Neue EU-Richtlinie: Lokale Wasserversorgung bedroht

Wassermeister Martin Idinger und Bürgermeister Horst Gangl in der Wasserzentrale Ernstbrunn. Der Ortschef sieht die EU-Pläne als Versuch, die Privatisierung der Wasserversorgung durchzusetzen.
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  • Wassermeister Martin Idinger und Bürgermeister Horst Gangl in der Wasserzentrale Ernstbrunn. Der Ortschef sieht die EU-Pläne als Versuch, die Privatisierung der Wasserversorgung durchzusetzen.
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Im Großteil der Orte Niederösterreichs stammt das Trinkwasser aus Brunnen und Wasserwerken der Gemeinden. Das könnte sich aber bald ändern. Denn eine neue Richtlinie der EU sieht strengere Kontrollen und Grenzwerte vor als bisher. EU-Parlamentarier Lukas Mandl schlägt Alarm: „Die neue Richtlinie würde für die Betreiber örtlicher Wasserwerke grob eine Verzehnfachung der Kosten bedeuten. Große Versorger können sich das leisten, aber für viele kleine Anlagen könnte das das Aus bedeuten.“

Hauptkritikpunkte: Die kleinen Wasserwerke müssten in Zukunft zehn statt bisher einer Komplettüberprüfungen pro Jahr durchführen, was einen enormen Kostenfakor bedeuten würde. Weiters sollen manche Grenzwerte auf einen Wert gesenkt werden, der nur ein Drittel des von der WHO empfohlenen Wertes entspricht. Diese strengen Regeln könnten zu ständigen Alarmierungen führen.

Siehe Interview: EU-Abgeordneter Lukas Mandl schlägt Alarm

Was als Konsumentenschutz gedacht war, könnte also am Schluss teuer für die Konsumenten werden. Denn entweder müssen die erhöhten Kosten auf den Wasserpreis aufgeschlagen, oder das Wasser überhaupt von einem Drittanbieter zugekauft werden. Die lokalen Wasserversorger Niederösterreichs reagieren teils mit Entsetzen, teils überrascht.

Höherer Plan: Privatisierung der Wasserversorgung.
Nicht nur Horst Gangl, Bürgermeister von Ernstbrunn im Bezirk Korneuburg, ist der Ansicht, dass mit den neuen Wasserrichtlinien der EU und der damit verbundenen Verteuerung der Privatisierung der Wasserwirtschaft durch internationale Konzerne Vorschub geleistet werden soll. "Die Trinkwasserversorgung ist eine der Kernaufgaben der Gemeinden und die diesbezüglichen Pläne der EU sind ein Eingriff in nationales Recht", findet Gangl. Ernstbrunn hat, wie auch viele andere Gemeinden, in den letzten Jahren seine Wasserversorgung auf den letzten Stand der Technik gebracht.

Fernziel Gewinnoptimierung. Die Investitionen und Betriebskosten nationaler oder kommunaler Wasserversorger wirken sich nur marginal auf die Gemeindebürger, sprich Wasserkunden, aus. Ganz anders sieht es aus, wie in einigen Ländern schon nachvollziehbar, wenn für Vorstände und Aktionäre großer Konzerne Gewinne lukriert werden müssen. Dann geht es nur mehr um Gewinnoptimierung und der Wasserbezieher wird zur Melkkuh.

"Die Europäische Union kann Österreich nicht dazu verpflichten, die Wasserversorgung an private Unternehmen abzugeben", erklärt Walter Obwexer, Professor am Institut für Europarecht und Völkerrecht der Universität Innsbruck. Wenn allerdings durch EU-Richtlinien beziehungsweise Vorgaben die nationale oder kommunale Wasserversorgung nicht mehr finanzierbar wird, sei  eine Übernahme durch Investoren kaum mehr abwendbar.

