Aktenaffäre: "Habe Stellungnahmen vertraut"

Bürgermeister Klaus Luger zeigte sich erleichtert, nun endlich über seine Sicht der Dinge betreffend die Aktenaffäre sprechen zu können. | Foto: Gregor Hartl
  • Bürgermeister Klaus Luger zeigte sich erleichtert, nun endlich über seine Sicht der Dinge betreffend die Aktenaffäre sprechen zu können.
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Hunderte Verwaltungsstrafanzeigen, die die Finanzpolizei dem Magistrat zur Bearbeitung geschickt hat, sollen nicht bearbeitet worden und daher verjährt sein. Darum geht es in der Linzer Akten-Affäre. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt in der Causa gegen sechs Verdächtige: fünf Magistratsbedienstete sowie den Linzer Bürgermeister Klaus Luger. Dieser veröffentlichte in einer Pressekonferenz Anfang der Woche alle seine Mails und Aktenvermerke, die die Akten-Affäre betreffen. Darauf hatte der Kontrollausschuss des Gemeinderates seit Monaten gedrängt, Luger hatte mit Hinweis auf seine Verschwiegenheitsverpflichtung abgelehnt. Da die Ermittler nun einen Zwischenbericht an den Staatsanwalt übermittelt haben, sei es ihm nun erstmals möglich, über Inhalt und einzelne Sachverhalte des Verfahrens öffentlich zu sprechen, so Luger. Die Unterlagen zeigen, wer im Magistrat welche Maßnahmen veranlasst hat. So geht daraus hervor, dass der Geschäftsbereich Abgaben und Steuern den Vorwurf der zu geringen Personalausstattung als "pauschal nicht zulässig" zurückgewiesen habe. Magistratsdirektorin Martina Steininger soll versichert haben, dass "alle zielführenden Schritte" zur Klärung "eingeleitet waren". Luger sei erst nach Einlangen der Strafanzeige im Mai 2017 klar geworden, dass die Affäre eine strafrechtliche Komponente habe: "Ich habe den Stellungnahmen des Geschäftsbereichs vertraut. Es kommt ja nicht alles zum Bürgermeister." Für ÖVP, Grüne und Neos gibt es in der Causa noch immer viele offene Fragen. Luger sei in der Causa befangen. Sie verlangen daher von seiner Stellvertreterin Karin Hörzing eine Liste aller Unterlagen samt Vollständigkeitserklärung.

Dokumente des Bürgermeisters

Die Dokumente, die nun offengelegt wurden, sollen zeigen, worüber der Bürgermeister zu welchem Zeitpunkt informiert war:

• Am 2. Juni 2016 wird Luger seinen Angaben durch ein Mail von Peter Weldy, Leiter der Finanzpolizei in Oberösterreich und Salzburg, erstmals über sechs Verjährungsfälle informiert. Der Bürgermeister schreibt zurück: "Werde mich umgehend der Sache annehmen."

• Am 7. Juni beauftragt Luger Magistratsdirektorin Martina Steininger, die Vorwürfe zu prüfen.

• Am 15. Juni gibt Steininger nach Rücksprache mit dem zuständigen Geschäftsbereich Abgaben und Steuern an, dass die Anzeigen "teilweise sehr umfangreich" seien und eine Bearbeitung "mit entsprechenden Personalresourcen nur bedingt möglich" sei. Dies bezeichnet Luger als "Schutzbehauptung". Der Bürgermeister kontert, dass man als Magistratsdirektorin "auch unter gegebenen personellen Rahmenbedingungen Schwerpunkte setzen" könne.

• Bürgermeister Klaus Luger beauftragt Steininger mit der weiteren Bearbeitung, diese legt die Vorgangsweise mit dem Geschäftsbereich fest. Von einem Personalmangel ist daraufhin nie wieder die Rede. In mehreren Schreiben weist der Geschäftsbereich unter anderem darauf hin, dass "der Vorwurf der zu geringen Personalausstattung so pauschal nicht zulässig ist".

