30 Jahre Freie Schule Hofmühlgasse
Kinderplenum, keine Hausübung oder Schultasche: Die Freie Schule Hofmühlgasse funktioniert anders. Für den kommenden Herbst sind noch Plätze vorhanden, die Anmeldung ist jederzeit möglich.
MARIAHILF. Wenn man das Haus in der Hofmühlgasse 2 betritt, ist augenblicklich klar, wo man sich befindet: an einem Ort, wo es viele Kinder gibt. Einerseits ist das nicht zu überhören, andererseits weisen schon die zahlreichen Roller, die Dekoration und nicht zuletzt ein an der Wand befestigter Zeitstrahl, der 30 Jahre zurückreicht, auf die Bildungsinstitutionen, die sich in dem Haus befinden, hin. Das Haus in der Hofmühlgasse hat Geschichte. Bildungsgeschichte, um genau zu sein. Und dazu gehört unter anderem die Freie Schule Hofmühlgasse, die sich hier neben anderen Bildungs- und Betreuungseinrichtungen befindet. Seit 1984 hat sie ihren Sitz in Mariahilf und kann deshalb getrost als "Institution" bezeichnet werden.
Geht man den Zeitstrahl entlang, gelangt man nicht nur ins Jetzt, sondern auch in den Hof der Schule, wo der Lautstärkepegel schlagartig zunimmt. Es ist Dienstagnachmittag, die Kinder spielen im Sand, schaukeln oder pflanzen Kräuter und Blumen an. Denn Dienstag ist der sogenannte "Flexi-Tag". Das bedeutet, dass am Nachmittag immer etwas anderes auf dem Programm steht. Und diesmal ist es, passend zur Jahreszeit, eben das Anpflanzen von Grünzeug, das nach den Osterferien den Hof schöner machen und natürlich auch die Jause in der Schule verfeinern soll. Denn gegessen wird in der Schule gemeinsam, sowohl zu Mittag als auch die Jause.
Einst selbst Schülerin der freien Schule
Das sind Fixpunkte im Alltag der Freien Schule, die eben ein bisschen anders funktioniert als eine Regelschule. Die 41 Kinder seien im Volksschulalter und "ganz normal" in Klassen aufgeteilt, erklärt Katharina King, die selbst schon in diese Schule gegangen ist. Heute besuchen zwei ihrer Kinder die Freie Schule. Sie ist auch Obfrau des Vereins, über den die Schule organisiert ist. Streng genommen wird hier zwar häuslicher Unterricht betrieben, weil es eben keine Regelschule mit Öffentlichkeitsrecht ist, unterrichtet wird aber von acht Lehrerinnen, zwei pro Klasse.
Tafel, Leseecke und Kinderplenum
Jede der vier Klassen verfügt über zwei Räume: einen mit Stühlen, Tafel und Co., einen zum Spielen und Zurückziehen mit einer kuscheligen Leseecke und Ähnlichem. Der Unterricht beginnt mit einer freien Ankommphase. Die erste von zwei Unterrichtseinheiten beginnt um 9 Uhr. Nach einer Pause mit Jause folgt die zweite. Am Nachmittag stehen dann unterschiedliche Aktivitäten auf dem Programm: von Bewegung über Musik bis hin zum Garteln. Fad wird den Kindern hier ganz sicher nicht. "Unsere Kinder haben auch keine Schultasche, denn Hausübungen in der Form gibt es hier nicht. Die Aufgaben werden bereits in der Schule erledigt."
Eine weitere Besonderheit ist das Kinderplenum, bei dem einmal in der Woche alle zusammenkommen. Hier werden unterschiedlichste Anliegen besprochen, Wünsche vorgetragen und gemeinsam beschlossen. Dabei haben die Kinder ein echtes Mitspracherecht, auch wenn ihre Wünsche manchmal pädagogisch weniger wertvoll ausfallen. So haben sie einst beschlossen, eine Videospielkonsole in der Schule zu haben – um sie dann selbstständig wieder abzuschaffen, denn nach einiger Zeit haben sie bemerkt, dass es Lustigeres gibt, als in den Fernseher zu starren. So folgt auch der Unterricht Grundsätzen, nach denen frei von Druck und den individuellen Bedürfnissen angepasst gelernt wird. Die Lernziele sind dieselben wie in einer Regelschule, denn die Kinder müssen Externistenprüfungen ablegen. Aufgenommen werden Kinder aus allen Bezirken. Ein Großteil kommt aber aus der direkten Umgebung, also aus Mariahilf und Neubau.
Eltern arbeiten mit
Will man sein Kind hier in die Schule schicken, muss man auch als Elternteil bereit sein, mitzuarbeiten. Das ist ein zentraler Bestandteil der Schulphilosophie. Dabei übernimmt jede Familie "Jobs". Diese reichen vom Betreuen der Homepage über Kochdienst bis hin zu handwerklichen Tätigkeiten im Schulhaus. "Das muss man wollen und sich auch die Zeit dafür nehmen", so King.
Und: Man muss sich nicht nur die Zeit dazu nehmen, sondern auch die finanziellen Möglichkeiten haben. Pro Schuljahr beläuft sich der Beitrag für ein Kind monatlich auf 370 Euro, zwölfmal im Jahr. Dafür bekommen die Kinder ein Betreuungsverhältnis, das es in Regelschulen nicht gibt, und eben: Raum für freie Entfaltung.
Zur Sache:
In der Freien Schule Hofmühlgasse sind für das kommende Schuljahr noch Plätze frei. Kontakt zur Schule gibt es auf www.freieschule.net oder unter 0699/15868143. Auch Quereinsteiger während des Schuljahrs sind willkommen.
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