Kommentar von Chefredakteur Oswald Hicker



92 Prozent der Wasserversorgung durch Gemeinde-Anlagen.

Ähnlich ist die Sicht der Dinge im Mostviertel. Die neue Richtlinie sei "völlig übertrieben", sagt etwa Johannes Pressl, Bürgermeister von Ardagger und Amstettener Bezirksobmann des Gemeindebundes. "Warum sollte man auf etwas reagieren, das bei uns gut funktioniert", meint er und verweist auf die Qualität des Grundwassers und diesbezügliche Kontrollen. Die Trinkwasserversorger sind "fast ausnahmslos lokale und regionale, von der öffentlichen Hand verwaltete Einrichtungen", welche "im öffentlichen Interesse handeln", heißt es vom Gemeindebund in einem Positionspapier, in dem die Änderungen "strikt abgelehnt" werden. Österreichweit decken diese Versorger 92 % ab.

Informationsbedarf im Waldviertel.
Noch nicht überall haben sich die Pläne der EU-Kommission durchgesprochen. Etwa im Waldviertel herrscht noch Informationsbedarf. Bürgermeisterin Christa Jager (ÖVP) aus Ottenschlag im Bezirk Zwettl zeigt sich über die EU-Pläne überrascht und erklärt, erst durch die Bezirksblätter-Recherchen davon erfahren zu haben: "Zehn Volluntersuchungen pro Jahr sind absolut nicht notwendig, da dies extreme Kosten verursachen würde", sieht Jager unnötige Angstmache. Für die Ortschefin würde wie bisher eine Volluntersuchung völlig ausreichen: "Uns wird jährlich beste Wasserqualität bescheinigt. Die Untersuchungsergebnisse werden bereits jetzt öffentlich kommuniziert", sieht Jager die EU-Pläne für nicht sinnvoll.

Auch die Grünen sind von den Plänen alarmiert. "Ich teile die Bedenken vieler österreichischer Interessensgruppen gegen einzelne Punkte der geplanten Novelle der EU-Trinkwasserrichtlinie. Besonders die geplante Anforderung, ab einer Wasserlieferung von mehr als zehn Kubikmeter jährlich, pro Jahr eine zehnmalige Trinkwasser-Volluntersuchung vorzuschreiben, stellt erhebliche Mehrkosten dar", so Zwettls Grün-Stadtrat Ewald Gärber auf Anfrage. "Bei den ‚gemeindeeigenen‘ Quellen in Kleinschönau, Rudmanns und Oberwaltenreith und den dazugehörigen Wasserversorgungsanlagen, welche auch zahlreiche andere Ortschaften versorgen, wären die Kostensteigerungen erheblich", warnt Gärber.

Industrieviertel befürchtet Verteuerung.
Ing. Walter Vogl, Chef des Wasserleitungsverbandes (WLV) Bad Vöslau, der einen Großteil der Gemeinden im Bezirk Baden mit Trinkwasser versorgt: "Unser Versorgungsnetz beinhaltet etwa 1000 Kilometer Rohrleitungen. Jährlich nehmen wir an unterschiedlichen Stellen von der Quelle bis zum Hausanschluss rund 400 Trinkwasserkontrollen, die extern analysiert werden. Die neue Richtlinie könnte tatsächlich eine Vervielfachung dieser Kontrollen bedeuten, was sich natürlich auf die Kosten auswirken könnte."

Weinviertel steigt um.
Im Weinviertel steigt man indes bereits von lokalen Brunnen auf das Netz der EVN um.
Etwa im Bezirk Gänserndorf. Der Großteil des Groß-Enzersdorfer Wassers wird bereits jetzt von der EVN bereitgestellt, in einigen Katastralgemeinden gibt es allerdings noch Hausbrunnen. Bürgermeisterin Monika Obereigner-Sivec: "Für das Trinkwasser in diesen Gemeinden werden der administrative Aufwand und somit die Kosten für uns steigen." Die Sicherheit für die Bürger, einwandfreies Wasser zur Verfügung zu haben, habe aber Vorrang. "Langfristig werden wir in allen Katastralgemeinden auf EVN-Wasser umsteigen", nennt Obereigner-Sivec das Ziel der Stadtgemeinde.

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