Eine Frau wie das Wasser – Wie Johanna Mikl-Leitner die ÖVP Niederösterreich zur absoluten Mehrheit bei der Landtagswahl führen konnte

Johanna Mikl-Leitner führte einen neuen Stil ein. Selbstbeherrschung, Bedächtigkeit statt Handkantenschläge. Mit Erfolg. Die absolute Mehrheit ist ein kleines Polit-Wunder. | Foto: Daniela Matejschek
  • Johanna Mikl-Leitner führte einen neuen Stil ein. Selbstbeherrschung, Bedächtigkeit statt Handkantenschläge. Mit Erfolg. Die absolute Mehrheit ist ein kleines Polit-Wunder.
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Natürlich ist es überraschend. Natürlich ist es eine Sensation. Johanna Mikl-Leitner hat bei ihrem ersten Antreten die absolute Mehrheit in Niederösterreich verteidigt. Und das, obwohl das kaum eine andere Partei in Mitteleuropa sonst geschafft hat. Das, obwohl die politische Landschaft vielfältiger und bunter geworden ist. Eigentlich ein kleines Polit-Wunder in Blaugelb.

Betrachtet man die näheren Umstände, dann wird aber bald klar, dass dieser Erfolg keine zufällige Laune des Schicksals ist. Sondern das Resultat harter Arbeit. Mit der ÖVP an der Spitze hat sich das Land gewandelt. Den Menschen geht es gut, sie sahen offenbar keinen Grund für einen Kurswechsel. Denn sie wussten, wer dafür die vergangenen Jahre gehackelt hat.

"Die FPÖ  stolpert mit schlafwandlerischer Sicherheit Wahlgang für Wahlgang über eine neue Nazi-Affäre"

Die Performance der anderen Landtagsparteien in den vergangenen fünf Jahren war dagegen durchwachsen. Die SPÖ war so sehr mit inneren Befindlichkeiten beschäftigt, dass man für die Außenwelt kaum sichtbar war. Leise still und heimlich hat sie die Parteistruktur auf Bezirksebene aufgelöst. Das Traurige daran ist, dass das kaum aufgefallen ist. Die Basis scheint vielerorts demotiviert und orientierungslos. Das hat sich auch im Wahlkampf ausgewirkt. In vielen Gemeinden waren schwarze und blaue Funktionäre weit umtriebiger als die Sozialdemokraten.

Die FPÖ versucht seit Norbert Steger den ultrarechten Flügel zu amputieren – und stolpert mit schlafwandlerischer Sicherheit Wahlgang für Wahlgang über eine neue Nazi-Affäre. Auch wenn Udo Landbauer strafrechtlich unbescholten aus der Liederbuch-Affäre seiner Burschenschaft davonkommen wird, die Optik ist katastrophal. Mit "Germania" reißt man im österreichischen Herzland so oder so kein Leiberl.

Die Grünen waren jahrelang von Madeleine Petrovic enttäuscht, weil diese immer hinter Bundesresultaten zurückblieb. Dabei übersah man, dass Petrovic ihr politisches Handwerk beherrschte wie sonst niemand in ihrem Landtagsklub. Das Know-how und die Erfahrung fehlen der Partei nach ihrem Abgang massiv. Unter neuer Führung lief es nun noch schlechter als 2013. Der Verbleib im Landtag ist ein wichtiger Achtungserfolg. Allerdings verlor man die Klubstärke und somit wichtige Einnahmen und Infrastruktur.

Neuer Kampfstil: Polit-Qigong statt Macht-Kung Fu. Fließend wie Wasser, nicht greifbar, aber nicht aufzuhalten

Das alles hatte auch Auswirkungen auf den Wahlkampf-Stil der Landeshauptfrau. Während Erwin Pröll den zehnten Dan im Kung Fu der Macht beherrschte, bringt es Johanna Mikl-Leitner zu einer beachtlichen Meisterschaft im Polit-Qigong. Diese Form der Kampfkunst zeichnet sich durch bedächtige Ruhe, fließende Bewegungen und höchste Konzentration aus. Vor allem ist es aber eine Kampfkunst ohne Gegner. Sie war wie das Wasser, fähig verschiedenste Formen anzunehmen, nicht greifbar, aber auch nicht aufzuhalten.

Dieser Stil ist neu in Niederösterreich. Angriffe abperlen zu lassen statt mit dem Kopf Eichenbretter zu zertrümmern: Viele waren skeptisch, ob das gut geht. Auch wir Journalisten standen dieser neuen Zurückhaltung vorerst skeptisch gegenüber. Aber wir mussten lernen, dass Johanna Mikl-Leitner mit ihrer Art offenbar einen Nerv getroffen hat. Die absolute Mehrheit der Bevölkerung hat Angst, dass die Gesellschaft weiter auseinanderdriftet. Sie hat dreckige Dauerwahlkämpfe und Schlammschlachten wie im Bund satt. Und sie hat der Landeshauptfrau geglaubt, dass sie es mit dem "Miteinander" ernst meint.

"773 Stimmen weniger und die absolute Mandatsmehrheit wäre dahin gewesen"

Und im entscheidenden Moment hatte das "Miteinander" dann aber auch seine Grenzen. Sicher nicht zu früh – aber gerade noch rechtzeitig, zeigte Johanna Mikl-Leitner Führungsstärke. Obwohl die Bundespartei seit Tagen quälend zur Nazi-Lieder-Affäre schwieg, distanzierte sie sich von Udo Landbauer. Ohne zuvor auf valide Daten aus der Marktforschung zurückzugreifen. Ohne Rücksicht auf die Koalition in Wien. Einfach aus dem gesunden Gefühl heraus, dass es richtig ist. Und es war richtig. Vielen ÖVP-Sympathisanten fiel ein Stein vom Herzen. Das Tor zur Mitte war wieder weit offen. Diese Courage ohne Sicherheitsnetz hat ziemlich sicher die absolute Mandatsmehrheit gerettet. Denn diese ist hauchdünn abgesichert. 773 Stimmen weniger, und sie wäre dahin gewesen.

Es ist zu erwarten, dass Johanna Mikl-Leitner ihr angekündigtes "Miteinander" nun konsequent leben wird. Für die anderen Parteien ist das eine Herausforderung. Sie sind gut beraten, ebenfalls die Ärmel aufzukrempeln und mitzuhackeln. Hackeln nicht gegeneinander, sondern für das Wohl des Landes. Gleichzeitig müssen sie ihr Profil bewahren und klar unterscheidbar von der ÖVP sein. Sie müssen Kontrolle ausüben ohne hinter jedem Eck eine groß angelegte Verschwörung zu vermuten. Ein Drahtseilakt, den nur die Besten bestehen können.

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