• Im September 2016 versichert Magistratsdirektorin Steininger, dass die Direktion des Geschäftsbereich "die Sache im Griff" habe. Mit der Finanzpolizei habe ein persönliches Gespräch stattgefunden, im Geschäftsbereich werden Fälle aufgearbeitet. Verfahren, die tatsächlich verjährt sind, wurden eingestellt. Zwischenzeitlich erfuhr Luger, dass das Kontrollamt eine rein routinemäßige Prüfung des gesamten Geschäftsbereich gestartet hat. Luger sei daher zu diesem Zeitpunkt davon ausgegangen, dass "alle zielführenden Schritte zu Klärung eingeleitet waren".

• Am 23. Dezember 2016 jedoch meldet sich neuerlich Finanzpolizei-Leiter Peter Weldy. Er informierte Luger, dass deutlich mehr Fälle als bisher angenommen betroffen sein sollen. 155 Anzeigen seien im Linzer Magistrat eingestellt worden. Er sei von dieser Mitteilung "äußerst überrascht gewesen", so Luger. Unmittelbar vor seinem Urlaubsantritt am 27. Dezember habe er daher schriftlich eine Stellungnahme von Magistratsdirektorin Martina Steininger eingefordert.

• Am 3. Jänner 2017 ergeht ein Bericht des Bereichs Abgaben und Steuern an die Magistratsdirektorin, die ihn einen Tag später dann an Luger weiterleitet. "Die Darstellung bzw. die Aussage (Anm.: des Mag. Weldy), dass die Anzeigen der Finanzpolizei wegen Personalmangel nicht bearbeitet werden können, entspricht nicht unserer Aussage." Der Geschäftsbereich habe eine abgearbeitete und mit dem jeweiligen Verfahrensstand ergänzte Liste an die Finanzpolizei übermittelt. Daraus ersichtlich ist ein Zuwachs von gesamt 48 zu bearbeitenden Fällen. Dieser Gesamtanstieg sei "überschaubar", so Luger. Weiters wird über eine Anordnung von Überstunden und den Einsatz einer zusätzlichen Mitarbeiterin berichtet.

• Luger hält am 10. Jänner Rücksprache mit Steininger. Erneut wird festgestellt, es sei eine "falsche Aussage, Personalmangel sei schuld" an der Situation und der Geschäftsbereich habe "Maßnahmen ergriffen". Luger erkennt jedoch Widersprüche im Zahlenwerk des Geschäftsbereichs und beauftragt Steininger, dieses gemeinsam mit dem Geschäftsbereich zu hinterfragen.

• Am 16. Jänner 2017 versichert die Direktion des Geschäftsbereichs dem Leiter der Finanzpolizei, man werde "mit den derzeit bestehenden personellen Ressourcen bestmöglich versuchen, keine Verjährungen mehr eintreten zu lassen". Man habe "durch die Erbringung von Überstundenleistungen und dem Focus auf der Einleitung von Verfahren Wort gehalten".

• Am 2. Februar 2017 erscheint der Kontrollamtsbericht über den Geschäftsbereich Abgaben und Steuern. Luger legt mit dem damaligen Finanzstadtrat Christian Forsterleitner sowie Magistratsdirektorin Steininger verschiedene Schwerpunkte fest: Kommunalabgabe, Tourismusabgabe, Parkraumbewirtschaftung sowie neue IT-Programme für die Abteilung. Der Geschäftsbereich akzeptierte die Empfehlung des Kontrollamtes, den Personalbedarf einer magistratsinternen Objektivierung zu unterziehen.

