"Taxi.Speiber" im Off Theater: Qualtingers "Herr Karl" trifft Scorseses "Taxi Driver"
Ab Donnerstag, den 5. Oktober ist das neue Mash-up des Bernhard Esembles zu sehen – Einblicke in die abgründige Wiener Seele inklusive.
NEUBAU. Martin Scorseses "Taxi Driver" und der "Herr Karl" von Helmut Qualtinger haben auf den ersten Blick ja nicht allzu viel miteinander zu tun. Hört man allerdings Ernst Kurt Weigel zu, ändert sich diese Sichtweise binnen kürzester Zeit. Denn unter seiner Regie bringt das Bernhard Ensemble sein neuestes Mash-up - also Film gemischt mit Bühnenklassiker - den "Taxi.Speiber", auf die Bühne des Off Theaters. Dabei werden der Hollywood-Klassiker und der legendäre österreichische Monolog in ein Stück verwoben, das sich den Abgründen Wiens widmet.
Verbindendes Thema ist die Einsamkeit. Denn sowohl Taxi Driver Travis Bickle als auch der Herr Karl sind sehr einsame Figuren. Und: "Beide haben das Potenzial zum Mörder", auch wenn das beim Herrn Karl oft übersehen werde. "Er stellt sich selbst zwar als Opfer dar, war aber genauso Täter wie Bickle. Er war ein Mitläuferschwein wie viele andere, der sich so wie Österreich als Opfer dargestellt hat." Er habe das halt anders verpackt – ein echter "Wiener Gschichtldrucker" eben. Echt wienerisch ist auch der "Speiber", der nicht nur wegen der phonetischen Ähnlichkeit zum "Driver" Einzug in den Titel gehalten hat.
"Das Stück ist ja in Wiener Mundart und ich betrachte mich selbst als lokalen Künstler. Ich mag die Wiener und ich hasse sie", auch wenn die Originale immer weniger würden. "Nicht falsch verstehen, ich liebe die heutige Durchmischung der Stadt. Aber ich bin im Wien der 1970er-Jahre geboren, es war furchtbar." Da purzeln bei Weigel Begriffe wie "stinkend", "grau", "voll mit alten Menschen", "Grantscherm", "schiach", "unfreundlich". Kurzum: "Es war richtig grauslich. Aber das alles hatte was, das hat mich sehr geprägt."
Der Grind der Stadt
Ob es diesen "Grind" heute überhaupt noch gibt in Wien? "Sicher gibt’s den, er ist halt woanders zu suchen." Und genauso ist es im Stück: Die Leute "speiben" dem Taxler – sowohl physisch als auch verbal – ins Auto. Es fahren die unterschiedlichsten Personen mit, die er beobachtet. Und sie alle müllen ihn voll – vom Nazi bis zur Transgender-Person. So äußere sich der Abgrund heute eben auch anders, etwa durch die "Bobos, die zwar nur Elektroautos fahren, aber dann zweimal im Jahr nach Thailand zum Retreat müssen oder ihre Bio-Goji-Beeren aus China einfliegen lassen". Auch das sei ein Abgrund, und den beobachtet der Taxler. "Ihn stört die Scheinheiligkeit, er hat einen Hass auf die Gesellschaft." Die Taxigäste wechseln in jeder Vorstellung, unter ihnen sind etwa Hubsi Kramar, Clara Blume, Tamara Stern und Claudia Kottal.
Gespielt wird das Stück vom Bernhard Ensemble, das heuer seinen 20. Geburtstag feiert – nahezu ein Wunder, wenn man bedenkt, dass die Truppe 17 Jahre davon ohne Förderung auskommen musste und sich selbst vor genau zehn Jahren mit dem Off Theater ein Zuhause gebaut hat.
Zur Sache:
Der Taxi.Speiber ist am 5., 7., 10., 14., 15., 17., 20., 21., 24., 27., 28. und 31. Oktober sowie am 3., 4., 7., 8., 10. und 11. November im Off Theater (7., Kirchengasse 41) zu sehen. Infos zu den Special-Taxigästen und Karten unter www.off-theater.at
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