäßige Sicherheits- und Qualitätskontrollen. Die Ausbildung umfasst theoretische (319 Stunden) als auch praktische (160 Stunden) Einheiten.
Der nächste Kurs beginnt am 5. Februar und dauert bis 4. Juli, jeweils von Montag bis Donnerstag, 8.30 Uhr bis 15.30 Uhr. Kursort: Kinderfreunde Graz-Jakomini, Friedrichgasse 24, 8010 Graz. Im Herbst startet erneut ein Kurs. Kursort: BFI Leoben/Graz. Aufnahmekriterien sind unter anderem ein Mindestalter von 18 Jahren, neun Pflichtschuljahre, ausreichende Deutschkenntnisse sowie ein Zertifikat über den Erste-Hilfe-Grundkurs. Nähere Informationen im Sozialzentrum Leoben der Volkshilfe unter der Telefonnummer 03842/47 0 27, E-Mail: sozialzentrum.le@stmk.volkshilfe.at oder unter www.tagesmutter-ausbildung.at

Push-Nachrichten auf dein Handy
MeinBezirk.at auf Facebook verfolgen
Die Woche als ePaper durchblättern
Newsletter deines Bezirks abonnieren

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.