März bis Juni 2017: Der Bericht des Kontrollamtes wurde in der Sitzung des Kontrollausschusses am 20. März 2017 beraten. Die ausdrücklich erwähnten Feststellungen zur Verjährungen an Strafverfahren wurden dem Kontrollausschuss zur Kenntnis gebracht. Dieser sah keinen weiteren zusätzlichen Handlungsbedarf und schloss sich den Empfehlungen des Kontrollamtes an. Luger wurde erst am 9. 6. 2017 wieder mit dieser befasst. Magistratsintern wurden jedoch die Empfehlungen nach dem Kontrollamts-Bericht abgearbeitet, vor allem im Hinblick auf die Personalsituation. In diesem Zusammenhang wurde Personaldirektorin Schmidsberger aktiv. Zudem erfolgten intern seit April 2017 Maßnahmen gegen den Personalmangel, in die Luger jedoch nicht operativ involviert gewesen sei.

• Am 30. Mai 2017 zeigt die Finanzpolizei die Stadt Linz bei der Staatsanwaltschaft an. Erst da sei ihm bewusst geworden, dass die Causa auch "eine strafrechtliche Komponente hat", sagte Luger. "Es kommt doch nicht alles zum Bürgermeister. Ich habe den Ausführungen des Geschäftsbereichs immer vertraut." Nachdem er medial von der Anzeige erfahren habe, habe er sofort eine Stellungnahme eingefordert und das Kontrollamt mit einer vertieften Prüfung der Abteilung beauftragt.

• Am 9. Juni 2017 gab der Geschäftsbereich Abgaben und Steuern eine Sachverhaltsdarstellung ab: Die medial angeführten Zahlen seien "Zahlen aus der Vergangenheit, welche nicht mehr aktuell sind". Es seien sofort nach Weldys Beschwerde Maßnahmen für die Bearbeitung der Rückstände getroffen worden, auch von fünf Personalmaßnahmen war die Rede. Der Geschäftsbereich gibt an, dass aktuell "110 Verfahren noch einzuleiten bzw. einzustellen" seien. Ein an die Finanzpolizei übermittelter Vorschlag zur Verbesserung bzgl. unzureichender Anzeigensachverhalte sei "leider nicht angenommen" worden.

• Am 14. Juni informieren die Personaldirektion und der Geschäftsbereich den Bürgermeister erneut, dass "der Vorwurf der zu geringen Personalausstattung so pauschal nicht zulässig" sei, die in den Medien kolportierte Zahl von 4.542 offenen Verfahren "falsch" sei. Entsprechend der Empfehlung des Kontrollamtes wurde eine Personalbedarfserhebung durchgeführt: "Der in dieser Erhebung festgestellte zusätzliche Personalbedarf wurde insofern berücksichtigt, als sofort ein zusätzlicher Jurist gesucht wurde, der mit 1. 8. 17 seine Tätigkeit aufnehmen wird."

• Ebenfalls am 14. Juni 2017 langt die Strafanzeige bei der Stadt Linz ein. Darin ist von 171 Einstellungen "in Folge von Verfolgungsverjährungen“ die Rede. Da es gegenüber den Behauptungen vom 23. 12. 2016 keinen Hinweis auf weitere Verjährungen gibt, verstärkt sich für Luger der Eindruck, es handle sich bei der Strafanzeige um den „alten“ Sachverhalt, der laut dem Geschäftsbereich nicht der Realität entspräche.

• Am 28. Juli 2017 erhält Steininger Informationen, dass es Verjährungen auch im Bereich Lebensmittelgesetz gegeben haben soll. Steininger veranlasst umgehend organisatorische Hilfestellung für Abteilungsleitung Strafen, sodass sich diese verstärkt um die Aufbereitung offener Fälle kümmern könne.

• Am 31. Juli 2017 erfährt davon auch Bürgermeister Klaus Luger. Er wird von Steininger telefonisch darüber in Kenntnis gesetzt. Steininger erteilt außerdem den Auftrag die Vorwürfe zu prüfen, die Stadt Linz habe Bundesabgaben zu Gunsten städtischer Strafen vernachlässigt.

• Am 19. Oktober 2017 gibt Luger im Gemeinderat eine Erklärung ab. Er beauftragt Vizebürgermeister Karin Hörzing mit der Vertretung aller Amtshandlungen im Zusammenhang mit dem anhängigen Strafverfahren, um keine Befangenheit zu erwecken.

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